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Schwerpunktthema: Schafe
Schafbestände heute Haupterwerbsschäfereien aber auf die ange-
spannte wirtschaftliche Lage in der Schafhal-
Nachdem die Schafbestände in Baden-Würt- tung zurückzuführen. Dies hat zur Folge,
temberg wie auch in ganz Deutschland in den dass so manche Erwerbsschäferin oder -schä-
ersten 10 Jahren dieses Jahrtausends ver- fer heute keine Nachfolge findet. Vor allem
gleichsweise stark zurückgegangen waren, die seit 2008 anhaltend gestiegenen Betriebs-
fallen sie in den letzten 12 Jahren in Baden- mittelkosten (Futter, Energie) erschweren es
Württemberg nur noch leicht (Tab. 1). Ein- der Schafhaltung in die Gewinnschwelle zu
schließlich der seit 2011 aus der offiziellen gelangen.
Erhebung herausgefallenen großen Zahl der
Kleinschäfer (< 20 Schafe) wurden 2018 in Der Gesamterlös in der deutschen Schafhal-
Deutschland rund 20.000 und in Baden- tung wird zu fast 60 % durch öffentliche Zu-
Württemberg etwa 3.000 Schafhaltungen re- wendungen getragen (v. korn und völl
gistriert (v. korn 2018). Die wenigsten davon 2021). Trotz dieser Förderungen und Prämi-
verdienen ihr Geld hauptsächlich mit Scha- en für die ökologischen Leistungen durch die
fen. Gemäß des Bundesverbandes der Be- Beweidung liegen Arbeitszeitentlohnung und
rufsschäfer e. V. werden Betriebe mit mehr als Betriebseinkommen der Erwerbschäfereien
300 Schafen als Haupterwerbsbetrieb einge- im Vergleich zum Mittel aller anderen land-
stuft (bbs 2024). wirtschaftlichen Betriebe unterdurchschnitt-
lich. Aufgrund der meist geringen Futterer-
Im Jahr 2006 registrierte man in Baden-Würt- träge auf Hutungen bzw. Kalkmagerrasen
temberg noch einen Gesamtschafbestand gehen einige Schäfereien heute dazu über, die
von 315.700 Tieren auf 4.200 Betrieben mit Mutterschafe lediglich als Landschaftspfleger
ca. 260 Haupterwerbsbetrieben (rösch et al. einzusetzen und keine Lämmer aufzuziehen.
2007). Anschließend gingen die Bestände Damit wird zwar die Einnahmequelle „Läm-
deutlich zurück, was u.a. mit der Umwidmung merverkauf“ aufgegeben, doch die Gegen-
der Mutterschafprämie in eine entkoppelte sätzlichkeit von geringer Futterverfügbarkeit
Flächenprämie im Zuge der Gemeinsamen auf den Pflegeflächen einerseits und höhe-
Agrarpolitik (GAP) 2004 in Zusammenhang rem Futteranspruch von Lämmern und säu-
gebracht wird. Der Anreiz zur Haltung gro- genden Mutterschafen andererseits wird da-
ßer Mutterschafzahlen war in Folge dessen durch umgangen. Auch der damit verbunde-
gemindert. ne geringere Arbeitseinsatz spielt eine Rolle.
Mit 212.000 Schafen (inkl. der ca. 3.100 Die Schafhaltung kann in Baden-Württem-
Milchschafe) weist Baden-Württemberg heu- berg wie auch in anderen Teilen Deutschlands
te nach Bayern den zweithöchsten Schafbe- zukünftig nur dann all ihre gesellschaftlich
stand in Deutschland auf, was noch einmal relevanten Leistungen erbringen, wenn loh-
den Südwesten als bedeutendes Schäferland nenswerte Einkommen erwirtschaftet wer-
herausstellt. Während kleine Koppelschafbe- den können. Erfreulicherweise konnten sich
triebe in der Vergangenheit stark zugelegt ha-
ben, macht der Rückgang von Berufsschäfe- Tab. 1: Entwicklung der Schafbestände in Baden-Württemberg und Deutschland
reien in Baden-Württemberg Sorge - ähnlich (Nov. Zählungen, berücksichtigt sind nur Betriebe > 20 Schafe)
wie im gesamten Bundesgebiet.
2011 2013 2015 2017 2019 2021 2023
Wirtschaftlichen Verhältnisse und Baden-Württemberg
Rahmenbedingungen Schafe insg. (in 1000) 221 216 214 213 215 208 212
2019 wurden in Baden-Württemberg nur Schafhaltende 1.400 1.300 1.400 1.300 1.300 1.300 1.260
Betriebe
noch ca. 110 Haupterwerbsschäfereien ge-
zählt, davon etwa 15 typische Wanderschäfer Deutschland
(bw 2019). Diese Angaben entsprechen auch Schafe insg. (in 1000) 1.668 1.570 1.580 1.580 1.556 1.508 1.600
etwa dem aktuellen Stand. Die Zahlen spie-
geln die teilweise schwierigen Verhältnisse Schafhaltende 10.400 10.100 9.900 9.900 9.400 9.700 9.550
wie z. B. knappe Winterweiden, begrenzte Betriebe
Triebwege oder die hohe Arbeitsbelastung
wider. Ganz wesentlich ist der Rückgang der Quellen: Stat. Landesamt Baden-Württemberg (2024), Stat. Bundesamt (2024), BMEL (2024)
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