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Klimawandel





       frühreifen Sorten, wie z.B. Müller-Thurgau,
       mehr gepflanzt. Vor allem der Riesling ist der
       Verlierer des Klimawandels. Riesling benötigt
       zur Ausbildung seiner typischen Sortencha-
       rakteristik eine langsame und kühle Abreife.
       Hinzu kommt, dass reife Rieslingtrauben bei
       feuchtwarmer Witterung sehr schnell von
       Fäulniserregern befallen werden. Deshalb
       wurden im Gutsbetrieb Blankenhornsberg in
       den letzten Jahren fast alle Rieslinganlagen
       gerodet und vorzugsweise durch Burgunder-
       sorten ersetzt.

       Für die etwas kühlere Lage ‚Freiburger
       Schloßberg‘ wurden bereits ähnliche Überle-
       gungen angestellt: Hier soll Chardonnay den
       Riesling ersetzen. Um bei diesen Burgunder-
       sorten keine kompakten Trauben zu bekom-  Abb. 1: Diagramm der Jahresmitteltemperaturen von Baden-Württemberg für die Jahre
       men, wurden Klone bei der Neupflanzung   1901 bis 2020; Quelle: WBI Freiburg 2021. Basis sind Daten des DWD), Dr. Amann
       gewählt, welche eine lockerere Traubenarchi-
       tektur besitzen, wie z. B. der vom WBI ge-  Trauben sind hierfür die Grundlage. In der
       züchtete Spätburgunder-Klon FR 1801.     Bewirtschaftung lässt sich das erreichen
                                                durch den Einsatz von chemischen Regulato-
       Als weitere Antwort auf den Klimawandel   ren in die Rebblüte oder durch pulsierende
       wurde der Anteil pilzwiderstandsfähiger Reb-  Druckluft unmittelbar nach Fruchtansatz
       sorten (PIWIs) ausgeweitet und damit auch   zum Entfernen (Ausblasen) von Beeren oder
       die ökologisch bewirtschafteten Flächen, wel-  aber auch durch Traubenteilen während des
       che aktuell 5,0 ha umfassen.             Beerenwachstums. Eine weitere Maßnahme
                                                ist das Ausblasen von Blütenresten, welche als
                                                Nährsubstrat für den Fäulniserreger Botrytis
         Veränderung der Niederschlagsvertei-   cinera dienen und damit latenten Befall an
         lung                                   Trauben verursachen können.

       Hinzu kommt, dass die Niederschläge zwar in   Neben dem Einsatz von Fungiziden gegen
       der  Summe  gleichgeblieben  sind,  aber  die   Botrytis cinerea ist das Entblättern der Trauben-
       Verteilung sich massiv geändert hat. Die Nie-  zone  eine  weitere  wichtige  Maßnahme  zur
       derschläge fallen zunehmend als Starkregen   Erzeugung gesunder Trauben. Diverse Un-
       und im Sommer gibt es vermehrt längere   tersuchungen zeigten, dass die Entblätterung
       Phasen der Trockenheit. Der Klimawandel   der  Traubenzone  die  Bedingungen  für  den
       bedingt damit Trockenphasen während der   Befall mit den Fäulniserregern an Trauben
       Vegetationsperiode, besonders auf Standor-  deutlich reduziert. In den Betrieben sind des-
       ten mit geringen Wasserspeicherungsvermö-  halb mittlerweile verschiedenste Entblätte-
       gen. Im Gutsbetrieb Blankenhornsberg wur-  rungsgeräte und -techniken vorhanden, um
       de deshalb bereits 2003 ein Beregnungsbrun-  zu jedem Zeitpunkt der Vegetationsperiode
       nen  gebohrt und die  Infrastruktur für die   entsprechend regieren zu können. Die beste
       Verteilung des Wassers gebaut. Das Bewässe-  und teuerste Entblätterungsqualität wird
       rungssystem wurde seither sukzessive erwei-  nach wie vor von Hand erzielt. Welche Maß-
       tert. Es können heute alle Flächen beregnet   nahme in einem Jahr am geeignetsten ist, ist
       werden, ca. 15 ha in Form der Tropfbewässe-  sehr verschieden. Die jährlich unterschiedli-
       rung und die restlichen Flächen mit einem   chen Anpassungsmaßnahmen verteuern die
       Überkopfberegner.                        Produktion jedoch erheblich.



         Traubengesundheit ist oberstes Ziel      Ernte und Weinbereitung
       Bei der Bewirtschaftung der Rebanlagen steht   Für die Ernte bedeutet der Klimawandel eine
       die Traubengesundheit im Focus. Lockere   weitere Herausforderung. Durch die verlän-



       Landinfo 1/2022                                                                                       27
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