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Aktuelles
Dr. Esther Moltmann
Der integrierte Pflanzenschutz und zusätzliche
landesspezifische Vorgaben zum integrierten
Pflanzenschutz (IPSplus)
Mit der Einführung chemisch-synthetischer Pflanzenschutzmittel Mitte des vergangenen Jahrhunderts
in der Landwirtschaft wurden sehr schnell negative Auswirkungen dieser Mittel beobachtet. Beson-
ders auffällig war die Schädigung von Nützlingen und damit ihre fehlende natürliche Regulation von
Schädlingen. Diese wenig selektiven Pflanzenschutzmittel wurden zwar mit der Zeit durch spezifischer
wirkende Mittel ersetzt. Wichtiger war jedoch ein Umdenken bei der Anwendung der Mittel, das zur
Entwicklung des integrierten Pflanzenschutzes führte.
Bild 1: Die Larve des Getreide- Grundlagen in Baden-Württemberg Der integrierte Pflanzenschutz ist ein ganz-
hähnchens verursacht einen gelegt heitlicher Ansatz, der Standortfaktoren und
Streifenfraß an den Blättern; kleinklimatische Gegebenheiten einbezieht,
Quelle: Jan Hinrichs-Berger
Das Land Baden-Württemberg war mit sei- vorrangig vorbeugende Maßnahmen wie
nen Landesanstalten national und internatio- Fruchtfolge, Bodenbearbeitung und Sorten-
nal bei der Erarbeitung seiner Grundlagen wahl sowie nicht-chemische Methoden an-
führend. Seit den 1950er Jahren wurden erst- wendet, um die Anwendung chemisch-syn-
malig Untersuchungen zum Ökosystem einer thetischer Pflanzenschutzmittel auf das abso-
Apfelanlage, zur Schädlings- und Nützlings- lut notwendige Maß zu begrenzen. Dabei
fauna, den Schadensschwellen und Kontroll- sollten unter den zur Verfügung stehenden
methoden durchgeführt. Die erfolgreiche Pflanzenschutzmitteln nützlingsschonende
Anwendung des integrierten Modelles im Ap- bevorzugt werden. Schadschwellen bzw. Be-
felanbau gab den Anstoß, den integrierten kämpfungsrichtwerte sind für wirtschaftlich
Pflanzenschutz auch auf einjährige Kulturen bedeutsame Schaderreger erarbeitet worden.
auszudehnen. Langfristige Forschungsarbei- Diese stellen die Befallsdichte einzelner
ten aus Baden-Württemberg haben erstmalig Schädlinge bzw. Krankheiten dar, ab der der
in Europa und Deutschland bewiesen, dass Ertragsverlust den wirtschaftlichen Mehrauf-
eine integrierte Erzeugung landwirtschaftli- wand einer Bekämpfung übersteigt. Sie sind
cher Produkte auch im Ackerbau möglich ist. die Basis für die Entscheidung, ob ein Pflan-
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