Page 44 - Landinfo 4_2020_Schwerpunktthema Bio und Regional
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Pflanzen- und Tierproduktion





                                             Wie wirkt sich der Klimawan-   den. Auf der Grundlage der Bewirtschaf-
                                             del aus?                       tungsdaten wurde der C-Input abgeschätzt
                                                                            und in das Bodenkohlenstoff-Modell RothC
                                             Hier kommt die andere Befürch-  eingespeist. Mit einem Anstieg der Jahresmit-
                                             tung ins Spiel: die Auswirkungen   teltemperatur um 3,1-3,4 Grad bis 2095, einer
                                             des Klimawandels. Im Zuge des   erhöhten Evapotranspiration und leicht er-
                                             Klimawandels werden die Durch-  höhtem Jahresniederschlag würde sich der
                                             schnittstemperatur und damit die   C -Vorrat in den Ackerböden der Standorte
                                                                             org
                                             Mineralisierung im Boden zuneh-  gegenüber dem Ausgangswert von 58,5 t C/
                                             men. Um diesen erhöhten Verlust   ha (2000) bis 2095 lediglich um 1,3 t verrin-
                                             auszugleichen, müssten bei 1   gern – allerdings weist das Referenzszenario
                                             Grad Temperaturanstieg je nach   mit konstanten Klimabedingungen der Perio-
                                             Eintragspfad ein Viertel (Pflan-  de 1970-1999 bis 2095 einen Anstieg um
                                             zenreste, Wurzeln) bis zur Hälfte   7,8 t C/ha aus. Selbst bei einem 20 % erhöh-
                                             (organische Düngung) des bishe-  ten C-Input würden zum Referenzwert noch
                                             rigen Eintrags an C  zusätzlich   4,7 t C/ha fehlen.
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                                             in  den  Boden  gebracht  werden.
                                             Hinzu käme die durch Hitze, Tro-  Für Baden-Württemberg wurde der mögliche
                                             ckenperioden oder Schädlinge   Verlust an  organischem  Kohlenstoff durch
                                             verringerte Produktivität der Kul-  das Landesamt für Geologie, Rohstoffe und
                                             turen. Mit den Erträgen würden   Bergbau (Waldmann und Weinzierl 2014)
                                             auch die C -Einträge in den Bo-  mittels eines statistischen Ansatzes abge-
                                                      org
                                             den dezimiert und die C -Verlus-  schätzt. Zunächst wurden auf Basis der Bo-
                                                                 org
                                             te steigen (Jacobs et al. 2018).  denanalysen von 3748 Acker-Standorten und
                                                                            deren klimatischer Situation Regressionsglei-
                                             Eine andere Studie hat unter-  chungen abgeleitet, die Gehalte und Vorräte
                                             sucht, wie sich die Humusvorräte   an C  im Oberboden durch die Variablen
                                                                                org
                                             Bayerns im Zuge des Klimawan-  Jahresmitteltemperatur und Tongehalt be-
                                             dels von 2000-2095 unter den   schreiben. Dann wurde in der Gleichung die
          Abb. 1: Titelseite des ersten Flyers aus der   Rahmenbedingungen des Klima-  Temperatur erhöht und die entsprechenden
          Reihe „Grundsätze der Humuswirtschaft“.  Szenarios SRES-A1B verändern   C -Vorräte der Böden bis 30 cm unter Flur
          Er beschäftigt sich mit der Frage, was Humus                       org
          ist, mit seiner Bedeutung für die   (Wiesmeier et al. 2016). Den Be-  entsprechend  den  Regressionsgleichungen
          Bodenfruchtbarkeit und mit Humusgehalten –   rechnungen lagen 21 Acker- und   neu berechnet. Bei einer Temperaturerhö-
          ihrer Analyse, typischen Werten und   30 Grünlandstandorte in Bayern   hung um 1 Grad verringert sich der Vorrat an
          Einflussfaktoren (Zimmer 2020).
                                             zu Grunde, deren Bodeneigen-   C  von 66 t /ha auf 61 t C/ha im Acker. Bei
                                                                             org
                                             schaften genau untersucht wur-  3 Grad mehr verbleiben nur noch 56 t C /ha
                                                                                                             org
                                                                            (Tab. 2).

                                                                              Humusmonitoring für Baden-Würt-
          Tab. 2: Abschätzung der C -Vorräte der Böden Baden-Württembergs in den oberen 30 cm in   temberg
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          t/ha bei zunehmender Temperaturerhöhung (Waldmann und Weinzierl 2014).
          Nutzung                   Temperaturveränderung*                  Zwar gibt es viele Daten zu den Gehalten an
                                                                            C  bzw. Humus in den Böden Baden-Würt-
                                                                             org
                      Status Quo    +1 °C     +2 °C     +3 °C     +4 °C     tembergs, auch am LTZ Augustenberg. Lang-
                                                                            fristige, systematisch nach einheitlichem
          Acker           66         61        58        56        56       Muster erhobene Bodendaten in Zeitreihen
                                                                            jedoch sind rar. Solche Zeitreihen sind aber
                                                                            unabdingbar, um die Auswirkungen des Kli-
          Grünland        92         85        78        74        72
                                                                            mawandels, aber auch die Auswirkungen
                                                                            langfristiger Trends in der Bewirtschaftung zu
          Wald            75         71        68        66        66       erfassen. Das Thünen-Institut für Agrarkli-
                                                                            maschutz hat mit einem solchen Humusmo-
                                                                            nitoring deutschlandweit begonnen und in
          * Die Temperaturen wurden wegen des Gültigkeitsbereichs der Regression nur bis maximal 10,5 °C erhöht. Mit
          zunehmender Temperaturerhöhung verringern sich damit die Gebiete, bei denen noch C org -Vorratsveränder-  den Jahren 2011 bis 2018 die erste Bodenzu-
          ungen berechnet wurden. Bei einer Erhöhung um 1°C wurden z. B. ca. 12% und bei 3°C bereits ca. 60% der   standserhebung Landwirtschaft (BZE-LW)
          Ackerfläche mit unverändertem C-Status weitergeführt.             durchgeführt. Die BZE-LW basierte auf ei-



                                                                                                  Landinfo 4
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