Page 45 - Landinfo 2/2020 Landeszentrum für Ernährung

Gartenbau und Sonderkulturen

Christian Bühler

„Ist da wirklich Gift im Essen?“ -

Weinsberger Obstbautag 2020 zum Thema
Pflanzenschutzmittel

Bereits zum 50. Mal wurde der Weinsberger Obstbautag gemeinsam mit der Staatlichen Lehr- und
Versuchsanstalt für Wein- und Obstbau Weinsberg und dem Regierungspräsidium Stuttgart veranstal-
tet. Über 400 Besucherinnen und Besucher aus der Obstbaupraxis, Beratung und Verwaltung haben
die Fachvorträge verfolgt, die auch per Livestream übertragen wurden.

in Schwerpunkt der diesjährigen Veran- senschaftliche Risikobewertung von Lebens-
Estaltung war die Bewertung der öffentli- und Futtermitteln sowie von Stoffen und
chen Wahrnehmung des Einsatzes von Pflan- Produkten als Grundlage für den gesundheit-
zenschutzmitteln im Hinblick auf mögliche lichen Verbraucherschutz der Bundesregie-
Gesundheitsgefährdungen. Vor der Corona- rung. Das Institut hat keine Überwachungs-
Pandemie stand der Einsatz von Pflanzen- funktion. Es ist aber in eine Reihe von An-
schutzmitteln im Fokus der Öffentlichkeit. melde- und Zulassungsverfahren eingebun-
Viele Verbraucher haben Befürchtungen vor den.
Lebensmitteln, die mit Rückständen behaftet
sind, gesundheitsschädigend sind oder quali-
tativ schlecht sind. Vor allem die Debatte um Risiko und Gefahr
die angebliche Gefährlichkeit des Wirkstoffes
Glyphosat verunsicherte viele Menschen. Mit der Definition der Begriffe „Risiko“ und
Aber wie gefährlich sind die Wirkstoffe wirk- „Gefahr“ begann Prof. Hensel seinen Vor-
lich? Und warum kommen die Ergebnisse trag. Demnach bedeutet Risiko die Kombina-
von fundierten wissenschaftlichen Studien tion aus der Eintrittswahrscheinlichkeit eines
nicht in der Bevölkerung an? Die Organisato- unerwünschten Ereignisses und der erwarte-
ren des Weinsberger Obstbautages beleuchte- ten Schadensschwere. Gefahr bedeute ein mit
ten darum dieses Thema aus unterschiedli- hinreichender Wahrscheinlichkeit auftreten-
chen Blickwinkeln und luden einige Experten der Schaden.
zu diesem Thema nach Weinsberg ein.
Übersetzt hieße das, dass die Frage nach dem
Risiko nicht darin liegt, ob Rückstände auf
Bundesinstitut für Risikobewertung dem Obst bzw. in einem Lebensmittel drin
sind, sondern in welcher Höhe. Mit den heu-
Das BfR wurde als rechtsfähige Bundesbe- tigen Messmethoden sei, überspitzt gesagt,
hörde im Geschäftsbereich des Bundesminis- fast alles überall nachzuweisen. Die Ergebnis-
teriums für Ernährung und Landwirtschaft se älterer Rückstandsmessungen müssten vor
(BMEL) gegründet. Zentrale Aufgabe des diesem Hintergrund bewertet werden. Wenn
fachlich unabhängigen Institutes ist die wis- früher keine Wirkstoffe nachgewiesen wer-
den konnten, heißt das nicht zwangsläufig,
dass nichts in der Probe war.
„Ist da wirklich Gift im Obst?
Verbraucher und Erzeuger im Schon Paracelsus sagte: „Alle Dinge sind
Gift, und nichts ist ohne Gift; allein die dosis
dialogischen Zwiespalt“ machts, daß ein Ding kein Gift sei. Zum Ex-
empel: eine jegliche Speise und ein jeglich Ge-
war der Titel des Vortrages von Professor Dr. tränk, wenn es über seine dosis eingenommen
Dr. Andreas Hensel, Präsident des
Bundesinstituts für Risikobewertung (BfR) in wird, so ist es Gift; das beweist sein Ausgang.“
Berlin. (Theophrastus „Paracelsus“ von Hohenheim,
1538)

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