Page 40 - Landinfo_ 1_2022_Klimawandel
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                                                                            Substrateigenschaften zudem gezielt für die
                                                                            vorgesehene Verwendung optimiert werden.
                                                                            Als Beispiel sei hier die Beimischung von Ton
                                                                            zur Erhöhung des Puffervermögens genannt.
                                                                            Die meisten der heute eingesetzten Substrat-
                                                                            ausgangsstoffe können Torf allerdings nur zu
                                                                            bestimmten Anteilen ersetzen. So limitiert die
                                                                            N-Immobilisierung die Beimischung von
                                                                            Holzfasern auf 20 bis 40 Volumenprozent.
                                                                            Gleiches gilt für Kompost und Rindenhumus,
                                                                            wobei hier die hohen Nährstoffgehalte ein-
                                                                            schränkend wirken. Gärprodukte als Reste
                                                                            aus der Biogasanlage weisen noch höhere
                                                                            Nährstoffgehalte und eine geringe Struktur-
                                                                            stabilität auf, so dass diese kaum von der Sub-
                                                                            stratindustrie eingesetzt werden.

                                                                            Bei der Verwendung von torfreduzierten Sub-
         Bild 5: Viele Topfkräuterbetriebe arbeiten bereits heute mit einem niedrigen Torfanteil auf großer   straten ist generell zu beachten, dass vielfach
         Kulturfläche. Mit Gelbbändern sollen Trauermücken abgefangen werden; Quelle: LVG Heidelberg
                                                                            die Kulturverfahren angepasst werden müs-
                                                                            sen oder zumindest in der Anfangsphase der
                                  aus Nadelholzrinden vor mehr als 30 Jahren   Kontrollaufwand hinsichtlich Düngung und
                                  deren Deponierung vermieden. Ähnliches    Bewässerung höher ist. Dieser erhöhte Auf-
                                  gilt für Kompost, wobei nur Grüngutkom-   wand wird bislang von den Gartenbaubetrie-
                                  post als Substratausgangsstoff geeignet ist.   ben vielfach gescheut. Zudem stehen die ein-
                                  Bioabfallkompost findet aufgrund sehr hoher   gesetzten alternativen Ausgangsstoffe auf-
                                  Nährstoff- und Salzgehalte in Kultursubstra-  grund von zunehmender Ressourcenkonkur-
                                  ten keine Anwendung. Durch die Kombinati-  renz mit Biogasanlagen oder der thermischen
                                  on verschiedener Ausgangsstoffe können die   Verwertung derzeit häufig nicht in ausrei-
                                                                            chender Menge, in der erforderlichen Quali-
                                                                            tät und zu einem wirtschaftlich konkurrenz-
                                                                            fähigen Preis zur Verfügung.
            Torfreduktion im Betrieb Friedrich
            In Anlehnung an das Projekt TerZ wurde mit dem Betrieb Friedrich in Friedrichs-
            hafen versucht, bei der Besenheide (Calluna vulgaris) den Torfeinsatz um 20 %   Transport in die Praxis
            zu reduzieren. Der Torf wurde hier durch den betriebseigenen Kompost ersetzt.
            Die Herausforderung dabei war, den zu hohen pH-Wert des Komposts für die   Zahlreiche Untersuchungen an der LVG Hei-
            natürlich in Mooren vorkommende Pflanze anzupassen. Da der Betrieb zusätz-  delberg und anderen Versuchsanstalten ha-
            lich hartes Gießwasser einsetzt, haben wir uns für die pH-Anpassung mit ge-  ben gezeigt, dass eine Vielzahl verschiedener
            körntem  Schwefel  entschieden.  Schwefel  kann  den  Kalkeintrag  durch  den   Pflanzenarten in stark torfreduzierten oder
            Kompost  ausgleichen  und  durch  die  gekörnte Variante  hofften  wir  auf  eine   sogar torffreien Substraten in einer vergleich-
            Langzeitwirkung, um den Kalkeintrag durch das Gießwasser über die Kultur-  baren Qualität wie in üblichen Torf- oder
            dauer abzufangen.                                               Torf-Ton-Substraten kultiviert werden kann.
            Als Varianten wurden 0 g Schwefel für die Kontrolle und 0,8 g, 1,0 g, 1,2 g und   Diese Versuche fanden stets im engen Aus-
                                                                            tausch mit der Substratindustrie und in enger
            1,5  g  festgelegt.  Der  pH-Wert  bei  Kulturstart  (07.04.2020)  betrug  5,0  bei  der   Abstimmung auf Landes- (Offizialberatung
            Kontrollgruppe  und  4,6  –  4,8  bei  den  Schwefelvarianten.  Bei  Kulturende   in Baden-Württemberg, SfG Stuttgart-Ho-
            (16.09.2020) wurde ein pH-Wert von 7,3 bei der Kontrollgruppe festgestellt und   henheim) und Bundesebene über die Ver-
            die Varianten mit Schwefel lagen bei 6,6 – 7,1.                 suchskoordinierung im Gartenbau statt.
            Betrachtet man diese Messwerte, würde man nur einen geringen Unterschied
            vermuten. Oberirdisch schien das auch der Fall zu sein. Alle Pflanzen waren   Es gilt nun, das Wissen in der Praxis umzuset-
            vermarktungsfähig und es konnten keine merklichen Unterschiede festgestellt   zen, wie zum Beispiel im Rahmen des vom
            werden. Bei der Bonitur auf Durchwurzelung und Wurzelvitalität zeigte sich al-  Bundesministerium für Ernährung und
            lerdings eine deutliche Verbesserung bei den Schwefelvarianten.  Landwirtschaft (BMEL) finanzierten Modell-
                                                                            und Demonstrationsvorhabens „Einsatz von
                                       Mathias Reindl, SfG Stuttgart-Hohenheim  torfreduzierten Substraten im Zierpflanzen-
                                                                            bau (TerZ)“. Das TerZ-Projekt läuft seit April



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