Page 63 - E-paper Landinfo 1_2024
P. 63
Pflanzen- und Tierproduktion
Potentielle Lösungswege und Verbesserung von Haltungs- und Fütte-
rungsverfahren der Kälber, sowie aufeinander
So unterschiedlich die Konzepte im Einzel- abgeglichene krankheitsvorbeugende Maß-
nen sind, kristallisierten sich doch drei Pfade nahmen. Nicht zuletzt motiviert die Betriebe
zur Lösung des Kälberproblems in allen Ver- die Unzufriedenheit mit der Abgabe ihrer
marktungsansätzen klar heraus: männlichen Kälber zu niedrigen Preisen mit
unbekanntem Ziel und dem negativen Licht,
• Die Kälber werden auf dem Geburtsbe- das dies auf die Milchviehhaltung wirft.
trieb aufgezogen und gemästet.
• Die Kälber werden auf dem Geburtsbe-
trieb aufgezogen und gemästet und zur Leistungen in Wert setzen – Ist dies
Auslastung des Stalls werden zusätzlich gelungen? Abb.1: Logo des in der
Projektgruppe entwickelten
Kälber von Nachbarsbetrieben direkt zuge- Länd:Rind Wertschöpfungs-
kauft. Die Abnahmeverträge und Vereinbarungen, konzeptes; Quelle: EIP-Milch-
• Die Kälber werden in relativer räumlicher über die die Betriebe vermarkten, vergüten viehkälber
Nähe zum Geburtsbetrieb auf einem spe- die höhere Haltungsform und Regionalität.
zialisierten Betrieb aufgezogen und gemäs- Gern gesehen und teilweise mit Aufschlag
tet. versehen sind die Fleckviehbullen. Bei der am
häufigsten im Projekt umgesetzten Vermark-
Alle Konzepte haben die folgenden Aspekte tung über die Müller-Gruppe in Haltungs-
gemein und lassen sich zum Länd:Rind Wert- form 3 werden die reinrassigen Holstein-Bul-
schöpfungskonzept zusammenfassen: len zwar ausgeschlossen, gekreuzt mit Mast-
rassen können sie aber geliefert werden. Als
• Rindfleisch von Kälbern aus der Milchvieh- wichtige Lösungskomponente zur Akzep-
haltung, tanzsteigerung von Milchviehrassen in der
• geboren, aufgezogen, gemästet, geschlach- Fleischproduktion zeigt sich demnach das
tet und verarbeitet in Baden-Württemberg, Arbeiten mit gesextem Sperma zur Erzeu-
• gehalten unter höheren Tierwohlstandards gung mastfähiger Kälber. Der Regionalitäts-
(min. HF 3), aufschlag bezieht sich auf den Produktions-
• maximal ein Betriebswechsel, zeitraum der Mast, die Kälber bzw. Fresser
• möglichst kurze Transportwege, können also auch aus anderen Bundesländern
• Vermeidung der Durchmischung von Käl- stammen.
bern vieler verschiedener Herkünfte.
Die zu Projektbeginn geplanten Vermark-
tungswege in Haltungsform 4 und eine Ver-
Positive Nebeneffekte für Betriebe marktung von reinrassigen Holstein-Kälbern
über eine regionale Kälbermast wurden von
Neben einer höherpreisigen Vermarktung er- den Abnehmern nicht weiterverfolgt. Grund
hoffen sich die Betriebe weitere positive Ne- dafür ist sicher, dass vier Monate nach Pro-
beneffekte. Den Milchviehbetrieben, die noch jektbeginn der Krieg in der Ukraine und die
über freie Kapazitäten verfügen, geht es um steigende Inflation der Zahlungsbereitschaft
eine Diversifizierung zur Stabilisierung gegen- der Kundinnen und Kunden einen starken
über plötzlichen Marktschwankungen. Der Dämpfer verpasst haben, sodass diese Pläne
Zubau von Aufzucht und Mast erfolgt dann - Stand heute - auf Eis liegen.
oft im Zuge des Betriebseinstiegs der nächsten
Generation. Ziel ist es, durch die Verkürzung Für die Projektgruppe bleibt damit als Aufga-
der Wertschöpfungskette mehr Wertschöp- be, für das letzte Jahr mithilfe der erstellten
fung im Betrieb zu halten. Auch die Verfüg- Marketingmaterialien weiter Bemühungen
barkeit von Substrat für eine bestehende oder anzustellen, um die entwickelten Produkt-
geplante Biogasanlage ist ein Faktor. Die we- merkmale stärker in Wert zu setzen. Die er-
nigen Kälberherkünfte und der reduzierte hofften positiven Nebeneffekte auf den Be-
Stress lassen eine verbesserte Kälbergesund- trieben müssen bewertet werden. Weiter gilt Anja Heitmann
heit erhoffen. Die direkte Abnahme der Käl- es, die Hinderungsgründe für die nicht umge- AgriConcept
ber von Milchviehbetrieben und der damit setzten Vermarktungswege zu dokumentie- Beratungsgesellschaft
verbundene direkte Kontakt zwischen Ge- ren und entsprechende Vorarbeit zu leisten mbH
burtsbetrieb und Aufzucht-/Mastbetriebe er- für Zeiten mit höherer Zahlungsbereitschaft Tel.: 0711 / 699 695 23
möglicht Übereinkünfte zur Vereinheitlichung oder entsprechender staatlicher Vergütung. heitmann@agriconcept.de
Landinfo 1 | 2024 63