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Landwirtschaftlicher Hochschultag 2019
Hella Kehlenbeck, Bettina Klocke, Silke Dachbrodt-Saaydeh, Dietmar Roßberg, Jan Helbig
Anwendung von Pflanzenschutzmitteln in Deutschland
und Reduktionspotentiale durch konsequente
Umsetzung des integrierten Pflanzenschutzes im
Ackerbau
Der gesellschaftliche Diskurs zum Pflanzenschutz und seiner Rolle zum Schutz der Kulturpflanzen als
auch zu den möglichen Auswirkungen auf den Naturhaushalt oder die menschliche Gesundheit
beschäftigt seit vielen Jahren die Wissenschaft. Hauptstrategie im Pflanzenschutz ist vor allem seit
Verabschiedung der EU-Pflanzenschutzrahmenrichtlinie 2009/128/EG der integrierte Pflanzenschutz.
Dieser ganzheitliche Ansatz gibt vorbeugenden Maßnahmen und der nichtchemischen Abwehr von
Schadorganismen Vorrang, sodass die Anwendung von chemischen Pflanzenschutzmitteln auf das
notwendige Maß begrenzt wird und die Risiken der Anwendung von Pflanzenschutzmitteln reduziert
werden – bei gleichzeitiger Sicherstellung eines nachhaltigen Schutzes der Kulturpflanzen und der
Wirtschaftlichkeit der landwirtschaftlichen Produktion.
ine wesentliche Grundlage für Informati- Demonstrationsbetriebe integrierter Pflan-
Eonen über die Anwendung von Pflanzen- zenschutz werden innovative Maßnahmen im
schutzmitteln in der landwirtschaftlichen Pra- integrierten Pflanzenschutz erprobt und ihr
xis sind geeignete statistische Erhebungen. Erfolg u.a. basierend auf den Daten zur In-
Eine weitere Informationsquelle könnten tensität der Anwendung von Pflanzenschutz-
auch die Statistiken zum Absatz von Pflan- mitteln untersucht.
zenschutzmitteln sein, die aber lediglich den
Verkauf und nicht die Anwendung in der Pra-
xis widerspiegeln. In Deutschland wurden Beurteilung
daher Anstrengungen unternommen, die In-
tensität der Anwendung von Pflanzenschutz- Für die Beurteilung der Intensität der Anwen-
mitteln anhand von realen Daten aus der dung von Pflanzenschutzmitteln wird der Be-
landwirtschaftlichen Praxis zu untersuchen. handlungsindex berechnet und verwendet.
Das Institut für Strategien und Folgenab- Der Behandlungsindex (BI) stellt die Anzahl
schätzung des Julius Kühn-Instituts betreibt von Pflanzenschutzmittel-Anwendungen auf
vor diesem Hintergrund drei verschiedene einer Fläche unter Berücksichtigung von re-
„Betriebsnetze“: duzierten Aufwandmengen und Teilflächen-
behandlungen dar, wobei bei Tankmischun-
1. Demonstrationsbetriebe integrierter gen jedes Pflanzenschutzmittel gesondert
Pflanzenschutz, zählt. Eine Pflanzenschutzmittelanwendung
auf der gesamten Fläche mit der vollen zuge-
2. Vergleichsbetriebe Pflanzenschutz, lassenen Aufwandmenge hat dementspre-
chend einen BI von 1.
3. Panel Pflanzenschutzmittel-Anwendun-
gen PAPA, (siehe auch Roßberg et al., Die Auswertung der Erhebungsdaten für den
2018, Gesunde Pflanzen, 70 (3)), Ackerbau für die Jahre 2011 bis 2017 anhand
der PAPA-Daten (Tab. 1) zeigt zunächst deut-
und berichtet regelmäßig dazu lich die Unterschiede in den Pflanzenschut-
zintensitäten zwischen den verschiedenen
(https://papa.julius-kuehn.de/; https://ojs.opena- Kulturen. Diese, wie auch die jährlich beding-
grar.de/index.php/BerichteJKI/issue/view/1728). ten Unterschiede in den BIs sind bedingt
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