Page 44 - Landinfo Heft 4/2017 - Schwerpunkt Ökolandbau
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Pflanzen- und Tierproduktion





          Dr. Therese Hintemann


          Bienenschutz im Pflanzenschutz



          Landwirtschaft  und  Imkerei  nutzen  dieselben  Naturräume,
          daher  sind  gegenseitige  Rücksichtnahme  und  ein  gutes
          Miteinander essentiell. Beide brauchen einander: Die Imkerei
          braucht den Nektar und den Pollen der landwirtschaftlichen
          Kulturen als Nahrung für die Bienen und für den Honig und            Bild 1: Wildbiene an Phacelia
          die  Landwirtschaft  braucht  die  Bestäubungsleistung  der            Bilder:   T . Hintemann, LTZ
          Bienen für gute Erträge. Daher gehört auch der Bienenschutz
          von Anfang an zum chemischen Pflanzenschutz dazu.



                                     Bienenschutz auf allen Ebenen          kobewertung (BfR) und das Umweltbundesamt
                                     verankert                              (UBA) im Zulassungsverfahren eingebunden. Die
                                                                            Zulassung für ein Pflanzenschutzmittel darf laut
                                      um effektiven Bienenschutz gehören die Ein-  Verordnung (EG) 1107/2009 nur erfolgen, wenn
                                   Zhaltung der gesetzlichen Regelungen, das Zu-  „unter Praxisbedingungen keine unannehmbaren
                                   lassungsverfahren und  der Austausch  zwischen   Auswirkungen auf die Larven, auf das Verhalten
                                   Imkerei und Landwirtschaft regional auf freiwilli-  der Honigbienen und auf das Überleben sowie die
                                   ger Basis. In den letzten Jahren wird auch ver-  Entwicklung von Bienenvölkern eintreten“.
                                   mehrt auf Wildbienen und andere Bestäuber ge-
                                   achtet, da diese ebenfalls bedeutend in Landwirt-  Bezüglich der Bienengefährlichkeit werden am
                                   schaftlich geprägten  Ökosystemen  sind.  Diese   JKI umfangreiche Untersuchungen im Labor und
                                   Organismen reagieren oftmals viel sensibler auf   später unter Praxisbedingungen im Freiland
                                   Eingriffe in das Ökosystem als die Honigbiene   durchgeführt. Diese Untersuchungen sind die
                                   (Bild 1 Wildbiene an Phacelia). Ihr Schutz ist   Grundlage für die Einstufung der Bienengefähr-
                                   ebenfalls in den Fokus der Zulassungsbehörde ge-  lichkeit und bestehen aus den folgenden Schritten:
                                   rückt.
                                                                            1. Laborprüfungen geben eine Auskunft über die
                                                                              orale und die akute (kontakt) Toxizität für ein-
                                     Kurzer historischer Rückblick            zelne Bienen
                                   Der Bienenschutz in der Landwirtschaft hat be-  2. Halbfreiland-Untersuchungen in Zelten zeigen
                                   reits eine lange Geschichte. Der „Geschichte der   Auswirkungen auf Dreiwabenableger
                                   Untersuchungsstelle für Bienenvergiftungen“, auf
                                   der Internetseite des Julius Kühn-Institutes (JKI)   3. Freilandprüfungen geben Auskunft über die
                                   (siehe Literatur) kann man historische Informati-  Bienengefährlichkeit  für Bienenvölker unter
                                   onen entnehmen.                            quasi Praxisbedingungen

                                                                            4. Ein Bruttest erfolgt bei Pflanzenschutzmitteln,
                                     Bienenschutz im Zulassungsverfahren      die in die Entwicklung von Insekten eingreifen,
                                     von Pflanzenschutzmitteln                um die Auswirkungen auf die Bienenbrut zu
                                                                              ermitteln
                                   Damit sowohl die Belange der Landwirtschaft als
                                   auch die des Umwelt- und des Verbraucherschut-  Bei der Laborprüfung wird zunächst die soge-
                                   zes gleichermaßen berücksichtigt werden, sind in   nannte “LD50“ ermittelt. Das ist die Dosis eines
                                   Deutschland neben dem für die Zulassung verant-  Pflanzenschutzmittels, bei der 50% der untersuch-
                                   wortlichen Bundesamt für Verbraucherschutz und   ten Bienen sterben. Um den Praxisbezug herzu-
          Bienengefährliche Mittel dürfen   Lebensmittelsicherheit  (BVL)  auch das  Julius-  stellen, wird dieser Wert in Relation zur empfoh-
          nicht auf blühende Pflanzen
          ausgebracht werden       Kühn-Institut (JKI), das Bundesinstitut für Risi-  lenen Aufwandmenge des Pflanzenschutzmittels



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