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Schwerpunktthema: Bio und Regional
Der Forschungsverbund ÖkoTrans - beste-
hend aus den Hochschulen für Angewandte
Wissenschaften Reutlingen und Rottenburg,
dem Landkreis Böblingen, der Schweizer SV-
Group, mehreren Bio Musterregionen, der
AG Ökologischer Landbau, BIOPRO BW
und dem Zentrum Digitalisierung Böblingen
– möchte die Wertschöpfungskette im ersten
Schritt modellieren und ökonomisch/ökolo-
gisch/sozial bewerten. Dies ermöglicht im
nächsten Schritt eine detaillierte Potenzial-
analyse der AHV in Baden-Württemberg als
Absatzmarkt für regional produzierte Bio-
Lebensmittel und ein Verständnis für das
komplexe Zusammenspiel der beteiligten Sta-
keholder (u.a. landwirtschaftliche Betriebe,
Vertriebs- und Logistikpartner, verarbeitende
Unternehmen sowie Kantinen/Großküchen
in öffentlicher Hand).
In enger Zusammenarbeit mit den beteiligten
Bild 2: Außer-Haus-Verpflegung Projekt „ÖkoTrans“ - Ökologischer Akteursgruppen werden zentrale Barrieren
als Absatzmarkt für Lebensmittel
aus der regional-ökologischen Landbau im Kontext gesellschaftli- identifiziert, die aktuell den Ausbau der öko-
Erzeugung steht im Mittelpunkt cher, ökonomischer und ökologischer logischen Landwirtschaft in BW bzw. den
des Projekts ÖkoTrans; Bildquelle: Transformationsprozesse Vertrieb von regionalen Bio-Lebensmitteln in
pixabay
der AHV hemmen.
Mit der im Mai 2016 geschlossenen Koaliti-
onsvereinbarung hat sich die Landesregie- Aufbauend auf diesen Erkenntnissen werden
rung dazu bekannt, den ökologischen Land- gemeinsam mit den zentralen Akteur*innen
bau in Baden-Württemberg (BW) zu fördern aus der Praxis Lösungsmöglichkeiten entwi-
und weiterzuentwickeln. Ein wesentlicher ckelt und neue Geschäftsmodelle entworfen,
Hebel sind hierbei Projekte, die die Verpfle- welche den Ökolandbau in BW - u.a. durch
gung in Landeskantinen bis 2030 auf 30% Minderung von Anbaurisiken und die Steige-
qualitativ hochwertige Bio-Lebensmittel stei- rung des Absatzes von regionalen Bio-Le-
gern wollen. Mit diesem Ziel soll marktseitig bensmitteln in der AHV - vorantreiben kön-
ein Zusatzanreiz für die Umstellung landwirt- nen.
schaftlicher Betriebe von konventionellem zu
Bio-Anbau erreicht werden. Dies scheint ge-
boten, da die Umstellung mit zahlreichen Projekt „WertKalb“ - Innovative
Hindernissen, und - im Vergleich zu anderen Strategien für eine ethische Wert-
EU-Ländern - mit einer deutlich höheren Er- schöpfung der Kälber aus der ökologi-
tragslücke einhergeht. Ähnliche Herausforde- schen Milchproduktion
rungen existieren bei der schrittweisen Erhö-
hung des Anteils von regionalen Bio-Lebens- Die Spezialisierung der Milchproduktion in
mitteln in der Außer-Haus-Verpflegung der konventionellen und ökologischen Land-
(AHV). Hier gilt es, die Interessen der Stake- wirtschaft ist verbunden mit der Erzeugung
holder (Konsumenten, Köche, Kantinenbe- überzähliger Kälber, die weder unter ethi-
treiber, Handel) zu verstehen und die Konse- schen noch ökonomischen Aspekten einen
quenzen individuellen Handelns in der Wert- Wert und Nutzen erfahren. Die Kälber wer-
schöpfungskette (WSK) transparent zu ma- den üblicherweise kurz nach der Geburt von
chen. der Mutter getrennt und im (Säuge-)Alter von
zwei bis fünf Wochen über Viehhändler teil-
Nur mit dem Verständnis und einer fallweisen weise zu Billigpreisen verkauft. Die meisten
Neugestaltung kann es nachhaltig gelingen, Kälber verlassen die regionale (Bio-)Wert-
Lebensmittelverschwendungsquoten von bis schöpfungskette und werden über weite Stre-
zu 25 % in einem Sektor zu vermeiden, der cken bis nach Spanien transportiert.
20 % zum globalen CO -Fußabdruck beiträgt.
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