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Ökolandbau
12,1 % zulegten. Erstaunlich ist, dass gerade
die als gesund und nachhaltig beworbenen
Produktgruppen Obst und Gemüse von den
Verbrauchern abgestraft wurden. Hier waren
trotz deutlich höherer Produktionskosten
praktisch keine Preissteigerungen umsetzbar.
Offenbar greifen die Verbraucher hier inner-
halb des Sortiments zu den günstigeren Obst-
und Gemüsearten oder meiden den Bereich
als nicht unbedingt notwendig.
Auf Erzeugerebene ist dadurch der Preisvor-
sprung der Bio-Produkte gegenüber konven-
tionellen Produkten in vielen Bereichen zu-
sammengeschmolzen. Bei Bio-Milch konnten
die Molkereien gegenüber den stürmisch an-
gestiegenen konventionellen Auszahlungs-
preisen nicht mithalten, sodass der Preisab-
stand im Oktober/November nur noch 2 bis
3 ct/kg betrug. Mit dem Einbruch am Milch-
markt vergrößert sich der Abstand zwar in-
zwischen wieder, die Bio-Milcherzeuger wer-
den aber auch Preisrücknahmen hinnehmen
müssen. Ein Teil der Bio-Molkereien muss
nach dem Nachfrageeinbruch in 2022 nach
wie vor einen Teil ihrer Bio-Milch konventio-
nell absetzen.
Bei Schlachtrindern hat sich am Beispiel der
Schlachtkühe der Preisvorsprung, der 2021
zeitweise noch 1,20 €/kg SG betrug, seit Mit-
te 2022 auf 20 bis 30 ct/kg reduziert. Auch
hier war im Frühsommer 2022 der Versuch
gescheitert, die Verbraucherpreise für Bio-
Rindfleisch entsprechend hochzusetzen. Mit
der einbrechenden Nachfrage mussten die
Bio-Auszahlungspreise hier im Mai/Juni
2022 um über 1 €/kg SG zurückgenommen
werden.
Abb. 3a-d: Anteile der Bio-Produk- Der Nachfrageeinbruch betrifft vor allem hö-
ten Fleisch, Milch, Eier und herpreisige Produkte, wie z.B. Rindfleisch, In Summe muss festgehalten werden, dass
pflanzliche Produkte an den aber auch Trinkmilch und Eier werden gemie- der Biomarkt deutlich unter Druck geraten ist
Einkäufen privater Haushalte in
Deutschland (in %). den. Dies hat im Extrem dazu geführt, dass und Unsicherheiten und Volatilitäten der
Bio-Produkte z.T. nicht komplett abgesetzt konventionellen Agrarmärkte nun auch beim
werden konnten bzw. können (z.B. bei Din- Biomarkt angekommen sind. Die Wachs-
kel, Schweinefleisch und Milch). tumsjahre und -sprünge sind vorerst definitiv
vorbei.
Preisdifferenz zu konventionellen
Produkten schrumpft Wie geht es weiter?
Bio-Produkte konnten 2022 aufgrund ihres Die große Frage, die alle Marktbeteiligten be-
höheren Preisniveaus deshalb im Handel wegt, ist, ob es sich bei der Entwicklung der
nicht dieselben Preissteigerungen wie kon- letzten 12 Monate lediglich um eine Nachfra-
ventionelle Produkten umsetzen. Laut AMI gedelle oder um eine Trendwende handelt.
wurden Bio-Produkte 2022 um durchschnitt- Optimisten führen an, dass die Einbrüche ja
lich 6,6 % teurer, während konventionelle um nur die positiven Corona-Effekte korrigiert
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