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Problemstellungen und Lösungsansätze





                                                                Ein zusätzliches Weidefutterpotential auch für Schäfereibe-
                                                                triebe kann sich über die Vorbeweidung im zeitigen Früh-
                                                                jahr oder Herbstnachweide von artenreichen Wiesen erge-
                                                                ben. Wenn auch bei den als Heuwiesen bekannten artenrei-
                                                                chen Grünland und FFH-Mähwiesen (Lebensraumtyp 6510
                                                                Magere Flachland-Mähwiesen) eine Beweidung in den letz-
                                                                ten Jahren mitunter kritisch gesehen wurde, gehen Auswer-
                                                                tungen der historischen Nutzung von einer verbreiteten
                                                                Weidevor- oder -nachnutzung aus (Kapfer 2010). Bei Flä-
                                                                chenknappheit und vorhandener Gebietskulisse kann ein
                                                                Gespräch zwischen Schäfereibetrieb, Flächeneigentümer
                                                                bzw. -eigentümerin, Naturschutzbehörde und Landschafts-
                                                                erhaltungsverband über die Wiederaufnahme dieser Bewirt-
                                                                schaftungspraxis sinnvoll sein. Für weitere Informationen
                                                                wird auf die Seiten der LUBW verwiesen .
                                                                                                   22
                                                                Miteinander im Gespräch sein

                                                                Generell ist die Bereitstellung von ausreichendem Weide-
                                                                land für einen Schäfereibetrieb mit einem hohen und regel-
                                                                mäßigen Kommunikationsaufwand mit vielen Landwirt-
          Abbildung 51:  Im Spätherbst ausgebrachte Gärreste und Gülle   schaftsbetrieben, Flächeneigentümern und -eigentümerin-
          lassen diese Flächen lange als Winterweide für die Schäferei
          ausfallen; Foto: LEV Heidenheim                       nen und Kommunen verbunden. Gesprächsbereitschaft
                                                                und Verlässlichkeit sind sehr wichtig. Ortstermine, Mitarbeit
                                                                in Gremien des landwirtschaftlichen Berufsstands auf Orts-
                                                                und Kreisebene, Termine mit Kommunen aber auch kleine
          6.6.2  Futterflächen                                  jährliche Feste / Essenseinladungen eines Schäfereibetriebs
                                                                an seine Verpächter und Verpächterinnen haben sich zur
          Die Nutzbarkeit des Aufwuchses von Zwischenfruchtflä-  Kontaktpflege bewährt.
          chen mit Förderung über das Agrarumweltprogramm
          FAKT oder von Ökologischen Vorrangflächen im Zuge des
          Greenings der EU-Direktzahlungen hängt auch von förder-  6.6.3  Wiederherstellung ehemaliger Weideflächen
          rechtlichen Auflagen ab. Ökologische Vorrangflächen dür-
          fen mit Ziegen und Schafen beweidet werden. Bei den   Der ab 1850 beginnende und nach dem 2. Weltkrieg ver-
          FAKT-geförderten Zwischenfruchtflächen (FAKT-Maß-     stärkt einsetzende Strukturwandel führte dazu, dass immer
          nahmen E1.1 Herbstbegrünung und E1.2 Begrünungsmi-    mehr Heiden – besonders in steilen Hanglagen und in ab-
          schungen) ist die Beweidung durch Wanderschäfereibetrie-  gelegenen Bereichen – nur noch unregelmäßig oder gar
          be zulässig. Von einer Brachebegrünung mit Blühmischun-  nicht mehr beweidet wurden. Um jedoch wenigstens Reste
          gen nach FAKT E2.1 darf der Aufwuchs nicht als Futter   der einst weitläufig vorhandenen Heiden erhalten zu kön-
          genutzt werden, auch nicht bei Anrechnung als ÖVF (E2.2).   nen, müssen möglichst große Teile dieser Sukzessionsflä-
          Auch eine Beweidung durch Schafe oder Ziegen ist nicht   chen durch frühzeitige Pflege offen gehalten werden. Die
          zulässig. Eine Beweidung des Aufwuchses dieser Begrünun-  Öffnung von ehemaligen Weideflächen stellt nicht nur eine
          gen würde den Zielen – Bereitstellung von Blühflächen und   gute Möglichkeit für Schäfereibetriebe dar, zusätzliche Wei-
          somit Nahrung für Insekten u.a. – entgegenstehen. In den   deflächen zu generieren, sondern mehrt den potenziellen
          Blühmischungen sind zudem auch toxisch wirkende Pflan-  Lebensraum für Fauna und Flora der Trocken-Habitate.
          zenarten vorhanden. Aktuell rechtsverbindliche Auskunft
          erteilt die ULB.                                      Planung

          Mitunter bemängeln Schäfereibetriebe die für eine Schafbe-  Ist eine Öffnung und Wiederherstellung einer ehemaligen
          weidung nur eingeschränkt geeignete Sortenzusammenset-  Schafweide (= Erstpflege) möglich, so ist zu berücksichti-
          zung mancher Begrünung. Die Begrünungen werden i. d. R.   gen, dass die (langjährige) Folgenutzung bzw. -pflege gere-
          von den landwirtschaftlichen Betrieben nicht mit dem Ziel   gelt und gesichert ist. Bevor eine ehemalige Schafweide re-
          der Futternutzung für Schafe und Ziegen angelegt. Die z. B.   stauriert wird, sollte die anschließende Beweidung durch
          bei FAKT-Förderung zulässige Schafbeweidung bestimm-  Schaf- oder Ziegenhaltung für zumindest fünf Jahre (abge-
          ter Begrünungen ist deshalb nur als ein akzeptierter positi-
          ver Nebeneffekt für die Schafhaltung anzusehen.       22  http://www.fachdokumente.lubw.baden-wuerttemberg.de/servlet/
                                                                is/106302/Infoblatt_FFH-Wiese_2015.pdf?command=downloadContent&file
                                                                name=Infoblatt_FFH-Wiese_2015.pdf



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