Page 40 - Landinfo Heft 2/2018 Schwerpunkt 150 Jahre Weinsberg
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Gartenbau und Sonderkulturen













   Fotos: O. Zimmermann









                                   naue Risikoanalyse als Einschätzung des Ge-  die Art charakteristischer Abschnitt (Cyto-
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          Bohrlöcher im Verpackungsholz.  fahrenpotentials des „Neuankömmlings“   chrome c oxidase I) der mitochondrialen
                                   kann allerdings erst dann erfolgen, wenn eine   DNA (mtDNA) mit DNA-Referenzen aus
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          Befallsbild Bohrmehl     Art als solche identifiziert wurde.      einer Online-Datenbank abgeglichen.
          Sinoxylon sp.                                                     Kommt es dabei zu einer Übereinstimmung,
                                                                            handelt es sich mit hoher Wahrscheinlichkeit
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          Monochamus alternatus      Schwierigkeiten bei der Diagnose       um jene Art, die als Referenz in der Daten-
          Asiatischer Bockkäfer (Schlupf                                    bank hinterlegt wurde. Leider werden auf den
          aus Palettenholz).       Dabei gestaltet sich die Identifikation nicht-  bekannten Datenbanken wie z.B. BOLD nur
                                   heimischer Arten in vielen Fällen sehr schwie-  sehr unselektiv Referenzen gebildet. Andere
                                   rig. Denn zur Bestimmung einer „exotischen“   Datenbanken wie z.B. NCBI verfügen zwar
                                   Art bedarf es „exotischer“, mitunter asiati-  über entsprechende DNA-Referenzen, unter-
                                   scher  Bestimmungsliteratur, die sich dieser   liegen jedoch teilweise keiner notwendigen
                                   auch annimmt. Nicht selten ist diese in   Qualitätskontrolle. Fehlerraten von bis zu
                                   Fremdsprache verfasst und durch ihre wis-  20 % in Gendatenbanken, weil die Tiere vor
                                   senschaftliche Detailliertheit für den Prakti-  dem Barcoding falsch bestimmt wurden, sind
                                   ker, der auf ein schnelles Ergebnis aus ist,   ein großes Problem. Molekulare Referenzen
                                   unbrauchbar.                             jener Arten, die speziell an Verpackungsholz
                                                                            vorkommen, gibt es zu diesem Zeitpunkt da-
                                   Ein weiteres Problem besteht bei der mikro-  her nur in eingeschränkter Form. Sie müssen
                                   skopischen Diagnose, wenn das zu bestim-  neu erstellt werden, um auch Qualitätsstan-
                                   mende Material in einem schlechten Zustand   dards und Anforderungen der Akkreditie-
                                   (z.B. beschädigter Käfer) ist und morphologi-  rung in der Diagnose zu entsprechen. Das ist
                                   sche Merkmale, die für die Bestimmung not-  das Kernziel des laufenden Projektes.
                                   wendig sind, unwiederbringlich zerstört wur-
                                   den. In diesem Fall kann eine molekulare
                                   Identifikation (DNA-Barcoding) zum Ziel    Frage nach der Ausbreitungsdynamik
                                   führen. Genauer gesagt wird hierbei ein für
                                                                            Nicht immer gelingt es, Befallsholz direkt am
                                                                            Importhafen zu detektieren und abzufangen.
                                                                            Die importierte Ware wird dann mit dem in-
                                                                            fizierten Verpackungsholz in das Inland
                                                                            transportiert. Dort kann die bis dato gebiets-
                                                                            fremde Art unter Umständen in das Freiland
                                                                            geraten und sich im schlimmsten Fall unter
                                                                            den richtigen Bedingungen (z.B. Klima,
                                                                            Wirtsspektrum) im Freiland ansiedeln. Treten
                                                                            nun mehrere Funde einer neuen Art an unter-
                                                                            schiedlichen Standorten auf, stellt sich die
                                                                            Frage, ob die verschiedenen Fundstellen un-
                                                                            abhängig voneinander eingeschleppt wurden
                                                                            oder ob es sich um ein einzelnes Einschlep-
                                                                            pungsevent handelte. Letzteres würde dafür





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