Page 51 - Landinfo Biodiversität
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Pflanzen- und Tierproduktion





         ßig wiederkehrenden Hygienemaßnahmen effi-
         zient bewirtschaftet wird.             Entmistung, Reinigung, tägliche
                                                Routinearbeiten

         Kälberstall in Erding                  Der gesamte Stall kann mit einem Frontlader am
                                                Schlepper, bzw. mit einem kleineren Radlader ent-
       Der neu gebaute Kälberstall der Familie Schwim-  mistet und eingestreut werden, der mit einem
       mer in Erding war die erste Station. Die Wände   Kombigerät für beide Arbeitsgänge ausgestattet
       des Stalles bestehen aus Curtains, die aus der Mit-  ist. Einzeltiere und Tiergruppen, deren Bereich
       te heraus nach oben und/oder nach unten bewegt   entmistet werden soll, können einfach umgestallt
       werden können. Die planbefestigten Böden der   werden. Die Einzelboxen können zerlegt und ge-
       Einzel- und Sammelboxen sind mit einer spülba-  reinigt werden. Sie bestehen aus leichten Kunst-
       ren Harnrinne versehen, die dafür sorgen soll,   stoffelementen, die einfach zu handhaben sind.
       dass ein Teil des Harns, der nicht von der Einstreu   Sie sind seitlich geschlossen, damit die Luft bo-
       aufgenommen wurde, direkt abgeführt wird. Das   dennah im Tierbereich aus den Boxen (Einzel-
       Dach ist isoliert und kann z.B. aus Sandwichplat-  und  Sammelboxen)  in  der  vorgegebenen  Fließ-  Bild 2: Beurteilung der
       ten bestehen. Die Isolierung ist vor allem im Som-  richtung abfließen kann.      Einstreusituation nach Nesting
       mer wichtig. Der Stall ist für den Haltungszeit-                                  Score
       raum von der Geburt des Kalbes bis zum Alter   In diesem System ist Stroh wichtig. Deshalb gibt
       von 6 Monaten konzipiert. Als Planungsgröße   es zur Beurteilung der Einstreusituation „Nesting
       gelten mindestens 3 m /Tier (Bild 1).    Scores“, d.h. das Kalb soll in einem Strohnest lie-
                         2
                                                gen. Das ideale Nest wird mit 3 Punkten bewertet.
                                                Bei idealen Einstreubedingungen bildet sich um
       Klimatisierung des Stalles               den Körper ein isolierendes Kleinklima. Im Un-
                                                terschied zu den Verhältnissen im Kälberiglu oder
                                                unter einer Abdeckung, hat das Tier immer frische
       Phase 1: Der Lufteintritt in den Stall:  Luft. Vereinfacht könnte man zwar sagen, man
       Der Frischluftzutritt in den Stall erfolgt über einen   muss halt ausreichend einstreuen. Das bringt es
       Ventilator, der die Luft von außen ansaugt über   aber nicht ganz auf den Punkt, weil z.B. sehr kurz
       einen individuell angefertigten Schlauch. Die fri-  geschnittenes Stroh kein so ein schönes Nest bil-
       sche Luft tritt mit einer geringen Luftgeschwin-  det wie längeres Stroh. Eine besonders ideale
       digkeit aus dem Schlauch aus. In Abhängigkeit von   Nestsituation ist für neugeborene Kälber in der
       der Position des Schlauches im Stall werden die   Einzelbox notwendig (Bild 2 + 3).
       Luftmenge und die Luftgeschwindigkeit ebenso
       die Lochung (Größe der Löcher und die Position
       der Löcher im textilen Material) so abgestimmt,   Tierwohlpreis für die Kälberhaltung
       dass die Frischluft mit 0,3 m/sec. in den unmittel-
       baren Tierbereich gelangt. Natürlich nicht punk-  Der Betrieb hat 2018 den Tierwohlpreis in Bayern   Bild 3:
       tuell, sondern als eine gleichmäßige Luftbewe-  erhalten. Inzwischen liegen 2 Jahre Erfahrung mit   Beim Nesting Score 3 sind die
       gung. Die Luft wird eher gedrückt, als geblasen.  der Bewirtschaftung des Stalles vor. Die Kälber   Beine beim liegenden Kalb im
                                                präsentieren sich vital und bestens entwickelt.   Stroh nicht mehr sichtbar. (Bild:
                                                                                         Claudia Schäuffele, RP Karlsruhe)
       Phase 2: der Luftaustritt aus dem Stall:
       Die „verbrauchte“ Luft (bestehend aus der Aus-
       atemluft, Staub, Gerüche und Feuchtigkeit aus der
       Mistmatratze) muss nun den Stall schnell und voll-
       ständig verlassen. Die Be- und Entlüftung des Sys-
       tems ist darauf ausgelegt, dass in 1 h das gesamte
       Luftvolumen mindestens 4 mal ausgetauscht wird.
       Das gilt für die Bedingungen im Winter, wenn die
       Jalousien weitgehend geschlossen sind. Um die
       Luftführung im Stall an unterschiedliche Witte-
       rungssituationen anzupassen, ist das Schlauchbe-
       lüftungssystem mit einer automatischen Tempera-
       tursteuerung versehen.






       Landinfo 3 | 2019                                                                                     51
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