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Pflanzen- und Tierproduktion





         Potentielle Lösungswege                und Verbesserung von Haltungs- und Fütte-
                                                rungsverfahren der Kälber, sowie aufeinander
       So unterschiedlich die Konzepte im Einzel-  abgeglichene krankheitsvorbeugende Maß-
       nen sind, kristallisierten sich doch drei Pfade   nahmen. Nicht zuletzt motiviert die Betriebe
       zur Lösung des Kälberproblems in allen Ver-  die Unzufriedenheit mit der Abgabe ihrer
       marktungsansätzen klar heraus:           männlichen Kälber zu niedrigen Preisen mit
                                                unbekanntem Ziel und dem negativen Licht,
       •   Die Kälber werden auf dem Geburtsbe-  das dies auf die Milchviehhaltung wirft.
         trieb aufgezogen und gemästet.
       •   Die Kälber werden auf dem Geburtsbe-
         trieb aufgezogen und gemästet und zur    Leistungen in Wert setzen – Ist dies
         Auslastung des Stalls werden zusätzlich   gelungen?                             Abb.1: Logo des in der
                                                                                         Projektgruppe entwickelten
         Kälber von Nachbarsbetrieben direkt zuge-                                       Länd:Rind Wertschöpfungs-
         kauft.                                 Die Abnahmeverträge und Vereinbarungen,   konzeptes; Quelle: EIP-Milch-
       •   Die Kälber werden in relativer räumlicher   über die die Betriebe vermarkten, vergüten   viehkälber
         Nähe zum Geburtsbetrieb auf einem spe-  die höhere Haltungsform und  Regionalität.
         zialisierten Betrieb aufgezogen und gemäs-  Gern gesehen und teilweise mit Aufschlag
         tet.                                   versehen sind die Fleckviehbullen. Bei der am
                                                häufigsten im Projekt umgesetzten Vermark-
       Alle Konzepte haben die folgenden Aspekte   tung über die Müller-Gruppe in Haltungs-
       gemein und lassen sich zum Länd:Rind Wert-  form 3 werden die reinrassigen Holstein-Bul-
       schöpfungskonzept zusammenfassen:        len zwar ausgeschlossen, gekreuzt mit Mast-
                                                rassen können sie aber geliefert werden. Als
       •   Rindfleisch von Kälbern aus der Milchvieh-  wichtige Lösungskomponente zur Akzep-
         haltung,                               tanzsteigerung von Milchviehrassen in der
       •   geboren, aufgezogen, gemästet, geschlach-  Fleischproduktion zeigt sich demnach das
         tet und verarbeitet in Baden-Württemberg,  Arbeiten mit gesextem Sperma zur Erzeu-
       •   gehalten unter höheren Tierwohlstandards   gung mastfähiger Kälber. Der Regionalitäts-
         (min. HF 3),                           aufschlag bezieht sich auf den Produktions-
       •   maximal ein Betriebswechsel,         zeitraum der Mast, die Kälber bzw. Fresser
       •   möglichst kurze Transportwege,       können also auch aus anderen Bundesländern
       •   Vermeidung der Durchmischung von Käl-  stammen.
         bern vieler verschiedener Herkünfte.
                                                Die zu Projektbeginn geplanten Vermark-
                                                tungswege in Haltungsform 4 und eine Ver-
         Positive Nebeneffekte für Betriebe     marktung von reinrassigen Holstein-Kälbern
                                                über eine regionale Kälbermast wurden von
       Neben einer höherpreisigen Vermarktung er-  den Abnehmern nicht weiterverfolgt. Grund
       hoffen sich die Betriebe weitere positive Ne-  dafür ist sicher, dass vier Monate nach Pro-
       beneffekte. Den Milchviehbetrieben, die noch   jektbeginn der Krieg in der Ukraine und die
       über freie Kapazitäten verfügen, geht es um   steigende Inflation der Zahlungsbereitschaft
       eine Diversifizierung zur Stabilisierung gegen-  der Kundinnen und Kunden einen starken
       über plötzlichen  Marktschwankungen. Der   Dämpfer verpasst haben, sodass diese Pläne
       Zubau von Aufzucht und Mast erfolgt dann   - Stand heute - auf Eis liegen.
       oft im Zuge des Betriebseinstiegs der nächsten
       Generation. Ziel ist es, durch die Verkürzung   Für die Projektgruppe bleibt damit als Aufga-
       der Wertschöpfungskette mehr Wertschöp-  be, für das letzte Jahr mithilfe der erstellten
       fung im Betrieb zu halten. Auch die Verfüg-  Marketingmaterialien weiter Bemühungen
       barkeit von Substrat für eine bestehende oder   anzustellen, um die entwickelten Produkt-
       geplante Biogasanlage ist ein Faktor. Die we-  merkmale stärker in Wert zu setzen. Die er-
       nigen Kälberherkünfte und der reduzierte   hofften positiven Nebeneffekte auf den Be-
       Stress lassen eine verbesserte Kälbergesund-  trieben müssen bewertet werden. Weiter gilt   Anja Heitmann
       heit erhoffen. Die direkte Abnahme der Käl-  es, die Hinderungsgründe für die nicht umge-  AgriConcept
       ber  von Milchviehbetrieben  und  der  damit   setzten Vermarktungswege zu dokumentie-  Beratungsgesellschaft
       verbundene direkte Kontakt zwischen Ge-  ren und entsprechende Vorarbeit zu leisten   mbH
       burtsbetrieb und Aufzucht-/Mastbetriebe er-  für Zeiten mit höherer Zahlungsbereitschaft   Tel.: 0711 / 699 695 23
       möglicht Übereinkünfte zur Vereinheitlichung   oder entsprechender staatlicher Vergütung.   heitmann@agriconcept.de


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