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Pflanzen- und Tierproduktion





                                   Tabelle 2 zeigt die Bewertung der Teilnehmer von 23   Interessant ist hier jedoch, dass 84% derer, die das
                                   Kriterien, die im Zusammenhang mit dem Wohlbe-  Kriterium aktuell nicht erfüllen, bereit sind, entspre-
                                   finden von Milchkühen stehen, nach ihrer Bedeut-  chende Maßnahmen zur Erreichung zu ergreifen.
                                   samkeit für das Tierwohl. Basierend auf dem Mittel-  Lediglich 45% der Teilnehmer bewerten Freigelände-
                                   wert der Bedeutsamkeit wurden die Kriterien in eine   zugang als wichtiges Kriterium. Die Bereitschaft zur
                                   absteigende Rangfolge gebracht. Betrachtet man die   Umsetzung liegt bei eher niedrigen 28% was ver-
                                   Mittelwerte, fällt auf, dass diese eng beieinander lie-  mutlich mit dem hohen Aufwand dafür (90%) zusam-
                                   gen. Allein 17 Kriterien liegen über einem Wert von   menhängt. Der Bereich Fachkenntnisse und Weiter-
                                   4,0 und werden als wichtig bis sehr wichtig einge-  bildung fällt in der Bedeutung und Bereitschaft ab.
                                   stuft. Vor allem direkte, tierbezogene Kriterien im
                                   Bereich der Gesundheit prägen das Verständnis. Be-  Im letzten Abschnitt der Umfrage wurden die Teil-
                                   merkenswert ist, dass die beiden Kriterien, die in   nehmer zu ihrem Interesse, an einem möglichen „Q-
                                   Zusammenhang  mit  natürlichen  Lebensbedingun-  Wohl“-Programm teilzunehmen, befragt. Knapp die
                                   gen (Ausleben eines artgerechten Verhaltens und   Hälfte der Milcherzeuger zeigt sich hier unentschie-
                                   Auslauf im Freien) stehen, auf den hinteren Rängen   den, während 31 % nicht an einer Programmteilnah-
                                   platziert sind. Die den Kriterien zugeordneten Kate-  me interessiert sind. 21 % haben ein deutliches Inte-
                                   gorien Management, Haltung, Gesundheit, Leistung   resse und sind teilnahmebereit.
                                   und Verhalten sind über alle Ränge verteilt, so dass
                                   keine Kategorie als generell besonders wichtig her-  Zur Frage, welchen Zuschlag zum Milcherzeuger-
                                   vorgehoben werden kann.                  preis sich der Landwirt bei der Teilnahme am „Q-
                                                                            Wohl“-Programm wünschen würde, machten 78 der
                                   Tabelle 3 gibt die Zustimmung der Umfrageteilneh-  96 Umfrageteilnehmer eine Angabe. Eine relativ gro-
                                   mer zu verschiedenen Aussagen bezüglich Tierwohl-  ße Teilnehmeranzahl (26) hält einen Zuschlag von 2
                                   programmen wider. Jeweils 33,3 % der Teilnehmer   bis 4,9 Cent pro kg Milch für gerechtfertigt. 22 Mil-
                                   halten Tierwohlprogramme für sinnvoll und denken,   cherzeuger wünschen sich zwischen 5 und 9,9 Cent
                                   dass diese zu einem höheren Wohlbefinden der   mehr. Die drittgrößte Gruppe (16) setzt sich für ei-
                                   Milchkühe beitragen. Der Anteil der Teilnehmer, die   nen Zuschlag von 10 bis 14,9 Cent ein. Über alle
                                   sich generell für Tierwohlprogramme interessieren,   Umfrageteilnehmer hinweg konnte ein gewünschter
                                   liegt bei 38,5 %. Bei den Milcherzeugern zeigt sich vor   Zuschlag  von  ca.  6,6  Cent (Standardabweichung:
                                   allem eine große Skepsis bezüglich der Entlohnung   5,375) ermittelt werden. Über die Hälfte (46 Teilneh-
                                   für höhere Tierwohlstandards, des Kaufverhaltens   mer) würde sich für die Erfüllung der höheren Tier-
                                   der Verbraucher sowie des Vorhandenseins eines   wohlstandards einen Erzeugerpreis von 41 bis 50
                                   Marktes für Tierwohl-Milch. Darüber hinaus stehen   Cent pro kg Milch wünschen.
                                   der Bürokratieaufwand und die Häufigkeit von Kon-
                                   trollen auf dem eigenen Betrieb in der Kritik. Inter-
                                   essanterweise gab trotz der eher kritischen Einstel-  Fazit
                                   lung gegenüber Tierwohlprogrammen die Hälfte der
                                   Teilnehmer an, sich vorstellen zu können, an solch   Die vorliegende Arbeit leistet einen wesentlichen
                                   einem Programm teilzunehmen. Das entspricht aller-  Beitrag dazu, die bisher geringen Kenntnisse über
                                   dings auch in etwa dem Anteil an Teilnehmern, die   die Einstellung der deutschen Milcherzeuger zu Tier-
                                   bereits an einem Programm teilnehmen (siehe oben).   wohlprogrammen zu erweitern. Sie verdeutlicht, dass
                                   28,1% können sich dies nur teilweise vorstellen, wäh-  in erster Linie die Umsetzbarkeit, der betriebliche
                                   rend nur 21,9 % ihre deutliche Ablehnung gegenüber   Nutzen und die politischen Rahmenbedingungen
                                   der Teilnahme ausdrückten.               über eine Teilnahme an einem Tierwohlprogramm
                                                                            entscheiden. Hinsichtlich der Bedeutung einzelner
                                   Die  Umfrageergebnisse  zum  Empfehlungskatalog   Tierwohlkriterien liegt der Fokus der Landwirte vor
                                   „Q-Wohl“ stellen sich wie folgt dar: Die größte Be-  allem auf dem Komplex, der eher dem Tierschutz
                                   deutung für das Tierwohl wird den Kriterien Wasser-  (z.B. Futter- und Wasserversorgung, Tiergesundheit)
                                   versorgung, Einstreu, Klau-enpflege und tierbezoge-  und weniger dem des Tierwohls (z.B. Freigeländezu-
                                   ne Indikatoren beigemessen. Bezüglich der tierbezo-  gang, Tierverschmutzung) zuzuschreiben ist. Ferner
                                   genen Kriterien besteht mit 87% eine hohe Bereit-  konnte das bereits beschriebene Tierwohlverständ-
                                   schaft, Maßnahmen zur Erfüllung der Anforderungen   nis bestätigt und zusätzlich aufgezeigt werden, dass
                                   zu ergreifen. Zwei Drittel der betroffenen Betriebe   die Milcherzeuger gegenüber Veränderungen grund-
         Uwe Eilers                zeigen Bereitschaft, ihre Anbindehaltung in Lauf-  sätzlich offen sind. Ihren Befürchtungen und Sorgen
         LAZBW Aulendorf           stallhaltung umzuwandeln. Die Langlebigkeit der   sollte in der aktuellen Diskussion verstärkt Aufmerk-
         Tel. 07525 942-308        Kühe wird mit 58% „sehr wichtig“ oder „wichtig“   samkeit geschenkt werden.  
         uwe.eilers@lazbw.bwl.de   nicht besonders hoch in ihrer Bedeutung bewertet.



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