Page 16 - Final_E-Paper_komplett_Landinfo 2_2023
P. 16

Tierzucht aktuell - Anpassung an die Herausforderungen





          Tab. 1: Struktur der Fleischrinderzucht in Baden-Württemberg – wichtigste Rassen  kulturell sehr erwünscht. Typisch ist, dass bei
                                                                            uns viel Direktvermarktung existiert, wobei
                                                                            die immer noch weit mehr als 1000 EU-zuge-
          Rasse      Anzahl  Anzahl  Betriebe   Kühe im   Anteil   Kühe je   lassenen Schlachtstätten eine gute Vorausset-
                     Rinder  Kühe   Herd-    Herd-    Kühe im   Betrieb
                     (HIT)  (HIT)   buch     buch     Herdbuch  (HB)        zung sind. Regionale Produktion, Schlach-
                                    (RBW)    (RBW)                          tung vor Ort mit lokaler Vermarktung, was
                                                                            könnte die Kundschaft mehr wünschen?
          Limousin   18.510  5.542     35      765      13,8 %    21,9
          Angus      12.738  4.501     33      642      14,2 %    19,5      Wichtigste „Rasse“ unserer Mutterkühe ist –
          Highland    6.214  2.391     71      338      14,1 %     4,8      wie überall in Europa – die Kreuzungskuh
          Galloway    4.809  1.786     44      335      18,8 %     7,6      aus einem Fleischrassebullen mit einer Kuh
          Charolais   5.042  1.619     12      330      20,4 %     27,5     aus der Milchproduktion, sie stellen etwa 50
          Fleckvieh-                                                        % aller Mutterkühe. Für den Schwarzwald ty-
          Simm.*      3.952   734      15      285      38,8 %    19,0      pisch ist die Kreuzung Limousin x Wälder-
                                                                            kuh, zumeist Vorderwälder. Die gute Milch-
          Wagyu       1.698   470      37      159      33,8 %     4,3      leistung der Kreuzungskuh produziert dann
          Zwergzebu   1.875   788      15      142      18,0 %     9,5      in Anpaarung an reine Fleischbullen beste
                                                                            Absetzer und gute Schlachtkörper, weitestge-
          *)     Fleckvieh-Simmental:  entspricht Fleckvieh Nutzungsrichtung Fleisch   hend aus Weidefutter. Dementsprechend
          Daten:   Statistisches Landesamt BW, RBW (11/2022)
                                                                            werden in der Schwarzwaldregion regelmäßig
                                                                            junge Limousinbullen zu Kreuzungszwecken
                                   Vollzeitjob noch am Wochenende und im Ur-  vermarktet, von unserer Zuchtorganisation,
                                   laub Heu zu machen, Zäune zu ziehen, Tiere  aber oft auch über Viehhändler mit Tieren
                                   umzutreiben, für die Direktvermarktung  aus ganz Deutschland und Frankreich.
                                   Fleisch zu portionieren und zu verkaufen,
                                   usw. Und das alles zum Mindestlohn oder we-  Unsere Herdbuchzucht ist in der Rinder-
                                   niger. Folglich sind viele Betriebe mit Mutter-  union Baden-Württemberg e.V. (RBW) orga-
                                   kuhhaltung reine Übergangsbetriebe für we-  nisiert, die als staatlich anerkannte Zuchtor-
                                   nige Jahrzehnte zwischen Milchproduktion  ganisation seit mehr als 20 Jahren alle Rinder-
                                   und Aufgabe der Landwirtschaft. Nur wenige  rassen in Baden-Württemberg betreut. Die
                                   Mutterkuhhaltungen existieren daher bei uns  aktuellen Zahlen für Herbst 2022 (s. RBW-
                                   in reiner Form mehr als 20 bis 30 Jahre, also  aktuell 2023 Heft 1, www.rind-bw.de) weisen
                                   meist nur eine Generation. Für eine dauerhaf-  aus, das nur 7.128 der 54.400 Mutterkühe im
                                   te Grünlandnutzung sollte dies bedacht wer-  Herdbuch registriert sind, wovon die Doppel-
          Bild 2: In Oberschwaben   den, denn unsere Fleischrinder erhalten ins-  nutzungsrassen Vorder- und  Hinterwälder
          weiden Galloways des Grafen
          zu Königsegg-Aulendorf;   gesamt an die 150.000 ha Wiesen und Weiden  sowie Limpurger und Original Braunvieh mit
          Foto: Dr. Thomas A. Schmidt  in Baden-Württemberg, umweltpolitisch und  deren Kühen in der Mutterkuhhaltung bereits
                                                                            mehr als die Hälfte stellen (52 %). An erster
                                                                            Stelle der reinen Fleischrinder-Rassen (Tab. 1)
                                                                            steht seit vielen Jahren Limousin vor Angus,
                                                                            gefolgt von Highland, Galloway sowie Charo-
                                                                            lais nahezu gleichauf, wobei Charolais ten-
                                                                            denziell abnimmt, während Galloway und
                                                                            besonders Highland eher zunehmen. Neben
                                                                            diesen acht bedeutenderen Rassen werden für
                                                                            acht weitere Zuchtprogramme geführt, sie-
                                                                            ben Rassen sind lediglich mit Einzeltieren
                                                                            registriert.


                                                                            Bei Betrachtung der Größe der Bestände je
                                                                            Betrieb wird die Nebenerwerbsstruktur deut-
                                                                            lich, besonders bei den Extensivrassen High-
                                                                            land und Galloway, die nicht selten weniger
                                                                            als 10 Tiere insgesamt je Betrieb aufweisen.
                                                                            Wagyu steht dagegen häufig als Zweitrasse in
                                                                            größeren Milchviehbetrieben, Charolais fin-
                                                                            det sich nur in größeren Beständen („das



          16                                                                                      Landinfo 2 | 2023
   11   12   13   14   15   16   17   18   19   20   21