Page 7 - Info 4_2022 E-Paper final
P. 7
Reduktionsstrategie von Pflanzenschutzmitteln
Simone Kretz, Wilfried Beck, Michael Haltmaier,
Thomas Köninger, Karl-Otto Sprinzing, Markus
Ullrich, Jonathan Wenz, Andreas Willhauck,
Julian Zachmann
Mehr Vielfalt durch weniger
chemisch-synthetischen
Pflanzenschutz
Demobetriebe in Baden-Württemberg machen
ihren Kollegen Mut zur durchdachten
Pflanzenschutzmittelreduktion
Abb. 1: Räumliche Verteilung der Betriebe des Demonetzwerks der
Pflanzenschutzmittelreduktion; Quelle: LTZ Augustenberg
Bis zu 50 % weniger chemisch-synthetischer Pflanzenschutz, dafür alternative Bewirtschaftungswege
und noch mehr Vielfalt auf den Äckern, in den Obstanlagen und Weinbergen – aber auch im öffentli-
chen Grün und in den Haus- und Kleingärten: Das Biodiversitätsstärkungsgesetz stellt den Pflanzen-
schutz in Baden-Württemberg vor einen großen Wandel. Gleichzeitig öffnen sich neue Chancen für die
Bewirtschafter. Um die Ziele des ambitionierten Gesetzes zu erreichen, gibt es seit zwei Jahren ein
breit gefächertes Netzwerk von Demonstrationsbetrieben im Land (Abb. 1). Diese sollen in enger Ab-
stimmung mit der Beratung vielfältige Strategien zur Pflanzenschutzmittelreduktion erarbeiten, deren
Praxistauglichkeit testen und als Multiplikatoren ihren Nachbarn und Berufskollegen im Laufe der
Jahre Mut zu neuen Wegen und einer durchdachten Reduktion machen.
eniger ist manchmal mehr: Ein redu- derung des Naturschutz- und des Landwirt-
Wzierter chemisch-synthetischer Pflan- schafts- und Landeskulturgesetzes in Kraft.
zenschutz bedeutet nicht nur einen teilweisen
Verzicht, sondern auch einen Zugewinn auf Die beiden Kernziele sind die Reduktion des
anderen Ebenen. In den vergangenen Jahr- chemisch-synthetischen Pflanzenschutzes Logo der Pflanzenschutzmittelre-
zehnten ist sowohl die Vielfalt als auch die um 40 bis 50 Prozent in der Menge bis zum duktion
Menge an Insekten und Vögeln in Deutsch- Jahr 2030 sowie gleichzeitig der Ausbau des
land zurückgegangen – ebenso wie in anderen ökologischen Landbaus auf 30 bis 40 Prozent
Ländern. Der Verlust an Biodiversität hat der landwirtschaftlichen Nutzfläche, was in
vielschichtige Gründe, von denen einer die etwa einer Verdopplung bis Verdreifachung
Anwendungen von Pflanzenschutzmitteln des Ökoanteils gegenüber heute entspricht.
sein könnte. Die Pflanzenschutzmittelreduktion soll im
Wesentlichen durch den Aufbau eines Netz-
Ausgelöst durch den bundesweiten gesell- werks von Demonstrationsbetrieben und die
schaftlichen Diskurs, der seinen Höhepunkt Einführung zusätzlicher landesspezifischer
im Jahr 2019 fand, hat sich die baden-würt- Vorgaben zum integrierten Pflanzenschutz
tembergische Landesregierung zusammen erreicht werden. Ein Betriebsmessnetz soll
mit den Verbänden aus Landwirtschaft und die Zielerreichung messen. Baden-Württem-
Naturschutz und den Initiatoren des Volksbe- berg hat mit seiner Gesetzesänderung eine
gehrens Artenschutz – „Rettet die Bienen“ im bundesweite Vorreiterrolle eingenommen
Herbst 2019 auf ein „Eckpunktepapier zum und stellt sich damit frühzeitig der auf euro-
Schutz der Insekten in Baden-Württemberg“ päischer Ebene geforderten „Farm to Fork“-
geeinigt. Daraufhin trat im Juli 2020 eine Än- Strategie. Diese ist Teil des Europäischen
Landinfo 4/2022 7