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Fischereiforschungsstelle Langenargen





                                                     mentiert, dass eine solche Steuerung den   Bild 4: Die Einflussgrößen auf den
                                                     See weiterhin sicher in einem oligotro-  Bodensee ändern sich stetig - da-
                                                                                         mit wächst der Aufgabenbereich
                                                     phen Zustand halten würde, aber der fi-  der FFS; Quelle FFS Langenargen
                                                     schereiliche Ertrag für die regionale
                                                     Nachfrage und das Auskommen der Be-
                                                     rufsfischerei reichen könnte. Jedoch zeigt
                                                     die öffentliche Diskussion sehr deutlich,
                                                     dass derzeit auch nur leichte Korrekturen
                                                     des P-Gehalt nach oben von behördlicher
                                                     Seite undenkbar sind – auch stehen mög-
                                                     liche ökologische Folgen, die niemand
                                                     genau abschätzen kann, diesem Ansinnen
                                                     entgegen.


                                                     Ausblick
       wichtige Untersuchungsfelder. Zusätzlich wur-
       den auch andere Themen bearbeitet, z. B. die   Das dargestellte Beispiel „Nährstoffversorgung
       Biologie von Fischarten wie Aal, Saibling, Seefo-  Bodensee“ zeigt deutlich, welche Verantwor-
       relle, Trüsche oder Brachse inklusiv ihrer Parasi-  tung in den Händen des Gewässerschutzes und
       tierung.                                 der Fischereiforschung liegt. Auch wenn nun
                                                der Bodensee wieder hinsichtlich seines Nähr-
       Ab etwa 2005 befand sich der Bodensee-Ober-  stoffgehaltes in einen Zustand wie vor 100 Jah-
       see wieder in einem sehr nährstoffarmen oligo-  ren gebracht wurde, sind viele andere neue Fak-
       trophen Zustand (TP < 10 µg L-1; Abb. 1). Ge-  toren vorhanden, die auf den See einwirken.
       koppelt an diese Entwicklung ging auch der
       Felchenertrag  auf  die  Werte zu  Beginn  der   Neu eingeschleppte Tierarten wie Stichling
       1950er Jahre zurück. Seit 2012 sind weitere dra-  oder Quagga-Muschel sowie die starke Zunah-
       matische Rückgänge zu verzeichnen, seit 2015   me des Kormorans machen dem Fischbestand
       werden nahezu jährlich neue Minusrekorde ver-  und damit auch den Fischern zu schaffen. Au-
       meldet (Abb. 1). 2019 war das Jahr mit den nied-  ßerdem wirken Klimawandel und neue chemi-
       rigsten Erträgen seit Beginn der Aufzeichnun-  sche Stoffe zusätzlich auf den See und seine
       gen 1910. Damit kann der fischereiliche Ertrag   Bewohner ein. Daher ist die Aufgabenfülle für
       des Bodensee-Obersees heute den regionalen   die FFS am Bodensee sehr umfangreich – genau-
       Bedarf an Bodenseefisch nicht mehr in Ansät-  so wie im übrigen Land. Viele Fragen und Auf-
       zen decken und die wirtschaftliche Basis für die   gaben sind zu bearbeiten. Wie wirkt sich der   PD Dr. Alexander Brinker
       Berufsfischerei ist massiv gefährdet. Die Angel-  Klimawandel auf die Fische und auch die Fisch-  Fischereiforschungsstelle
       fischerei scheint weniger stark unter den Ein-  züchter in ganz Baden-Württemberg aus? Wie   Langenargen
       flüssen zu leiden, da die Angler auf Fischarten   kann man aus Sicht des Fischartenschutzes und   Tel.: 07543 / 9308 - 324
       ausweichen können, die weniger stark von der   der Fischzüchter den steigenden Lufttemperatu-  alexander.brinker@lazbw.
       Nährstoffsituation abhängen (Raubfische zum   ren und sinkenden Grundwasserständen begeg-  bwl.de
       Beispiel.). Der Ertrag der Angler ist daher seit   nen? Und wie beeinflussen Mikroplastik oder
       Jahren relativ stabil. Die Berufsfischer können   neue, klimawandelgetriebene Krankheiten die
       hingegen  nur  sehr  eingeschränkt  auf  andere   Fische? Wie müssen sich Angler umstellen, wel-
       Fischarten ausweichen: für sie ist und bleibt der   che Arten können sie zukünftig überhaupt noch
       Felchen der ökonomisch bedeutsamste Fisch,   beangeln? Sollte man ganze Flüsse oder Seen
       denn der Verbraucher (Tourist, regionale Gast-  unter Schutz stellen, um rückläufige Arten nicht
       ronomie) verlangt nach diesem regionalen Aus-  ganz zu verlieren? Warum ist die Erzeugung von
       hängeschild. Die schlechte Versorgungssituati-  heimischem Fisch in unseren Fischzuchten eine
       on mit heimischem Fisch und die wirtschaftli-  gute Idee und wieso ist ihr ökologischer Fußab-
       che Situation der wenigen noch aktiven Berufs-  druck so unschlagbar nachhaltig?
       fischer am Bodensee-Obersee haben dazu
       geführt, dass Anfragen für eine moderate Erhö-  Bei  diesem  Portfolio  an  Herausforderungen   Dr. Jan Baer
       hung des P-Gehalts auf Werte von 10-12 µg/l   wird die FFS sicherlich weitere 100 Jahre for-  LAZBW - FFS
       gestellt wurden. Diese Erhöhung soll vorzugs-  schen - zum Wohle des Fischartenschutzes und   Langenargen
       weise durch eine Reduzierung der P-Fällung in   der angewandten Fischerei.       Tel.: 07543 / 9308 - 314
       den Kläranlagen erreicht werden. Es wird argu-  Literaturnachweis                 jan.baer@lazbw.bwl.de



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