Page 43 - Landinfo Heft 4/2018 Schwerpunkt Gemüse
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Pflanzen- und Tierproduktion
Harald Schneller und Dr. Mareile Zunker
Mikroorganismen – die geheime Macht im Boden
In der integrierten Produktion bzw. beim integrierten Pflanzenschutz gilt es, alle vorbeugenden
kulturtechnischen, mechanischen und biologischen Maßnahmen zu ergreifen, um die Kulturpflanzen
gesund zu erhalten und den chemischen Pflanzenschutz auf das notwendige Maß zu beschränken.
Neben den vielen kulturtechnischen Maßnahmen spielen auch direkte oder indirekte biologische
Maßnahmen eine Rolle. Nicht sichtbar und deshalb oft nicht beachtet sind die vielen Mikro-
organismen im Boden, ohne die ein erfolgreicher Anbau von landwirtschaftlichen Nutzpflanzen nicht
denkbar wäre. Die Schonung und die Förderung dieser Mikroorganismen stehen im Sinne eines
vorbeugenden Pflanzenschutzes in den letzten Jahren unter besonderer Beachtung von Wissenschaft
und Forschung.
m Fokus der Forschung stehen dabei selek- spiel für einen erfolgreichen Soja-Anbau not-
Itive wachstumsfördernde Mikroorganismen wendig sind.
(MO). Diese MO können zum Teil Bestand-
teil von Düngemitteln als pflanzenbauliche Aus dem großen Reich der Pilze gibt es be-
Maßnahme sein und damit dem Düngermit- reits zahlreiche Produkte, die meist Tricho-
telrecht unterliegen, einerseits oder anderer- derma-Pilze enthalten. Vor allem aber spielen
seits als Bestandteil eines Pflanzenschutzmit- Mykorrhiza-Pilze eine zunehmend wichtige
tels mit einer gezielten Wirkung gegen eine Rolle im Pflanzenbau. Sie sind gleichzeitig
bestimmte Krankheit ausgelobt werden. In auch am bekanntesten.
dem Fall gilt dann das Pflanzenschutzgesetz.
Die Anwendung von selektierten, leistungs-
fördernden Mikroorganismen nimmt in der Was versteht man unter einer
Praxis zu. Vor allem im Gartenbau, beispiels- Symbiose mit Mykorrhiza-Pilzen?
weise in der Gemüseproduktion, werden leis-
tungsfähige Mikroorganismen bereits auf Unter natürlichen Verhältnissen bilden die
mehreren 100 ha angewandt. Mehrzahl der höheren Pflanzen intensive Le-
bensgemeinschaften (Symbiosen) mit ver-
schiedenen Wurzelpilzen aus (Feldmann,
Welche Mikroorganismen stehen zur 1998). Die Pilze scheiden Enzyme und orga-
Verfügung? nische Säuren aus, mit denen die Pflanzen-
wurzeln Makro- und Mikronährstoffe sowie
Zur Anwendung von MO werden im Handel Wasser besser aufnehmen können. Die Pflan-
Bodenhilfsstoffe angeboten, die zur Gruppe zen ihrerseits produzieren durch die Photo-
der Bakterien und Pilze zählen. Bei den Bak- synthese Zucker- und Stärkeassimilate, die sie
terien handelt es sich beispielsweise um selek- den Pilzen als Nahrung zur Verfügung stellen.
tierte Stämme von Bacillus amyloliquefaciens Diese Symbiose von Pflanze und Pilz ist für
oder um fluoreszierende Pseudomonaden beide Partner förderlich und wird als mutua-
Pseudomonas fluorescens. Das sind pflan- listische Lebensweise bezeichnet.
zenwachstumsfördernde Rhizobakterien,
besser bekannt unter dem englischen Begriff
„Plant-Growth Promoting Rhizobacteria Welche Formen von Mykorrhiza-
(PGPR). Ebenfalls zu den Bakterien gehören Pilzen gibt es?
die stickstofffixierenden Knöllchenbakterien
(Rhizobien), die in einer Lebensgemeinschaft Die häufigste Form ist die arbuskuläre My-
(Symbiose) mit Leguminosen leben. Gehan- korrhiza, die bei über 80 Prozent der krauti-
delt werden Produkte, die selektierte und leis- gen und verholzenden Pflanzen, darunter
tungsfähige Stämme enthalten, die zum Bei- vielen Kulturpflanzen, vorkommt. Bei der
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