Page 49 - Landinfo Heft 2/2018 Schwerpunkt 150 Jahre Weinsberg
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Gartenbau und Sonderkulturen





       David Endreß


       Weinbauwetter im Wandel – Wie können wir reagieren?



       65. Weinbautagung des Regierungspräsidiums Stuttgart und der LVWO Weinsberg



       Jede Facette des Klimawandels verändert den Weinbau: Vor drei Jahren verzeichnete ganz Deutschland
       Hitzerekorde, vor zwei Jahren regnete es in Weinsberg allein in den Monaten Mai und Juni 260 l/m²
       und im letzten Jahr trieben die Reben am 15. April, bereits zehn Tage vor dem langjährigen Mittel aus.
       Die Bilder dieser drei extremen Jahre sind noch gegenwärtig, doch was sehen wir beim Blick nach
       vorn?  Hr.  Dr.  Rupp  von  der  LVWO Weinsberg  stellte  auf  der  jährlichen Tagung  der Württemberger
       Weinbranche die Weinsberger Wetterdaten der letzten 100 Jahre auf den Prüfstand und fragte sich in
       seinem Vortrag, ob es wirklich schlimmer wird.



           ie Zahlen zeigen, dass sich die Nieder-  tete Luftverwirbelungsverfahren bereits an-
       Dschlagsmengen kaum veränderten, je-     gewandt. Direkte Wärme liefern recht kos-
       doch müssen sich die Wengerter zukünftig   tenintensive Paraffinkerzen oder neu
       vor allem auf Unwetterereignisse, starke Hit-  entwickelte Heizdrähte. Als letzte Möglich-
       zeperioden in den Sommermonaten, milde   keit  bleibt  noch  eine  Versicherungslösung,
       und regenreiche Winter und eine frühe, zügi-  welche wie alle Maßnahme die Festkosten im
       ger ablaufende Vegetation einstellen. Dies   Produktionsverfahren erhöht.
       verdeutlicht die Abbildung 1 - Austrieb Trol-
       linger.                                  Über weitere Lösungsansätze referierte Flori-
                                                an Haas vom Forschungszentrum Laimburg
       Die Reben treiben im Vergleich zu 1960 ca.   (Südtirol) in seinem Vortrag: “Das Südtiroler
       zwei Wochen früher aus, die Eisheiligen en-  Sorten-/Lagenprojekt und mögliche Strategi-
       den am 15. Mai, dies birgt die große Gefahr   en zur Qualitätssicherung im Weinbau”. Nach
       von Spätfrösten.                         einer Standortanalyse, welche die beeindru-
                                                ckende natürliche Vielfalt Südtirols aufzeigte,
       Staatssekretärin Friedlinde Gurr-Hirsch skiz-  gab Herr Haas Empfehlungen für die Südti-
       zierte in ihrem Grußwort, wie extrem der   roler Wengerter, die sicher auch in Württem-
       Jahrhundertfrost 2017 den Wein- und vor al-  berg zum Nachdenken anregen:
       lem den Obstbau traf. Die Schäden liegen im
       dreistelligen Millionenbereich und werden   •  Das Sortenspektrum verschiebt sich von
       über  eine  Frosthilfe  des  Landes mit  einem   Rot- zu Weißweinen.
       Volumen von ca. 50 Mio. Euro zumindest
       teilweise kompensiert. Die ausbezahlten Hil-  •  Um die gewünschte Typizität des Spätbur-
       fen konnten einmalig gewährt werden, in den   gunders auch weiterhin zu erhalten, wird in
       kommenden  Jahren  müssen  jedoch  be-     deutlich  höheren  Lagen  gepflanzt.  Erste
       triebsindividuelle Absicherungen erarbeitet   Pionieranlagen wurden bereits über
       werden.                                    1.000 m üNN gepflanzt.

       Hanns-Christoph Schiefer (LVWO Weins-    •  Beim Weißburgunder werden die alkohol-
       berg) beschrieb die Möglichkeiten der Risiko-  reichen Tallagenweine mit den säurebeton-
       vorsorge: Frostberegnungsanlagen benötigen   ten Hochlagenweinen verschnitten um bes-
       mit ca. 3-4 l pro m² sehr große Wassermengen   te Qualitäten zu erreichen.          Foto: H. Wiest
       um über die kritischen Stunden und Tage die
       empfindlichen Knospen wirksam zu schüt-  Extreme Trockenperioden nehmen als Folge
       zen. Alternativen sind aus Luxemburg be-  des Klimawandels zu. Dies fordert Maßnah-  Mitte Mai haben die Reben schon
       kannt, dort wird das auch hierzulande getes-  men zur Optimierung der Wasserversorgung   kräftig ausgetrieben.



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