Page 36 - Landinfo Heft 5/2019 Digitalisierung
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Pflanzen- und Tierproduktion
Tabelle 2 zeigt die Bewertung der Teilnehmer von 23 Interessant ist hier jedoch, dass 84% derer, die das
Kriterien, die im Zusammenhang mit dem Wohlbe- Kriterium aktuell nicht erfüllen, bereit sind, entspre-
finden von Milchkühen stehen, nach ihrer Bedeut- chende Maßnahmen zur Erreichung zu ergreifen.
samkeit für das Tierwohl. Basierend auf dem Mittel- Lediglich 45% der Teilnehmer bewerten Freigelände-
wert der Bedeutsamkeit wurden die Kriterien in eine zugang als wichtiges Kriterium. Die Bereitschaft zur
absteigende Rangfolge gebracht. Betrachtet man die Umsetzung liegt bei eher niedrigen 28% was ver-
Mittelwerte, fällt auf, dass diese eng beieinander lie- mutlich mit dem hohen Aufwand dafür (90%) zusam-
gen. Allein 17 Kriterien liegen über einem Wert von menhängt. Der Bereich Fachkenntnisse und Weiter-
4,0 und werden als wichtig bis sehr wichtig einge- bildung fällt in der Bedeutung und Bereitschaft ab.
stuft. Vor allem direkte, tierbezogene Kriterien im
Bereich der Gesundheit prägen das Verständnis. Be- Im letzten Abschnitt der Umfrage wurden die Teil-
merkenswert ist, dass die beiden Kriterien, die in nehmer zu ihrem Interesse, an einem möglichen „Q-
Zusammenhang mit natürlichen Lebensbedingun- Wohl“-Programm teilzunehmen, befragt. Knapp die
gen (Ausleben eines artgerechten Verhaltens und Hälfte der Milcherzeuger zeigt sich hier unentschie-
Auslauf im Freien) stehen, auf den hinteren Rängen den, während 31 % nicht an einer Programmteilnah-
platziert sind. Die den Kriterien zugeordneten Kate- me interessiert sind. 21 % haben ein deutliches Inte-
gorien Management, Haltung, Gesundheit, Leistung resse und sind teilnahmebereit.
und Verhalten sind über alle Ränge verteilt, so dass
keine Kategorie als generell besonders wichtig her- Zur Frage, welchen Zuschlag zum Milcherzeuger-
vorgehoben werden kann. preis sich der Landwirt bei der Teilnahme am „Q-
Wohl“-Programm wünschen würde, machten 78 der
Tabelle 3 gibt die Zustimmung der Umfrageteilneh- 96 Umfrageteilnehmer eine Angabe. Eine relativ gro-
mer zu verschiedenen Aussagen bezüglich Tierwohl- ße Teilnehmeranzahl (26) hält einen Zuschlag von 2
programmen wider. Jeweils 33,3 % der Teilnehmer bis 4,9 Cent pro kg Milch für gerechtfertigt. 22 Mil-
halten Tierwohlprogramme für sinnvoll und denken, cherzeuger wünschen sich zwischen 5 und 9,9 Cent
dass diese zu einem höheren Wohlbefinden der mehr. Die drittgrößte Gruppe (16) setzt sich für ei-
Milchkühe beitragen. Der Anteil der Teilnehmer, die nen Zuschlag von 10 bis 14,9 Cent ein. Über alle
sich generell für Tierwohlprogramme interessieren, Umfrageteilnehmer hinweg konnte ein gewünschter
liegt bei 38,5 %. Bei den Milcherzeugern zeigt sich vor Zuschlag von ca. 6,6 Cent (Standardabweichung:
allem eine große Skepsis bezüglich der Entlohnung 5,375) ermittelt werden. Über die Hälfte (46 Teilneh-
für höhere Tierwohlstandards, des Kaufverhaltens mer) würde sich für die Erfüllung der höheren Tier-
der Verbraucher sowie des Vorhandenseins eines wohlstandards einen Erzeugerpreis von 41 bis 50
Marktes für Tierwohl-Milch. Darüber hinaus stehen Cent pro kg Milch wünschen.
der Bürokratieaufwand und die Häufigkeit von Kon-
trollen auf dem eigenen Betrieb in der Kritik. Inter-
essanterweise gab trotz der eher kritischen Einstel- Fazit
lung gegenüber Tierwohlprogrammen die Hälfte der
Teilnehmer an, sich vorstellen zu können, an solch Die vorliegende Arbeit leistet einen wesentlichen
einem Programm teilzunehmen. Das entspricht aller- Beitrag dazu, die bisher geringen Kenntnisse über
dings auch in etwa dem Anteil an Teilnehmern, die die Einstellung der deutschen Milcherzeuger zu Tier-
bereits an einem Programm teilnehmen (siehe oben). wohlprogrammen zu erweitern. Sie verdeutlicht, dass
28,1% können sich dies nur teilweise vorstellen, wäh- in erster Linie die Umsetzbarkeit, der betriebliche
rend nur 21,9 % ihre deutliche Ablehnung gegenüber Nutzen und die politischen Rahmenbedingungen
der Teilnahme ausdrückten. über eine Teilnahme an einem Tierwohlprogramm
entscheiden. Hinsichtlich der Bedeutung einzelner
Die Umfrageergebnisse zum Empfehlungskatalog Tierwohlkriterien liegt der Fokus der Landwirte vor
„Q-Wohl“ stellen sich wie folgt dar: Die größte Be- allem auf dem Komplex, der eher dem Tierschutz
deutung für das Tierwohl wird den Kriterien Wasser- (z.B. Futter- und Wasserversorgung, Tiergesundheit)
versorgung, Einstreu, Klau-enpflege und tierbezoge- und weniger dem des Tierwohls (z.B. Freigeländezu-
ne Indikatoren beigemessen. Bezüglich der tierbezo- gang, Tierverschmutzung) zuzuschreiben ist. Ferner
genen Kriterien besteht mit 87% eine hohe Bereit- konnte das bereits beschriebene Tierwohlverständ-
schaft, Maßnahmen zur Erfüllung der Anforderungen nis bestätigt und zusätzlich aufgezeigt werden, dass
zu ergreifen. Zwei Drittel der betroffenen Betriebe die Milcherzeuger gegenüber Veränderungen grund-
Uwe Eilers zeigen Bereitschaft, ihre Anbindehaltung in Lauf- sätzlich offen sind. Ihren Befürchtungen und Sorgen
LAZBW Aulendorf stallhaltung umzuwandeln. Die Langlebigkeit der sollte in der aktuellen Diskussion verstärkt Aufmerk-
Tel. 07525 942-308 Kühe wird mit 58% „sehr wichtig“ oder „wichtig“ samkeit geschenkt werden.
uwe.eilers@lazbw.bwl.de nicht besonders hoch in ihrer Bedeutung bewertet.
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