Page 24 - Landinfo Heft 5/2017 - Schwerpunkt Klimawandel
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Schwerpunktthema





                                   Ohne diese organismischen Vorarbeiten sind   lich belastbare Grundlage für weitere Unter-
                                   jedoch auch keine aussagekräftigen Untersu-  suchungen. Auch hierin zeigt sich also wieder
                                   chungen im Rahmen der Klimafolgenfor-    die Notwendigkeit gesteigerter Tätigkeit auf
                                   schung zu erwarten. Schon die Verbreitungs-  dem Feld der organismischen Biologie, wel-
                                   gebiete vieler Arten sind oft weitgehend un-  che sich um die Erforschung der Zusammen-
                                   bekannt. Somit können deren Veränderungen   hänge intensiv bemühen sollte.
                                   auch  nicht  nachverfolgt  und  Ursachen  be-
                                   stimmt werden. Relativ zur Artenzahl in
                                   Deutschland betrachtet, sind v.a. die Grup-  Notwendigkeit von
                                   pen der Libellen und die der Vögel (Aves) im   Monitoringprogrammen und Citizen-
                                   Zusammenhang mit dem Klimawandel bis-      Science-Projekten
                                   her gut untersucht. Daher müssen diese bei-
                                   den auch als Indikator-Großgruppen gelten.   Obwohl nach vielen Expertenmeinungen die
                                   Dagegen sind die Erkenntnisse zu allen ande-  Auswirkungen des  rezenten  Klimawandels
                                   ren Organismengruppen lediglich als spärlich   verglichen mit anderen anthropogenen Ein-
                                   zu bezeichnen.                           griffen bislang nur gering sind, ist es unum-
                                                                            stritten, dass dessen Bedeutung im Verlaufe
                                                                            der Zeit immer weiter steigen wird. Wenn je-
                                     Empfehlungen für künftige              doch in der Zukunft ein Klimawandelmoni-
                                     Untersuchungen                         toring erfolgen soll, so muss dieses sich auf
                                                                            gewisse Grundlagen stützen können, welche
                                   Gefäßpflanzen (Tracheophyta) und Flechten   bis dahin erst noch gelegt werden müssen.
                                   (Lichenes) sind für die Zukunft vielverspre-  Wir empfehlen daher einerseits aktuelle Mo-
                                   chende Untersuchungsobjekte, da zu diesen   nitoringprogramme auf diejenigen Arten
                                   schon viele Verbreitungsdaten vorliegen.   auszurichten, welche schon zum heutigen Tag
                                   Hierzu könnte es möglicherweise sinnvoll   eindeutige Hinweise auf beobachtbare Ver-
                                   sein,  zunächst  Habitate  in  späten  Sukzessi-  änderungen zeigen. Andererseits ist es jedoch
                                   onsstadien mit vielen Gehölzen sowie Fels-   dann unumgänglich, die entsprechenden For-
                                   und Schutthabitate intensiver zu beobachten.   schungsrichtungen langfristig zu fördern und
                                   Dort spielten sich Veränderungen gehäuft ab,   intensiv an der Schaffung ausreichender Da-
                                   was auch durch Einschätzungen aus der aktu-  tengrundlagen zu arbeiten. Dieses beinhaltet
                                   ellen Literatur unterstützt wird. Bei den   sowohl die Förderung an universitären Ein-
                                   Kryptogamen im Allgemeinen gibt es eine   richtungen als auch im Bereich von naturwis-
                                   Reihe von Arten, welche mit einer Ausdeh-  senschaftlichen Vereinen und ehrenamtlichen
                                   nung ihres Verbreitungsgebietes und auch   Beschäftigungen mit der Umwelt. Eine viel-
                                   einer Vergrößerung ihrer Bestände auf die   versprechende Maßnahme sind Programme,
                                   veränderten Klimabedingungen reagiert ha-  die den Laien bei der Datenbeschaffung mit
                                   ben. Wohl auch aufgrund des Mangels an   einbinden und erhobene Daten an zentraler
                                   grundlegenden Kenntnissen über die Arten   Stelle sammeln. Solche als citizen science be-
                                   sind die bekannten Auswirkungen bisher oft   zeichneten Aktionen wurden bislang schon
                                   in eingeschränkter Qualität dokumentiert.   vielfach mit Erfolg eingesetzt und sollten
                                                                            auch in Süddeutschland verstärkt genutzt
                                   Die Informationen zu vielen Arten setzen   werden.
                                   sich aus einzelnen floristischen bzw. faunisti-
                                   schen Beobachtungen mehrerer Autoren zu-
                                   sammen. So entbehren die Beobachtungen     Danksagung
                                   bislang meist einer statistischen Auswertung
                                   sowohl des Ausmaßes der Veränderung selbst   Die Literaturstudie wurde von der EU aus
                                   als auch des Zusammenhangs zu klimarele-  dem Europäischen Fond für regionale Ent-
                                   vanten Daten. Den Klimawandel dann als   wicklung und vom Bayerischen Staatsministe-
          Prof. Dr. Peter Poschlod  Ursache anzugeben kann demnach nur als   rium für Umwelt und Verbraucherschutz ko-
          Universität Regensburg   eine begründete Vermutung, jedoch nicht als   finanziert. 
          Tel. 0941/ 943-3108      Nachweis gelten. Auch wenn viele dieser Hin-
          Peter.Poschlod@biologie.  weise sicherlich ihre Berechtigung haben wer-  Literatur
          uni-regensburg.de        den, sind diese Angaben keine wissenschaft-






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