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Landwirtschaftlicher Hochschultag 2019





       Prof. Dr. Urs Niggli


       Empfehlungen aus dem ökologischen Landbau: Wie kann

       der konventionelle Landbau weniger PSM einsetzen?





         Einleitung                                zogene Maßnahmen der Pflanzengesund-
                                                   heit und der Ertragssteigerungen setzen
       Chemisch-synthetische Pflanzenschutzmittel   (siehe Abbildung 1). Während die nach-
       sind heute in der Bevölkerung umstritten. Ei-  haltige Intensivierung (FAO) noch stark
       nerseits lösen Rückstände in Lebensmitteln   auf direkte Maßnahmen setzt, welche aber
       Bedenken aus. Anderseits sind viele Pflanz-  weniger Umwelteffekte haben sollen, be-
       schutzmittel mittlerweile zu ubiquitären Sub-  tonen die ökologische Intensivierung (Ti-
       stanzen in Böden, im Grundwasser, in Fließ-  tonell, 2014) und die Agrarökologie die
       gewässern und in der Atmosphäre geworden    Systemdienstleistungen wie die Boden-
       und werden in Spuren auch in Pflanzen und   fruchtbarkeit, die Vielfalt im Anbau und
       Tieren nachgewiesen, welche nicht direkt be-  die direkten Dienstleistungen der Biodi-
       handelt wurden. Sie verändern durch ihre    versität als ertragssichernde Maßnahmen.
       Wirkung die Habitatqualität innerhalb und   Das sind diejenigen Maßnahmen, welche
       außerhalb der Landwirtschaft und haben di-  die ökologischen Landwirte seit Anbeginn
       rekte Wirkungen auf Ziel- und Nichtzielorga-  erfolgreich anwenden und deshalb auch
       nismen. Sie sind deshalb eine der Ursachen   eine höhere Biodiversität auf ihren Betrie-  Abb. 1: Alle Strategien zur
                                                                                         nachhaltigen Ökologisierung
       für den Rückgang der globalen Biodiversität.   ben haben (Tuck et al., 2014). Die system-  basieren auf einem
       Im Falle der Vielfalt und Abundanz von In-                                        Systemansatz
       sekten ist dieser Zusammenhang intensiv un-
       tersucht worden ist (Sánchez-Bayo und Wy-
       ckhuys, 2019).

       Rasch wird dabei vergessen, dass der Pflan-
       zenschutz – wovon ein großer Teil mit che-
       misch-synthetischen PSM erfolgt - ein er-
       trags- und qualitätssichernder Faktor im
       Ackerbau und in noch größerem Maße in
       Sonderkulturen ist. Gemäß globalen Meta-
       Analysen wird der Ertragsausfall durch
       Schadorganismen zwischen 17 und 40 % ein-
       geschätzt (Savary et al., 2019). Die Skepsis
       von Bürgerinnen und Bürger ist groß. In der
       Schweiz zum Beispiel wird in einem Jahr über
       zwei Volksbegehren abgestimmt, welche che-
       misch-synthetische PSM verbieten. Die Zu-
       stimmung dazu ist zurzeit bei Umfragen bei
       über 70 %. Demgegenüber genießt der öko-
       logische Landbau große Sympathien und sei-
       nen Methoden des direkten und indirekten
       Pflanzenschutzes  gegenüber  besteht  kaum
       Kritik.



         Empfehlungen

       1.  Systemdienstleistungen: Allen Strategien
          zur Förderung der Nachhaltigkeit ist ge-
          meinsam, dass sie auf indirekte, systembe-



       Landinfo 2 | 2019                                                                                     13
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