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Problemstellungen und Lösungsansätze





          Für das Aufstellen von festen Zäunen ist weiteres Spezial-  Gefahr der Eutrophierung?
          werkzeug notwendig. Soll ein Festzaun aufgestellt werden,
          müssen je nach gewähltem Zaunformat und Bauart ver-   40 Jahre Offenhaltungsversuche in Baden-Württemberg
          schiedene Verankerungen der Pfosten durchgeführt wer-  (LEL 2016) zeigen keine durch Mulchen bedingte (Auf-)
          den. Genauere Informationen hierzu siehe Kapitel 6.5.3   Düngung von Grünland auf. Die im Schnittgut enthaltene
          Zäune.                                                Nährstoffmenge wird recycelt, und dies mit einem gewissen
                                                                Nährstoffschwund bei der Abbaupassage über die Boden-
          Auf manchen Teil- / Flächen ist zu einem späteren Zeit-  lebewesen.
          punkt das Mähen bzw. Mulchen notwendig. Wenn die Schaf-
          herde mit den mitgeführten Ziegen die Weide nur selektiv   Klar ist aber auch, dass es zu keiner Aushagerung in dem
          und nicht komplett kurz gefressen hat, besteht die Gefahr   Ausmaß kommt wie beim Mähen mit Abfuhr des Erntema-
          von wieder aufkeimenden Gehölzen, wie z.B. der Schlehe,   terials, wenn keine Ausgleichsdüngung erfolgt oder wie bei
          oder der Verfilzung der Grasnarbe. Auch kann vertrockne-  einer Beweidung mit Auspferchen und ebenfalls keiner
          tes, nicht abgefressenes Gras die Futterqualität im Folgejahr   Nährstoffrückfuhr durch Festmistdüngung aus der Stallhal-
          negativ beeinflussen.                                 tungsphase. Bei all diesen Varianten ist zudem der Nährstof-
                                                                feintrag aus Luftdepositionen zu berücksichtigen, wenn es
          Wird dorniges Gebüsch gemulcht, so bedarf es einer zwin-  darum geht, die Belastungsgrenzen für naturschutzwichtige,
          genden Absprache (Kommunikation, vgl. Kapitel 5) zwi-  nährstoffsensible Extensivstandorte einzuschätzen.
          schen LEV und Schäferei und dem Fahrer bzw. der Fahrerin
          des Mulchgerätes. Zurückbleibende Dornen o.ä. können zu   Es wird auf das Fallbeispiel Nr. 5 auf Seite 47 verwiesen.
          Problemen bei den Schaf- und Ziegenklauen führen. Vor
          dem Mulchen einer Fläche muss geklärt werden, wann die
          letzte Beweidung einer Fläche stattfindet.            6.6.4  Reaktivierung ehemaliger Waldweideflächen /
                                                                      Hutewälder
          Mittlerweile sind über Dienstleistungsunternehmen ver-
          mehrt unbemannte, ferngesteuerte Mäh- bzw. Mulchraupen   Die Generierung zusätzlicher Weideflächen im Übergangs-
          verfügbar, die sich gerade bei Hanglagen gut bewähren und   bereich Offenland-Wald stellt eine zusätzliche, jedoch flä-
          bei großen Flächen gegenüber handgeführten Motorsensen   chenmäßig begrenzte Option dar. Rechtlich ist die Wieder-
          eine deutlich Kosteneinsparung bedeuten.              nutzung / Reaktivierung von ehemaligen Waldweiden in-
                                                                zwischen leichter geworden. Diese Form der Schafhaltung
                                                                ist als ursprünglichste zu definieren. Die heute durch das
                                                                Landeswaldgesetz verbotene Haltungsform wurde bis ins
                                                                19. Jahrhundert praktiziert, wodurch z. T. noch bestehende
                                                                Hutewälder vorhanden sind. Hier ist naturschutzfachlich
                                                                eine Nutzung oftmals erwünscht, um die historische Land-
                                                                nutzungsform erhalten zu können (Infodienst Landwirt-
                                                                schaft BW 2016a).

                                                                Für den Landkreis Heidenheim wird das Vorkommen von
                                                                naturschutzfachlich hochwertigen Schafweiden mit 1.700
                                                                ha beziffert. Infolge des landwirtschaftlichen Strukturwan-
                                                                dels sind in den letzten Jahrzehnten viele Hektar ehemals
                                                                durch Beweidung offengehaltener Flächen durch Auffors-
                                                                tung oder Sukzession zu Wald geworden. Formal sind diese
                                                                Flächen Wald im Sinne des Gesetzes und dürfen nur im
                                                                Rahmen einer Umwandlungsgenehmigung durch die höhe-
                                                                re Forstbehörde ausgestockt werden. Sofern es sich um
                                                                Flächen aus Sukzession handelt, die wieder in einen hoch-
                                                                wertigen Offenland-Biotoptyp überführt werden können,
                                                                kann das Verfahren zur vereinfachten Waldumwandlung
                                                                von Waldsukzessionsflächen aus naturschutzfachlichen
                                                                Gründen zur Anwendung kommen (LUBW 2016e).

                                                                Darüber hinaus kann über die Reaktivierung ehemaliger
          Abbildung 53:  Hutewaldprojekt Stockert im Lonetal mit Verbiss-  Hutewaldungen ggf. zusätzliche  Weidefläche geschaffen
          schutz; Foto: Strobl                                  werden. Bei der Forstverwaltung hat sich in den vergange-





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