Page 26 - Final_E-Paper_komplett_Landinfo 2_2023
P. 26
Tierzucht aktuell - Anpassung an die Herausforderungen
ursprünglich 19 angedachten Verhaltensmerk- Zuchtprogramms ein Schritt in die richtige
Was ist EIP-Agri? malen wurden im Verlauf des Projektes im- Richtung ist. Die Ergebnisse der Analysen
mer wieder Merkmale aufgrund ihrer Prakti- lassen Zuchtfortschritt in den für die Zukunft
In der Fördermaßnahme kabilität in der Erfassung oder aufgrund unzu- wichtigen Merkmalen wie Aufzuchterfolg,
EIP-Agri, unterstützt durch reichender Erblichkeiten (Heritabilitäten) für Geburtsgewicht und dem Verhalten der Sau-
das Ministerium für Er- den weiteren Projektverlauf ausgeschlossen. en erwarten. Bei entsprechender Gewichtung
nährung, Ländlichen
Raum und Verbraucher- der Merkmale kann ein Rückschritt in der
schutz Baden-Württem- Die beiden Verhaltensmerkmale „Sau- Wurfgröße vermieden und trotzdem die neu-
berg, stehen innovative Mensch-Interaktion“ und das „Verhalten en Merkmale vorangebracht werden. Dies ist
Projekte mit praxisrele- nach der Geburt gegenüber dem Menschen“ aus züchterischer, praktischer und betriebli-
vanten Fragestellungen im weisen Erblichkeiten im mittleren Bereich cher Sicht erwünscht und ist zudem ein Bei-
Fokus. Hierbei arbeiten
landwirtschaftliche Praxis, auf. Diese beiden Merkmale sind damit viel- trag für eine bessere gesellschaftliche Akzep-
Wissenschaft, Berater und versprechend für eine weiterführende züchte- tanz der Schweinehaltung.
weitere Beteiligte vernetzt rische Bearbeitung. Im Bereich der Wurfqua-
in einem Innovationspro- lität weisen die Merkmale „mittleres Gewicht
zess zusammen. Die Pro- bei Geburt und nach drei Wochen“ mittlere Fazit und weitere Schritte
duktivität und Wettbe-
werbsfähigkeit der Land- Erblichkeiten auf. Sie sind damit ebenfalls in-
wirtschaft soll durch diese teressant für eine züchterische Bearbeitung. Nach Meinung aller Beteiligten sind die Pro-
Projekte im Hinblick auf Die Wurfausgeglichenheit weist eine Herita- jektziele Ferkelvitalität, Mütterlichkeit und
eine verbesserte Nachhal- bilität im eher gering erblichen Bereich auf. Umgänglichkeit der Sauen nur durch eine
tigkeit gestärkt werden. Die Streuung der Gewichte innerhalb eines Weiterentwicklung der Gesamtzuchtwerte
Wurfes ist jedoch ein sehr praxisrelevantes der Populationen Deutsche Landrasse und
Unterstützt wird das Pro- Merkmal, dessen Monitoring für die weitere Deutsches Edelschwein zu erreichen. Bisher
jekt ZSH2V auch aus dem
Europäischen Landwirt- Datenauswertung von hohem Wert ist. ist hier das Fruchtbarkeitsmerkmal „lebend
schaftsfonds für die Ent- geborene Ferkel“ sehr hoch gewichtet, was
wicklung des Ländlichen Bei allen durchgeführten Analysen bestätigte jedoch dazu führen kann, dass das mittlere
Raums (ELER). sich der Eindruck der Landwirte im Stall: Ei- Geburts- und das 21-Tagegewicht weiter ab-
ne hohe Anzahl an lebend geborenen Ferkeln nimmt. Das würde den Zielen einer zukunfts-
wirkt sich negativ auf den Aufzuchterfolg der orientierten Schweinehaltung klar widerspre-
Sauen aus. Die Anzahl der Ferkel pro Wurf chen.
hat einen großen Einfluss auf die Höhe der
Saugferkelverluste. Die genetischen Korrela- Es gilt nun, die Empfehlungen aus dem Pro-
tionen der Wurfqualitätsmerkmale zeigen jekt zu diskutieren, die Auswirkung der modi-
dies: Bei steigender Wurfgröße verringert sich fizierten neuen Zuchtwerte in der Praxis zu
das mittlere Geburtsgewicht und die Streu- analysieren und anschließend in der Routine-
ung innerhalb des Wurfes steigt. Geringe Ge- zuchtwertschätzung einzuführen. Damit ist
burtsgewichte haben Einbußen in der Vitali- mit Sicherheit ein guter Grundstein für die
tät und damit eine Verringerung der Überle- bäuerliche Herdbuchzucht der Zukunft ge-
benschance der Ferkel zur Folge. Ebenso legt.
spiegeln dies die Korrelationen zu den Ge-
wichten nach drei Lebenswochen. Eine wei-
tere Steigerung der Wurfgröße wäre entgegen
dem Ziel gleichmäßige und fitte Würfe zu
erzeugen, die nach dem Absetzen gesund
bleiben und möglichst rasch ihr Wachstum-
spotential ausschöpfen.
Im Rahmen der Auswertungen zum Thema
“Zuchtplanung” wurden Kenngrößen er-
fasst, mit denen es möglich ist, Zuchtstruktu-
ren darzustellen und zu optimieren. Simulati-
onsrechnungen mit dem Programm
Barbara Keßler ZPLAN+ über die Auswirkung auf den Europäischer
LSZ Boxberg Zuchtfortschritt bei Einbeziehung der „neu- Landwirtschaftsfonds für
Tel.: 07930 / 99 28 - 570 en“ Merkmale haben gezeigt, dass die Auf- die Entwicklung des
barbara.kessler@lsz.bwl. nahme von Wurfqualitäts- und Verhaltens- Ländlichen Raums (ELER)
Hier investiert Europa in
de merkmalen in den Gesamtzuchtwert eines die ländlichen Gebiete
26 Landinfo 2 | 2023