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Fischereiforschungsstelle Langenargen
In der Zeit der Eutrophierung des Sees (1965- Fangeffizienz der Kiemennetze durch Algenbe-
1990) lag die P-Konzentration durchgehend wuchs im Sommer deutlich nach.
über 35 µg/L, der Maximalwert von 87 µg/L wur-
de im Jahr 1979 gemessen. In dieser Zeit über- Rückblickend wird die wesentliche Rolle der
nahm die Wissenschaft eine beobachtende Rol- aufmerksamen Fischereiorganisationen in Zu-
le und dokumentierte in erster Linie die rasan- sammenarbeit mit der Fischereiforschung beim
ten Veränderungen im See, wie zum Beispiel die frühzeitigen Erkennen der negativen Begleiter-
Ausbildung hoher Barschbestände im See. Die scheinungen der Eutrophierung sowie der ein-
Art gewann an wirtschaftlicher Bedeutung und geleiteten wirksamen Maßnahmen für den Ge-
die Forschung zu dieser Art nahm zu. wässerschutz am Bodensee deutlich. Der Inter-
nationale Bodenseefischereiverein (IBF) war
„zur Wahrung der Interessen des Fischerstandes
Gegensteuern und zur Hebung der Fischerei im Bodensee“
1909 in Meersburg gegründet worden. Unter
Die Forscher machten früh auf die negativen dem Eindruck der zunehmenden Nährstoffan-
Folgen der Eutrophierung aufmerksam: der seit reicherung im See und der damit verbundenen
1946 am Institut in Langenargen tätige und spä- ökologischen Änderungen gründete der IBF
tere Leiter Dr. Wilhelm Nümann wies zum Bei- 1950 eine Abwasserkommission, die 1951 der
spiel auf die Folgen des Sauerstoffmangels am Internationalen Bevollmächtigtenkonferenz für
Grund hin und hob als wichtige Konsequenz die Bodenseefischerei (IBKF) angegliedert wur-
das Absterben der Felchen- und Saiblingseier de.
am Seeboden hervor. Allen Warnungen zum
Trotz kam es wie es kommen musste und die in Dies war nun der Anstoß zur Gründung der
den Tiefenschichten des Bodensees lebende Internationalen Gewässerschutzkommission für
Felchenform, der Kilch, starb aus. Auch die den Bodensee (IGKB), die 1959 in St. Gallen
Saiblingserträge sanken dramatisch und die Tie- erfolgte. Die IGKB, in der alle Anrainer (D, A,
fenform dieser Art galt seitdem als verschollen. CH, FL) des Bodensees und des Alpenrheins
Gleichzeitig nahm die Zahl der schlecht oder gar vertreten sind, soll den Bodensee überwachen,
nicht vermarktbaren Cypriniden, wie Rotauge Belastungsursachen feststellen und vorbeugen-
oder Brachse (Bild 3) im Freiwasser stark zu. de sowie abhelfende Maßnahmen empfehlen.
Im Rahmen dieser beispielhaften internationa-
Zusätzlich waren im Zeitraum der späten 1960er len Zusammenarbeit im Umweltschutz sind bis
Abb 1: Felchenerträge während bis frühen 1990er Jahre starke Schwankungen zum heutigen Tag von den Anrainern des Bo-
der zweiten goldenen Phase im Felchenbestand die Folge. Außerdem war die densees rund 5 Milliarden Euro in Abwasser-
zwischen 1990 und 2004, in der Qualität wichtiger Wirtschaftsfische durch eine sammlung und -reinigung investiert worden.
der P-Gehalt von 35 µg/L auf 10
µg/L abfiel; Quelle: FFS Langenar- schlechte Filetqualität und hohe Parasitenbelas- Der Erfolg ist für jedermann sichtbar, der den
gen tung beeinträchtigt. In dieser Zeit ließ auch die Bodensee heute besucht: Der Phosphatgehalt
ist wieder auf Werte wie in den 1950er Jahren
zurückgegangen, es treten kaum Algenblüten
auf, die Sauerstoffkonzentration in den Tiefen-
schichten des Sees hat sich soweit verbessert,
dass sich der Felchenlaich dort wieder gut ent-
wickeln kann. Kurz gesagt, der Bodensee ist
heute wieder ein nährstoffarmer Voralpensee.
Vom Berg ins Tal
In der Phase des Nährstoffrückganges erlebten
die Fischer eine „zweite goldene Phase“, als zwi-
schen 1990 und 2004 der P-Gehalt von 35 µg/L
auf 10 µg/L abfiel. Die Felchenerträge waren
hoch und stabil und die Qualität exzellent. In
dieser Zeit blieben die Felchen als die wirt-
schaftlich bedeutendste Fischart im Bodensee
nach wie vor im Zentrum der Forschung, das
Wachstum sowie ihre Bestandsgröße waren
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