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Gartenbau und Sonderkulturen
bezeichnet. Von den Probeneinsendern wurde Bildquelle der Abb. 1-5: LTZ
berichtet, dass zwar nur einzelne Sträucher be-
troffen, bei diesen jedoch bis zu 90 % der Früch-
te befallen waren. Problematisch ist in diesem
Zusammenhang, dass der Befall erst nach Ent-
fernen der Schale sichtbar wird.
Hefepilze als Schaderreger identi-
fiziert
Aus infizierten Nüssen ließen sich kurze Hy-
phen und ovale Zellen präparieren, die einzeln
oder in kurzen Ketten vorlagen und die typisch
für Hefen sind (Abb. 4). Darüber hinaus waren Abb. 4: Ascus (A), Hyphen (H) und hefeartige Zellen (h)
Sporenschläuche (Asci) mit nadelförmigen, von Eremothecium coryli
zweizelligen Ascosporen mit einer Septe in der
Mitte und einem fadenartigen Anhängsel zu fin-
den (Abb. 5), die morphologisch als die Art Ere-
mothecium coryli (Synonym: Nematospora co-
ryli) bestimmt wurden. E. coryli gehört wie die
aus dem Haushalt bekannte Backhefe zu den
Echten Hefen und ist vor allem in den Tropen
und Subtropen zu finden. Ihr Wirtspflanzen-
kreis umfasst neben anderen Nüssen wie Pekan
und Pistazie unter anderem Citrus- und Legumi-
nosen-Arten. An Haselnuss wurde sie bislang in Dr. Jan Hinrichs-Berger
der Türkei, Bulgarien, Italien, Japan und den LTZ - Landwirtschaftliches
USA nachgewiesen. Technologiezentrum
Augustenberg
Befallene Nüsse sind aufgrund ihres bitteren, Abb. 5: Ascosporen von E. coryli Tel.: 0721 / 9468 - 428
ranzigen Geschmacks ungenießbar. Ob darüber alle Bilder: LTZ Karlsruhe-Augustenberg jan.hinrichsberger@ltz.
hinaus Mykotoxine gebildet werden, ist unge- bwl.de
klärt. Allerdings kann E. coryli Menschen infi-
zieren, die unter einer Schwäche des Immunsys- ist, dass die Tiere nicht nur durch die Einstiche
tems leiden. schädigen, sondern auch noch Krankheitserre-
ger übertragen. Daher ist eine Bekämpfungsstra-
tegie zu entwickeln. Fungizide haben sich auf-
Baumwanzen sind Überträger grund des Übertragungsweges als wirkungslos
erwiesen. Einen gewissen Bekämpfungserfolg
Über die Biologie der Schadhefe ist nicht viel hat man dagegen durch den Einsatz von Insek-
bekannt. Der Pilz wächst bei Temperaturen zwi- tiziden erzielt. Da diese jedoch bei uns nicht
schen 10 und 37 °C mit einem optimalen Be- zugelassen sind, wäre die Einnetzung der Sträu-
reich von 30 bis 35 °C. Hohe Temperaturen und cher vor dem Wanzenzuflug (Mai) bis zum Ver-
eine hohe Luftfeuchtigkeit begünstigen somit holzen der Schale (Juli) zu prüfen. In jedem Fall
einen Befall. Die Übertragung erfolgt nach der- sollten die Nüsse, insbesondere wenn der Bo-
zeitigem Kenntnisstand ausschließlich durch den feucht ist, rasch geerntet und unmittelbar
Baumwanzen, wie beispielsweise die Marmo- nach der Ernte getrocknet werden. Erst bei ei-
rierte Baumwanze (Halyomorpha halys; Bild 1). nem Wassergehalt unter 8 % im Erntegut ist eine
Da die Nüsse äußerlich unbeschädigt waren, Weiterentwicklung der Hefe unterbunden.
erfolgt die Infektion mutmaßlich im Zeitraum Kamilla Zegermacher
vom Zuflug der Baumwanzen in die Haselnuss LTZ - Landwirtschaftliches
bis zum Verholzen der Nussschale. Technologiezentrum
Augustenberg
Einen herzlichen Dank den LTZ-Kollegen Paul Epp
Baumwanzen sind bei uns auf dem Vormarsch, für die kritische Durchsicht des Manuskripts und Tel.: 0721 / 9468 - 427
sodass mit einem häufigeren Auftreten dieser Olaf Zimmermann für das Foto von der Marmo- kamilla.zegermacher@ltz.
neuen Krankheit zu rechnen ist. Problematisch rierten Baumwanze. bwl.de
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