Page 68 - E-paper Landinfo 1_2024
P. 68
Pflanzen- und Tierproduktion
Bild 2: In Aquarienversuchen wurde die Reaktion von Hechten auf Bild 3: Der Hecht (Esox lucius), einer der beliebtesten Zielfische von
Beutefische (hinter Glasscheibe) untersucht; Quelle: Jorrit Lucas / Raubfischanglern nicht nur in Deutschland; Quelle: Jorrit Lucas /
LAZBW LAZBW
haben gezeigt, dass bestimmte Persönlich- beim Hecht existieren und wie diese auf ver-
keitsmerkmale von Tieren wie Mut, schnelles schiedene Angelköder reagieren. Die Hypo-
Wachstum oder Stressresistenz dazu führen these war, dass das individuelle Verhalten der
können, dass bestimmte Fische eines Bestan- Hechte ihre Anfälligkeit für die Angelfische-
des überproportional gefangen werden. rei beeinflusst.
Diese selektiven Fangtechniken können also
zumindest theoretisch die Verhaltensvielfalt Studienansatz zur Verhaltensanalyse
in Fischpopulationen verringern und die Fit- Um festzustellen, ob Hechte unterschiedliche
ness der Bestände beeinträchtigen. Zusätzlich Risikotoleranzen aufweisen, wurde das Nah-
können Lerneffekte von zurückgesetzten Fi- rungsaufnahmeverhalten unter Stressbedin-
schen und soziales Lernen zur Verringerung gungen untersucht. Dazu wurde ein Umwelt-
dieser Vielfalt beitragen. Dies kann nicht nur stressor (plötzliche, stark erhöhte Lichtinten-
die Gesamtfitness und Widerstandsfähigkeit sität) eingesetzt. Anschließend wurde die Zeit
der Bestände beeinträchtigen, sondern auch bis zum Angriff gemessen. Der Versuch wur-
die Reaktionen der Fische auf Köder verän- de mit jedem Hecht dreimal innerhalb eines
dern, wodurch beispielsweise nur „schüchter- Zeitraums von 15 Tagen wiederholt.
ne“ und schwer fangbare Fische im Gewässer
zurückbleiben könnten.
Versuchsaufbau
Da Hechte häufig intensiv befischt werden, Die Hechte wurden aus Eiern von in einem
haben wissenschaftliche Untersuchungen be- See mit geringem Fischereidruck gefangenen
reits fischereilich bedingte Veränderungen in Elterntieren gezüchtet, um eine einheitliche
der Größenverteilung dieser Bestände festge- Lebenserfahrung der Versuchstiere sicherzu-
stellt. stellen. Die Aufzucht der Hechte erfolgte un-
ter kontrollierten Laborbedingungen. Jeder
der 42 Versuchshechte durchlief acht Labor-
Versuchsdurchführung versuche innerhalb eines Zeitraums von 15
Tagen, wobei zwischen den Versuchen eine
Das Hauptziel der Studie der Fischereifor- 24-stündige Pause lag. Die Versuche umfass-
schungsstelle Baden-Württemberg war es, die ten Verhaltensbeobachtungen unter Einfluss
Verhaltensmuster der Hechte und ihre Anfäl- des Umweltstressors, Fütterungsversuche mit
ligkeit gegenüber der Angelfischerei zu unter- lebenden Beutefischen sowie simulierte An-
suchen. Hierzu wurden individuelle Verhal- gelversuche (siehe Abb. 1) mit drei verschie-
tensweisen mittels hochauflösender 3D-Ka- denen Ködern (siehe Abb. 2). Nach jedem
meras in Aquarien erfasst. Es wurde zunächst Versuch wurden die Hechte gefüttert.
analysiert, ob unterschiedliche Räubertypen
68 Landinfo 1 | 2024