Page 48 - Landinfo Heft 4/2017 - Schwerpunkt Ökolandbau
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Pflanzen- und Tierproduktion
Die biologisch-dynamische Imkerei
Von der Betrachtung des Bienenvolks als Ganzes
handelte der Vortrag „Die biologisch-dynamische
Imkerei“ von David Gerstmaier, Imkermeister
und Geschäftsführer von „Summtgart“, beste-
hend aus der Imkerei Summtgart und dem neu
gegründeten Institut ‘‘proBiene‘‘. Mit dem Institut
soll in der Bevölkerung ein größeres Verständnis
über Naturzusammenhänge geschaffen werden.
Das Imkern mit dem Schwarmtrieb sei ein ele-
mentarer Bestandteil dieser Betriebsweise. Gerst-
maier berichtete über Erfahrungen aus dem eige-
nen Imkereibetrieb, auch wie im Hinblick auf die
Varroamilbe und deren Sekundarinfektion mit
dem Schwarm Handlungsmöglichkeiten für ge-
sunde Bienenvölker bestünden. Zentrale Punkte
für die Haltung in der Biologisch-dynamischen
Imkerei seien die Vermehrung über den Schwarm-
trieb, reiner Naturwabenbau im Brutnest und kei-
ne künstliche Königinnenzucht, so Gerstmaier. Er
erklärte, wie die Bienen in der Stadt zurechtkom-
Die Referenten des Imkertages Abschließend wurde diskutiert, ob und wie die men: seine Bienenvölker stünden und flögen
Bilder: RP Stuttgart Erfahrungen aus den natürlichen Ausleseprozes- größtenteils auf biodynamischen Flächen und im
sen für die züchterische Selektionsarbeit genutzt urbanen Raum in Stuttgart ohne Monokulturen
werden können. Ein Fazit war, dass natürliche Se- und Pestizide. Den Feinstaub aus der städtischen
lektion nicht das heraushole, was von den Imkern Luft filterten die Bienen heraus, so Gerstmaier.
erwartet werde (Honigertragsleistung, Verhalten),
zudem die imkerliche Praxis Wanderungen und
Mit natürlicher Selektion Massenaufstellungen erfordert, die Wissenschaft Imkern im angepassten Brutraum -
ist das Varroa-Problem aber weiterhin viel unternehme, um in der For- mehr Bienen, mehr Honig, weniger
nicht zu lösen. schung voranzukommen. Schwärme, weniger Aufwand
Mit Euphorie ging es in den Nachmittag. „Die
Rückblick und Ausblick Anpassung des Brutraumes als Erfolgsrezept für
leistungsfähige und gesunde Bienen“, so lautete
Thomas Kustermann, Fachberater für Imkerei am der Vortragstitel von Imkermeister Jürgen Binder,
Regierungspräsidium Stuttgart, befasste sich in der auch die Honigmanufaktur Binder betreibt.
seinem eindrücklichen Vortrag mit dem vergange- Vom Imkern im zweiräumigen Zanderbrutraum
nen Bienenjahr und sich daraus ergebenden sei er abgekommen. Mit einem Brutraum ernte er
Handlungsempfehlungen für die Imker. „Ist Im- mehr Honig und habe weniger Zeitaufwand pro
kern in? Ja!“, so Kustermann. Die Zahl der Imker Bienenvolk und Jahr. Das Brutnest entwickle sich
steige, auch die der jungen Imker. Er bedankte systematischer. Je kleiner der Platz sei, desto gerin-
sich bei den Imkern, vor allem bei den Vereinsvor- ger sei außerdem der Schwarmtrieb, da der Raum
sitzenden der Imkervereine für die geleistete Ar- stärker vom Königinnenpheromon durchdrungen
beit. Auch auf das derzeit vielfältig in den Medien werden könne, erklärt der Fachmann. Die Zuhö-
auftauchende Thema der Wachsverfälschungen rer erfuhren, dass die Selbstversorgung mit Honig
ging Kustermann ein. Das Bienenwachs werde oft in Baden-Württemberg 30% beträgt und nur 20%
durch Stearin und Paraffin verfälscht und verliere Prozent in Deutschland. Wenn wir unsere gesam-
somit an Qualität, ohne dass man es erkenne, er- te Bienenhaltung nach meinem Prinzip umstellen
Theresa Bezler klärt der Fachberater. Somit könne seiner Mei- würden, wäre eine Selbstversorgung möglich“, so
RP Stuttgart nung nach billiges Wachs nicht echt oder rein sein, Binder. Damit endete ein thematisch kontroverser
Tel. 0711/ 904-13122 denn Qualität habe ihren Preis. Er setzt auf einen aber zugleich informativer Imkertag des Regie-
Theresa.Bezler@rps. eigenen Wachskreislauf, wo das Wachs gesammelt, rungspräsidiums Stuttgart. Die Veranstalter freu-
bwl.de eingeschmolzen und wieder aufbereitet wird. en sich schon jetzt auf den 45. Imkertag.
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