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Pflanzen- und Tierproduktion
Abb. 1: Ein mobiles Stereokamerasetup mit GoPro Abb. 2: Hakenlose Köder, die in den Angelexperimenten verwendet wurden;
Hero 8 Kameras wurde vor jedem Versuchsbecken Quelle: Jorrit Lucas / LAZBW
installiert; Quelle: Jorrit Lucas / LAZBW
Ergebnisse der Köderbegegnung abnahm. Interessanter-
weise war dieses Lernen bei beiden Verhal-
tensgruppen gleich ausgeprägt, was auf einen
Verhaltensunterschiede einheitlichen Lernmechanismus hinweist.
Nach der Einwirkung des Stressors (plötzli-
che, stark erhöhte Lichtintensität) zeigten die In dieser Studie wurden jedoch keine signifi-
Hechte eine konsistente zweiteilige Reaktion kanten Unterschiede in der Reaktion der
auf die Beutetiere: Entweder sie attackierten "mutigen" oder "schüchternen" Hechte auf
trotz Stress sofort oder sie zögerten viele Se- die verschiedenen angebotenen Ködertypen
kunden. Diese Beobachtung führte zur Iden- festgestellt, selbst nicht bei einem extremen
tifizierung von zwei klar unterschiedlichen Köder mit Schockfarben. Weitere Untersu-
Räubertypen: die schnell reagierenden "muti- chungen mit einer breiteren Palette von Kö-
gen" und die langsamer reagierenden "schüch- dern oder Angeltechniken könnten hier zu-
ternen" Räuber. Diese Kategorisierung er- sätzliche Erkenntnisse liefern.
wies sich in drei wiederholten Verhaltensex-
perimenten, die innerhalb von 15 Tagen
durchgeführt wurden, als stabil. Köderhandling und Schwimmverhalten
Die Analyse des Köderhandlings (Umgang
mit dem Köder im Hechtmaul nach erfolgrei-
Simulierte Angelversuche cher Attacke) ergab, dass der natürliche tote
In einem weiteren Versuch wurden die Aus- Köderfisch wesentlich häufiger im Maul ge-
wirkungen der Angelfischerei auf die ver- halten wurde als die beiden Weichplastikkö-
schiedenen Räubertypen untersucht. Die der. Dies hat verschiedene Konsequenzen,
"mutigen" Hechte griffen dabei häufiger An- wie zum Beispiel in Bezug auf die Fängigkeit
gelköder an als die "schüchternen". Damit und mögliche Verletzungen. Wird mit einem
wird die Hypothese, dass Angeln einen selek- Naturköder gefischt, hat man theoretisch
tiven Druck auf bestimmte Verhaltenstypen mehr Zeit, um den Anbiss zu erkennen. So-
ausüben kann, bestätigt. Auch deckt sich die- mit kann sich der Fangerfolg pro Anbiss im
ses Ergebnis mit Feldstudien, die darauf hin- Vergleich zum Angeln mit einem Gummikö-
deuten, dass bestimmte Angeltechniken ge- der erhöhen. Allerdings könnte ebenfalls die
zielt auf Fische mit hohem Aktivitätsniveau Wahrscheinlichkeit einer Hakenverletzung
abzielen und somit möglicherweise die Zu- aufgrund des tieferen Verschluckens des Na-
sammensetzung der Bestände beeinflussen. turköders erhöht sein.
Zudem zeigten die Hechte ein effektives er- Die Schwimmleistung der Hechte in den Füt-
lerntes "Ködervermeidungsverhalten", wobei terungsversuchen mit lebenden Bachforellen
die Wahrscheinlichkeit eines Angriffs mit je- als Beute unterschied sich nicht zwischen den
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