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Tierzucht aktuell - Anpassung an die Herausforderungen





                                   ursprünglich 19 angedachten Verhaltensmerk-  Zuchtprogramms ein Schritt in die richtige
           Was ist EIP-Agri?       malen wurden im Verlauf des Projektes im-  Richtung ist. Die Ergebnisse der Analysen
                                   mer wieder Merkmale aufgrund ihrer Prakti-  lassen Zuchtfortschritt in den für die Zukunft
           In  der  Fördermaßnahme   kabilität in der Erfassung oder aufgrund unzu-  wichtigen Merkmalen wie Aufzuchterfolg,
           EIP-Agri, unterstützt durch   reichender Erblichkeiten (Heritabilitäten) für   Geburtsgewicht und dem Verhalten der Sau-
           das  Ministerium  für  Er-  den weiteren Projektverlauf ausgeschlossen.  en erwarten. Bei entsprechender Gewichtung
           nährung,    Ländlichen
           Raum  und  Verbraucher-                                          der Merkmale kann ein Rückschritt in der
           schutz   Baden-Württem-  Die beiden Verhaltensmerkmale „Sau-     Wurfgröße vermieden und trotzdem die neu-
           berg,  stehen  innovative   Mensch-Interaktion“  und  das „Verhalten   en Merkmale vorangebracht werden. Dies ist
           Projekte  mit  praxisrele-  nach der Geburt gegenüber dem Menschen“   aus züchterischer, praktischer und betriebli-
           vanten Fragestellungen im   weisen  Erblichkeiten  im mittleren  Bereich   cher Sicht erwünscht und ist zudem ein Bei-
           Fokus.  Hierbei  arbeiten
           landwirtschaftliche  Praxis,   auf. Diese beiden Merkmale sind damit viel-  trag für eine bessere gesellschaftliche Akzep-
           Wissenschaft, Berater und   versprechend für eine weiterführende züchte-  tanz der Schweinehaltung.
           weitere Beteiligte vernetzt   rische Bearbeitung. Im Bereich der Wurfqua-
           in  einem  Innovationspro-  lität weisen die Merkmale „mittleres Gewicht
           zess  zusammen.  Die  Pro-  bei Geburt und nach drei Wochen“ mittlere   Fazit und weitere Schritte
           duktivität   und  Wettbe-
           werbsfähigkeit  der  Land-   Erblichkeiten auf. Sie sind damit ebenfalls in-
           wirtschaft soll durch diese   teressant für eine züchterische Bearbeitung.   Nach Meinung aller Beteiligten sind die Pro-
           Projekte  im  Hinblick  auf   Die Wurfausgeglichenheit weist eine Herita-  jektziele Ferkelvitalität, Mütterlichkeit und
           eine verbesserte Nachhal-  bilität im eher gering erblichen Bereich auf.   Umgänglichkeit der Sauen nur durch eine
           tigkeit gestärkt werden.  Die Streuung der Gewichte innerhalb eines   Weiterentwicklung der Gesamtzuchtwerte
                                   Wurfes ist jedoch ein sehr praxisrelevantes   der Populationen Deutsche Landrasse und
           Unterstützt  wird  das  Pro-  Merkmal, dessen Monitoring für die weitere   Deutsches Edelschwein zu erreichen. Bisher
           jekt ZSH2V auch aus dem
           Europäischen   Landwirt-  Datenauswertung von hohem Wert ist.    ist hier das Fruchtbarkeitsmerkmal „lebend
           schaftsfonds  für  die  Ent-                                     geborene Ferkel“ sehr hoch gewichtet, was
           wicklung  des  Ländlichen   Bei allen durchgeführten Analysen bestätigte   jedoch dazu führen kann, dass das mittlere
           Raums (ELER).           sich der Eindruck der Landwirte im Stall: Ei-  Geburts- und das 21-Tagegewicht weiter ab-
                                   ne hohe Anzahl an lebend geborenen Ferkeln   nimmt. Das würde den Zielen einer zukunfts-
                                   wirkt sich negativ auf den Aufzuchterfolg der   orientierten Schweinehaltung klar widerspre-
                                   Sauen aus. Die Anzahl der Ferkel pro Wurf   chen.
                                   hat einen großen Einfluss auf die Höhe der
                                   Saugferkelverluste. Die genetischen Korrela-  Es gilt nun, die Empfehlungen aus dem Pro-
                                   tionen  der Wurfqualitätsmerkmale  zeigen   jekt zu diskutieren, die Auswirkung der modi-
                                   dies: Bei steigender Wurfgröße verringert sich   fizierten neuen Zuchtwerte in der Praxis zu
                                   das mittlere Geburtsgewicht und die Streu-  analysieren und anschließend in der Routine-
                                   ung innerhalb des Wurfes steigt. Geringe Ge-  zuchtwertschätzung einzuführen. Damit ist
                                   burtsgewichte haben Einbußen in der Vitali-  mit Sicherheit ein guter Grundstein für die
                                   tät und damit eine Verringerung der Überle-  bäuerliche Herdbuchzucht der Zukunft ge-
                                   benschance der Ferkel zur Folge. Ebenso   legt. 
                                   spiegeln dies die Korrelationen zu den Ge-
                                   wichten nach drei Lebenswochen. Eine wei-
                                   tere Steigerung der Wurfgröße wäre entgegen
                                   dem Ziel gleichmäßige und fitte Würfe zu
                                   erzeugen, die nach dem Absetzen gesund
                                   bleiben und möglichst rasch ihr Wachstum-
                                   spotential ausschöpfen.
                                   Im Rahmen der Auswertungen zum Thema
                                   “Zuchtplanung” wurden Kenngrößen er-
                                   fasst, mit denen es möglich ist, Zuchtstruktu-
                                   ren darzustellen und zu optimieren. Simulati-
                                   onsrechnungen  mit  dem  Programm
          Barbara Keßler           ZPLAN+ über die Auswirkung auf den                             Europäischer
          LSZ Boxberg              Zuchtfortschritt bei Einbeziehung der „neu-                    Landwirtschaftsfonds für
          Tel.: 07930 / 99 28 - 570  en“ Merkmale haben gezeigt, dass die Auf-                    die Entwicklung des
          barbara.kessler@lsz.bwl.  nahme von Wurfqualitäts- und Verhaltens-                      Ländlichen Raums (ELER)
                                                                                                  Hier investiert Europa in
          de                       merkmalen  in  den  Gesamtzuchtwert  eines                     die ländlichen Gebiete


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