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Beratung und Bildung
Günter Denninger
Blick auf die berufsschulische Bildungssituation
im Agrarbereich
Schülerzahlen ten. Themen wie Biodiversität, Digitalisie-
rung, Nachhaltigkeit oder Ökolandbau fehlen
In fast allen Ausbildungsberufen der Agrar- weitgehend. Die rasanten Entwicklungen ge-
wirtschaft zeigen sich (leicht) sinkende Aus- rade in der Landwirtschaft sind in Bildungs-
bildungszahlen. Im Gartenbau insgesamt plänen längst nicht mehr abgebildet. Allein
sind die Schülerzahlen sehr stabil (siehe Gra- dem Engagement der Agrarlehrkräfte und
fik). Die Zunahme der abgeschlossenen Aus- ihrer Bereitschaft, aktuelle Entwicklungen in
bildungsverträge im Garten- und Land- den Unterricht einzubauen ist es zu verdan-
schaftsbau überdeckt allerdings die Abnahme ken, dass unseren Jugendlichen eine zeitge-
in den anderen sechs Fachrichtungen. Die mäße berufsschulische Bildung zuteil wird.
stärksten Rückgänge sind bei den Floristen zu
verzeichnen; hier haben sich die Schülerzah- Für den Gartenbau gibt es inzwischen einen
len in den letzten zehn Jahren mehr als hal- Lichtblick. Dort wurde inzwischen ein Eck-
biert. punktepapier erstellt, auf dessen Basis eine
Neuordnung erfolgen wird. Im Ausbildungs-
beruf „Landwirt/in“ bremsen Verbände und
Standortfrage der Bund unverständlicherweise eine Neu-
ordnung.
Im Rahmen der regionalen Schulentwicklung
laufen bereits Standortzusammenlegungen/- Übrigens: Bayern hat sich über die Rahmen-
schließungen im Bereich der agrarwirtschaft- vereinbarungen der KMK hinweggesetzt und
lichen Berufsausbildung. In BW gibt es im den Lehrkräften für den Ausbildungsberuf
Agrarbereich noch! viele Standorte mit Klein- Landwirt/in neue und zeitgemäße Bildungs-
klassen; bislang haben Verbände und Politik pläne an die Hand gegeben. Das sollte Baden-
diese noch toleriert, weil der ländliche Raum Württemberg doch auch hinbekommen!?
gestärkt/unterstützt werden soll. Allerdings
wird die Reduzierung der agrarischen Schul- Oder noch einfacher: Die Bildungspläne von
standorte von den Bildungsakteuren wieder Bayern übernehmen!
verstärkt diskutiert. Den Verantwortlichen
muss klar sein: Wenn sich die agrarischen Be-
rufsschulen aus der Fläche verabschieden, Lehrerfortbildung
wird die Bereitschaft einen Agrarberuf zu
erlernen dramatisch abnehmen. Meiner An- In Baden-Württemberg sind die vom Minis-
sicht nach werden sich die Ausbildungszahlen terium „Ländlicher Raum“ getragenen Lan-
dann halbieren. deseinrichtungen in Forchheim (Pflanzen-
bau), Boxberg (Schweinehaltung), Aulendorf
(Rinderhaltung); Heidelberg (Gartenbau) und
Lehrpläne sind veraltet neuerdingsEmmendingen-Hochburg (Öko-
landbau) zu tragenden Säulen der zentralen
Lehrpläne und Ausbildungsordnungen im Lehrkräftefortbildung geworden. Die anwen-
Agrarbereich sind inzwischen 25 Jahre alt und dungsbezogenen Forschungseinrichtungen
sind weder inhaltlich noch methodisch-didak- bieten mit Ihren Versuchsfeldern und Mus-
tisch geeignet Auszubildende auf die hohen terstallungen Fortbildungsveranstaltungen
Anforderungen in ihren Berufen vorzuberei- an, die die Agrarlehrer fachlich auf den neu-
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