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Tierzucht aktuell - Anpassung an die Herausforderungen
zucht sowie die Nutzung der Rassen z. B. in Zuchtprogramm sieht neben der Zuchtwert-
der Landwirtschaft und Landschaftspflege. schätzung die Auswahl von Bullenmüttern, In Deutschland gibt es seit
gezielte Paarung und den Testeinsatz von Be- 2003 ein „Nationales Fach-
Thematisiert wurde auch die Gefährdung von samungsbullen vor. programm zur Erhaltung
und nachhaltigen Nutzung
Beständen durch Tierseuchen oder in Wolfs- tiergenetischer Ressourcen“,
gebieten, Maßnahmen zum Gesundheitsma- das den Status quo der Tier-
nagement oder Zucht auf Resistenz gegen Hinterwälder zucht beschreibt und Maß-
Krankheiten. Bei den kleineren Hinterwäldern ist die wirt- nahmen und Ziele für die
Zukunft vorgibt. Damit bildet
schaftliche Leistung im Verhältnis zum Kör- es den wichtigsten nationa-
Ein ganzer Block war den staatlichen Aufga- pergewicht zu beachten. Durch geringe Grö- len Rahmen für die Erhal-
ben und den Fördermaßnahmen im Bereich ße und Gewicht (ausgewachsene Kühe 118- tung der einheimischen
Erhaltungszucht gewidmet. Dabei wurde das 122 cm bei 380 - 420 kg) sind sie auch auf Nutztierrassenvielfalt.
Land Baden-Württemberg in mehreren Vor- steilen Hanglagen trittsicher und genügsam. Auch auf internationaler
trägen als beispielhaft erwähnt. Die frühzeiti- Daher sind sie auch außerhalb ihres ursprüng- Ebene wurde die Bedeutung
der genetischen Vielfalt für
ge Förderung regionaler Rinderrassen im lichen Zucht- und Haltungsgebietes südlich die Lebensmittelversorgung
Schwarzwald mit Landesmitteln, die Unter- des Feldberges und des Belchen in der Land- erkannt. Von der FAO wurde
stützung der Bemühungen der GEH und re- schaftspflege in schwierigen Gebieten anzu- 1983 eine Kommission für
gionaler Züchtervereinigungen beim Aufbau treffen. genetische Ressourcen für
der Erhaltungszuchtprogramme und schließ- Ernährung und Landwirt-
schaft eingesetzt, die sich
lich die Förderung bestimmter Rassen in den zunächst mit pflanzengeneti-
Programmen MEKA bzw. FAKT wurden Limpurger Rind schen Ressourcen befasste,
und werden als wertvoller Beitrag zur Erhal- Die älteste Württembergische Rinderrasse seit 1998 durch eine Arbeits-
tung der tiergenetischen Ressourcen aner- stammt aus der Gegend um Gaildorf/Schwä- gruppe für tiergenetische
kannt. bisch Gmünd im Kreis Schwäbisch Hall bzw. Ressourcen verstärkt wird.
dem Ostalbkreis. Heute erfreuen sich die ehe-
maligen Dreinutzungsrinder großer Beliebt-
Gefährdete Rinderrassen in Baden- heit in der Mutterkuhhaltung und zur Land-
Württemberg schaftspflege in der Region. Durch die relativ
geringe Populationsgröße dient die gezielte
Die Rinderunion Baden-Württemberg Paarung vor allem der Erhaltung der geneti-
(RBW) betreut vier vom Land unterstützte schen Vielfalt.
Erhaltungszuchtprogramme für aus Baden-
Württemberg stammende gefährdete Rinder-
rassen. Original Braunvieh (Deutsches Braunvieh
alter Zuchtrichtung)
Vergleicht man die Zuchtprogramme der vier Bei den Braunviehkühen alter Zuchtrichtung
Rassen, so steht bei allen neben der Erhaltung wird neben einer guten Milchleistung großer
der genetischen Ressourcen die Anpassungs- Wert auf die Bemuskelung gelegt, um eine
fähigkeit an unterschiedliche Verhältnisse, wirtschaftliche Nutzung von Tieren zu Mast
besonders an die speziellen Verhältnisse des und Schlachtung zu gewährleisten. Tiere in
ursprünglichen Zuchtgebietes im Mittel- Mutterkuhbetrieben dienen der Erhaltung
punkt. Doppelnutzung (Milch und Fleisch), der genetischen Ressourcen.
Langlebigkeit, Fruchtbarkeit und hohes
Grundfutteraufnahmevermögen für eine Unter dem Motto „Erhalten durch Nutzen“
günstige Wirtschaftlichkeit sind im Zuchtziel bildete der Block Vermarktung den Abschluss
definiert. Alle Rassen werden sowohl in des Kongresses. Hier kamen zwei Beiträge aus
Milchviehbetrieben mit Leistungsprüfung, als Baden-Württemberg. Dr. Alexander Wirsig
auch in Mutterkuhbetrieben gehalten, wo die von der MBW Marketinggesellschaft stellte
gute Milchleistung und Weidefähigkeit ge- die Chancen und Herausforderungen bei der
nutzt werden. Vermarktung einheimischer und alter Nutz-
tierrassen und ihrer Erzeugnisse dar. Dabei
können geistige Eigentumsrechte, geschützte
Vorderwälder Herkunftsangaben und Kollektivmarken hilf- Clara Dompert
Angepasst an die im Schwarzwald gegebenen reich sein. Als Beispiel für eine erfolgreiche Zuchtleitung Limpurger
Umweltfaktoren wird ein konstitutionsstabi- rassespezifische Vermarktung und gleichzeitig Rind
les, futterdankbares, weidetaugliches milchbe- eine geschützte Herkunftsangabe diente der Tel: 07904 / 7007 - 3519
tontes Zweinutzungsrind gezüchtet. Das Weideochse vom Limpurger Rind g.U.. c.dompert@lrasha.de
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