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Reduktionsstrategie von Pflanzenschutzmitteln





       Simone Kretz, Wilfried Beck, Michael Haltmaier,
       Thomas Köninger, Karl-Otto Sprinzing, Markus
       Ullrich, Jonathan Wenz, Andreas Willhauck,
       Julian Zachmann


       Mehr Vielfalt durch weniger

       chemisch-synthetischen

       Pflanzenschutz


       Demobetriebe in Baden-Württemberg machen
       ihren Kollegen Mut zur durchdachten
       Pflanzenschutzmittelreduktion


                                                              Abb. 1: Räumliche Verteilung der Betriebe des Demonetzwerks der
                                                              Pflanzenschutzmittelreduktion; Quelle: LTZ Augustenberg
       Bis zu 50 % weniger chemisch-synthetischer Pflanzenschutz, dafür alternative Bewirtschaftungswege
       und noch mehr Vielfalt auf den Äckern, in den Obstanlagen und Weinbergen – aber auch im öffentli-
       chen Grün und in den Haus- und Kleingärten: Das Biodiversitätsstärkungsgesetz stellt den Pflanzen-
       schutz in Baden-Württemberg vor einen großen Wandel. Gleichzeitig öffnen sich neue Chancen für die
       Bewirtschafter. Um die Ziele des ambitionierten Gesetzes zu erreichen, gibt es seit zwei Jahren ein
       breit gefächertes Netzwerk von Demonstrationsbetrieben im Land (Abb. 1). Diese sollen in enger Ab-
       stimmung mit der Beratung vielfältige Strategien zur Pflanzenschutzmittelreduktion erarbeiten, deren
       Praxistauglichkeit testen und als Multiplikatoren ihren Nachbarn und Berufskollegen im Laufe der
       Jahre Mut zu neuen Wegen und einer durchdachten Reduktion machen.




             eniger ist manchmal mehr: Ein redu-  derung des Naturschutz- und des Landwirt-
       Wzierter chemisch-synthetischer Pflan-   schafts- und Landeskulturgesetzes in Kraft.
       zenschutz bedeutet nicht nur einen teilweisen
       Verzicht, sondern auch einen Zugewinn auf   Die beiden Kernziele sind die Reduktion des
       anderen Ebenen. In den vergangenen Jahr-  chemisch-synthetischen Pflanzenschutzes   Logo der Pflanzenschutzmittelre-
       zehnten ist sowohl die Vielfalt als auch die   um 40 bis 50 Prozent in der Menge bis zum   duktion
       Menge an Insekten und Vögeln in Deutsch-  Jahr 2030 sowie gleichzeitig der Ausbau des
       land zurückgegangen – ebenso wie in anderen   ökologischen Landbaus auf 30 bis 40 Prozent
       Ländern. Der Verlust an Biodiversität hat   der landwirtschaftlichen Nutzfläche, was in
       vielschichtige Gründe, von denen einer die   etwa einer Verdopplung bis Verdreifachung
       Anwendungen von Pflanzenschutzmitteln    des Ökoanteils gegenüber heute entspricht.
       sein könnte.                             Die Pflanzenschutzmittelreduktion soll im
                                                Wesentlichen durch den Aufbau eines Netz-
       Ausgelöst durch den bundesweiten gesell-  werks von Demonstrationsbetrieben und die
       schaftlichen Diskurs, der seinen Höhepunkt   Einführung zusätzlicher landesspezifischer
       im Jahr 2019 fand, hat sich die baden-würt-  Vorgaben zum integrierten Pflanzenschutz
       tembergische Landesregierung zusammen    erreicht werden. Ein Betriebsmessnetz soll
       mit den Verbänden aus Landwirtschaft und   die Zielerreichung messen. Baden-Württem-
       Naturschutz und den Initiatoren des Volksbe-  berg  hat  mit  seiner  Gesetzesänderung  eine
       gehrens Artenschutz – „Rettet die Bienen“ im   bundesweite Vorreiterrolle  eingenommen
       Herbst 2019 auf ein „Eckpunktepapier zum   und stellt sich damit frühzeitig der auf euro-
       Schutz der Insekten in Baden-Württemberg“   päischer Ebene geforderten „Farm to Fork“-
       geeinigt. Daraufhin trat im Juli 2020 eine Än-  Strategie. Diese ist Teil des Europäischen



       Landinfo 4/2022                                                                                        7
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