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Tierhaltung und Tierwohl
durch firmeneigene Impf-Teams vornehmen relevanten Problemen und Infektionen füh-
zu lassen. ren. Eine genaue Beobachtung der Tiere und
entsprechende Gegenmaßnahmen sind bei
Aus Sicht des Tierschutzes ist die Immunoka- der Betreuung der Eber essentiell. Im Stall
stration die bevorzugte Kastrationsmethode, sollten die Tiere getrenntgeschlechtlich auf-
da auf eine chirurgische Amputation der Ho- gestallt werden und die Futterration an den
den verzichtet wird. Die Belastungen der Fer- Bedarf von Ebern angepasst werden. Zur
kel während und nach der Operation werden Vermeidung des Ebergeruchs sollten die Tie-
vermieden. re mit einem geringeren Schlachtgewicht als
Kastrate in die Schlachtung gehen. Weitere
Möglichkeiten zur Reduzierung des Eberge-
Ebermast ruchs ergeben sich aus dem Fütterungsma-
nagement, Zuchtprogrammen und der Re-
Bei der Ebermast wird gänzlich auf ein Kas- duktion von Stress während des Transportes
trationsverfahren verzichtet. Die männlichen und der Schlachtung.
Schweine werden als intakte Eber gemästet.
Daraus ergeben sich in der Mastleistung Vor- Nach der Schlachtung müssen die Schlacht-
teile, da die Tiere eine höhere Futterverwer- körper auf Ebergeruch untersucht werden.
tung und einen höheren Muskelfleischanteil Dies kann mittels einer Kochprobe oder dem
aufweisen als Kastraten. Nachteilig sind die Erhitzen von Fettgewebe (Bild 3) passieren.
Entwicklung des Eberverhaltens und das da- Technisierte Verfahren zur Feststellung des
raus resultierende Verletzungsrisiko der Tiere. Ebergeruchs werden in Forschungsprojekten
Verletzungen an der Haut und den Gliedma- entwickelt und könnten langfristig zum Ein-
ßen, sowie Penisbeißen können zu tierschutz- satz kommen.
Ferkelkastration in Baden-
Württemberg
In Baden-Württemberg sind rund
800 Zuchtsauen-Betriebe (Stand:
November 2020) von dem Verbot
der betäubungslosen Ferkelkast-
ration betroffen. Schätzungsweise
werden rund 80 – 90 % der Be-
triebe weiterhin chirurgisch kast-
rieren. Die Inhalations- und In-
jektionsnarkose werden voraus-
sichtlich zu gleichen Teilen bei
rund 600 – 700 Betrieben zur
Anwendung kommen.
Ein Einstieg in die Immunokast-
ration oder die Ebermast wurden
durch Unsicherheiten der Absatz-
wege und Preisabschläge von bis
zu 6 Cent pro kg Schlachtkörper-
gewicht erschwert. Hinzukommt
die Unsicherheit des Verbotes der
Immunokastration in ökologi-
schen Betrieben durch die EU-
Kommission. In Baden-Würt-
temberg werden beide Verfahren Dr. Frederik Löwenstein
zunächst eine Nische bleiben. LSZ Boxberg
Tel.: 07930 / 9928 - 116
frederik.loewenstein@lsz.
Bild 3: Überprüfung eines Schlachtkörpers auf Ebergeruch durch Erhitzen
des Fettgewebes. Quelle: LSZ Boxberg bwl.de
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