Page 50 - Landinfo Ausgabe 2-2022
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Betrieb und  Markt





                                   beim ökologischen Anbau von HGP in       be im Regierungsbezirk Freiburg (Abb. 2).
                                   Deutschland an zweiter Stelle nach Bayern   Die größte Anbaufläche und die meisten Be-
                                   (116 Betriebe, 696 ha) und vor Hessen (56   triebe weist das Statistische Landesamt Ba-
                                   Betriebe, 202 ha). Baden-Württemberg er-  den-Württemberg im Regierungsbezirk Stutt-
                                   reicht damit im Jahr 2020 einen Öko-Anteil   gart aus: Im Jahr 2020 wurden dort ÖKO-
                                   unter den Betrieben mit HGP von 46,3  %   HGP auf 155 ha von 23 Betrieben angebaut.
                                   und an HGP-Fläche mit 49,5  % (Deutsch-  Dies entspricht einem Anteil von 71  % der
                                   land: Betriebe 35,6 %; Fläche 20,9 %).   ÖKO-HGP-Fläche in B-W und 34  % der
                                                                            ÖKO-HGP-Betriebe. Im Regierungsbezirk
                                   Während die Öko-Anbaufläche von HGP in   Freiburg hingegen wird bei beinahe gleicher
                                   Deutschland insgesamt zunimmt (um 42 %   Anzahl der Betriebe (21 Betriebe; 31 %) eine
                                   von 2016 auf 2020) ist die Entwicklung in   sehr viel kleinere Gesamtfläche mit ÖKO-
                                   Baden-Württemberg nahezu abgekoppelt (1   HGP angebaut (13 ha). Dies sind 6  % der
                                   %). Auch die Anzahl der Betriebe wächst in   ÖKO-HGP Gesamtfläche  in  Baden-Würt-
                                   Baden-Württemberg mit 26  % weniger stark   temberg.
                                   als im Bundesvergleich (57 %). Starke Wachs-
                                   tumsländer des Ökoanbaus von HGP sind
                                   Sachsen-Anhalt, Hessen und Bayern und      Einflussfaktoren
                                   Rheinland-Pfalz, damit alle direkten Nach-
                                   barn Baden-Württembergs. Anhand der GA-  Deutschland ist eines der führenden Im- und
                                   Daten aus der Sonderauswertung der Landes-  Export-Länder von Heil- und Gewürzpflan-
                                   anstalt  für  Landwirtschaft,  Ernährung  und   zen. Ein verschärfter nationaler und interna-
                                   Ländlichen Raum (LEL) lässt sich die Situati-  tionaler  Wettbewerb  und  eine  zunehmende
                                   on in Baden-Württemberg auf dem Zeitstrahl   Flächen-Konkurrenz mit anderen Kulturen
                                   2010 bis 2020 darstellen (Abb. 1).       rahmt die Situation und die Zukunft des öko-
                                                                            logischen Anbaus von HGP in Baden-Würt-
                                   Kennzeichnend für den Anbau in Baden-    temberg. Der Anbau von Heil- und Gewürz-
                                   Württemberg ist, dass                    pflanzen ist kein Selbstläufer oder Garant für
                                                                            ein wirtschaftlich erfolgreiches Standbein in
                                   •  Heil- und Gewürzpflanzen meist ein klei-  der Landwirtschaft.
                                     nes zusätzliches Standbein sind oder im
                                     Versuchsanbau und zur „Liebhaberei“ an-  Der Anbau von Heil- und Gewürzpflanzen in
                                     gebaut werden,                         Baden-Württemberg ist sehr vielfältig, ar-
                                                                            beitsintensiv und häufig Handarbeit. Typisch
                                   •  oft mit dem Anbau von anderen Feld- und   für Baden-Württemberg sind kleine und mitt-
                                     Marktfrüchten (Dauerkulturen), Acker-  lere Betriebsgrößen, eine lange Tradition und
                                     land oder Grünland kombiniert ist,     ein schwer zugängliches Spezialwissen. Der
                                                                            Wissenstransfer von einzelbetrieblicher Seite
                                   •  die junge Generation (unter 35 Jahre) unter   mit hohem Spezialwissen an Newcomer oder
                                     den Anbauer:innen von Heil- und Ge-    Mitwettbewerb bleibt angesichts von Markt-
                                     würzpflanzen häufiger  eine ökologische   eintrittsbarrieren oft unzureichend oder miss-
                                     Produktionsausrichtung präferiert.     lingt. Die kleineren Betriebe fallen oft durch
                                                                            das Raster der Erfassungsgrenzen der Agrar-
                                   Die meisten Betriebe mit Anbau von HGP in   statistik - und von Fördermaßnahmen. Es
                                   Baden-Württemberg wirtschaften im Jahr   besteht speziell auf Baden-Württemberg be-
                                   2020 im Haupterwerb (HGP-gesamt: Voll-   zogener Forschungsbedarf angesichts der
                                   zeit: 61,2 %; Teilzeit: 38,8 %). Fast die Hälfte   vielzähligen Kulturen und Pflanzenarten und
                                   im ökologischen HGP-Anbau arbeitet indes   den unterschiedlichen Standortbedingungen
                                   in  Teilzeit  oder  im  Nebenerwerb  (HGP-  in Baden-Württemberg sowie einer mögli-
                                   ÖKO: Vollzeit: 51,5 %; Teilzeit: 48,5 %).  chen Inkulturnahme nichteinheimischer
                                                                            Pflanzen.
                                   Die Situation des ökologischen Anbaus von
                                   Heil- und Gewürzpflanzen unterscheidet sich   Hoher Flächenbedarf aufgrund der benötig-
                                   innerhalb Baden-Württembergs erheblich.   ten Mengen und niedrige Marktpreise im glo-
                                   Auffällig sind die Regional-Cluster mit weni-  balen Wettbewerb von HGP sind oft stark
                                   gen großen Anbaubetrieben im Regierungs-  limitierende Faktoren für den ökologischen
                                   bezirk Stuttgart und viele kleine Anbaubetrie-  Anbau oder die Herkunft aus Baden-Würt-



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