Page 51 - Landinfo Heft 2/2018 Schwerpunkt 150 Jahre Weinsberg
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Gartenbau und Sonderkulturen





       Christian Bühler


       Früher Austrieb, späte Fröste

       - Was können die Obstbauern tun?



       Diese Frage interessierte auf dem Weinsberger Obstbautag im Februar rund
       300 Teilnehmerinnen und Teilnehmer des Berufsstandes. Die Praktiker und
       Beratungskräfte  informierten  sich  über  aktuelle  Obstbauthemen.  Dr.  Kurt
       Mezger,  Abteilungspräsident  der  Abteilung  3  am  Regierungspräsidium
       Stuttgart, gab bei seiner Begrüßung einen Überblick über das Obstjahr 2017.
       Die Fachvorträge hatten den Klimawandel, Pflanzenschutz und den Anbau               Foto:   T . Häberle
       von Maronen zum Thema.


         100 Jahre Wetterdaten, 50 Jahre          Frostschutzberegnung in                Bild 1
         Phänologie - unser Kernobst im           Obstanlagen                            Frostschutzberegnung im
         Klimatrend                                                                      Apfelanbau.
                                                Andreas Hahn vom ESTEBURG Obstbau-
           r. Dietmar Rupp und Dr. Franz Rueß von   zentrum Jork im Alten Land ist überzeugt:
       Dder Staatlichen Lehr- und Versuchsan-   „Die wirksamste Methode zur Verhinderung
       stalt für Wein- und Obstbau Weinsberg    von Blütenfrostschäden ist die Frostschutz-
       (LVWO) stellten Wetterdaten aus 100 Jahren   beregnung“ (Bild 1). Das dafür notwendige
       Wetterbeobachtungen am Standort der      Wasser kommt entweder aus Oberflächenge-
       LVWO vor. Sie gingen dabei auf den Kern-  wässern oder aus Brunnen. Anschaulich rech-
       obstanbau vor dem Hintergrund des Klima-  nete Hahn vor, dass zum Beispiel bei einer gut
       wandels ein. Seit 117 Jahren werden in Weins-  5 Hektar großen Apfelanlage rund 4500 m³
       berg Wetterdaten erfasst. Der Standort eignet   Wasser nötig seien für drei Frostnächte. Um
       sich deshalb hervorragend, um den weltweit   bei begrenzter Wasserverfügbarkeit sicher ei-
       beobachteten Klimatrend vor Ort aufzuzei-  ne Frostschutzberegnung betreiben zu kön-
       gen und für die Zukunft Schlüsse ziehen zu   nen, muss deshalb ein Vorratsspeicher ange-
       können.                                  legt werden. In seinem Vortrag stellte Hahn   Abbildung 1
       Während sich die jährlichen Niederschlags-  die Möglichkeiten der Wasserbereitstellung,   Vollblüte bei Apfel.
       mengen kaum verändert haben, zeigen sich
       bei den Temperaturen deutliche Verschiebun-
       gen. Der wärmere Vorfrühling und der heiße-
       re Sommer haben Auswirkungen auf das
       Wettergeschehen und die phänologischen
       Abläufe. Durch mildere Winter und wärmer
       gewordene Vorfrühlinge treiben unsere hei-
       mischen Obstgehölze wesentlich früher aus.
       So ergeben die phänologischen Erhebungen
       der LVWO gegenüber den 60er Jahren des
       vorigen Jahrhunderts eine Blühverfrühung
       bei Apfel von rund drei Wochen (Abb. 1).
       Es ist weiterhin in der zweiten und dritten
       Aprilwoche mit Spätfrösten zu rechnen. Zu
       dieser Zeit befindet sich die Hauptkultur Ap-
       fel mittlerweile in der Vollblüte. Dieses phä-
       nologische Stadium ist am empfindlichsten
       gegenüber Temperaturen unter Null Grad.
       Bereits ab minus 0,5 Grad können massive
       Schäden auftreten.



       Landinfo 2 | 2018                                                                                     51
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