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Bildung und Beratung
Karoline Baumann
Bildung braucht verschiedene
Lernorte
Überbetriebliche Ausbildung an der ALH Kupferzell
Durch die Spezialisierung vieler hauswirtschaftlicher Aus-
bildungsstätten können Ausbildungsinhalte oft nicht mehr
oder nicht vollständig in einem einzelnen Betrieb, Unter-
nehmen oder Haushalt abgedeckt werden. Neben Ausbil-
dungskooperationen unterschiedlicher Betriebe, spielt die
überbetriebliche Ausbildungsstätte als zusätzlicher Lernort eine wichtige Rolle. An der Akademie für
Landbau und Hauswirtschaft in Kupferzell (ALH) in Baden-Württemberg fand kürzlich eine Ausbil-
dungswoche in der hauswirtschaftlichen Berufsausbildung zum Thema „Reinigen und Pflegen von
Textilien“ statt.
erufsbildungskooperationen legen unge- Vorteile des Lernortes Überbetriebli-
Bahnte Potentiale frei. Lernorte außerhalb chen Ausbildungsstätte (ÜBS)
der Ausbildungsstätten nehmen zunehmend
eine wichtige Rolle ein, um Ausbildungsinhal- Die Vorteile sind vielschichtig.
te abzudecken. In den Erläuterungen zum
novellierten Berufsbildungsgesetz 2020 heißt • Außerhalb der gewohnten Umgebung zu
es dazu, dass Ausbildungsinhalte, welche in lernen und dabei losgelöst sein von Kun-
einem kleineren Betrieb nicht abgedeckt wer- denbeziehungen, die oft einschränkend
den, auch durch Ausbildungsmaßnahmen au- wirken, bietet neue Erfahrungen für Aus-
ßerhalb der Ausbildungsstätte z.B. in Lehr- zubildende.
werkstätten und anderen außer- oder überbe- • Hinzu kommt, dass keine Risiken oder
trieblichen Einrichtungen vermittelt werden Schäden durch Eingreifen in betriebliche
können. Diese Möglichkeit hat die Akademie Abläufe durch fehlerhafte Handlungen
für Landbau und Hauswirtschaft in Kupfer- entstehen können. Es kann frei geübt, ex-
zell genutzt und ein Konzept zu überbetrieb- perimentiert und ausprobiert werden.
lichen Ausbildungsinhalten erstellt. • Die Lernergebnisse sind im günstigsten
Fall qualitativ hochwertige Ausbildungs-
bausteine, die den Auszubildenden über
Lernorte der Berufsbildung die gesamte Berufsausbildung weiter un-
terstützen.
Die Berufsausbildung zum Hauswirtschaf-
ter/zur Hauswirtschafterin erfolgt in i. d. R. Indem die Auszubildenden ihre „berufliche
im dualen System. Zwei Lernorte teilen sich Handlungsfähigkeit“ weiter ausbauen, wer-
die Aufgaben: der Betrieb und die Berufs- den weitere Fähigkeiten und Fertigkeiten er-
schule. Die überbetriebliche Ausbildungsstät- lernt, welche die Qualität der Ausbildung er-
te (ÜBS), die als Anbieter von überbetriebli- höhen:
chen Ausbildungslehrgängen (ÜBA) agiert,
ist dem Lernort „Betrieb“ zugeordnet. Die 1. Sicherung der Tiefe (Beherrschen von Fä-
Bezeichnung überbetrieblich leitet sich vom higkeiten) durch intensives Training und
organisatorischen Grundsatz ab, dass die ein- Üben beruflicher Fertigkeiten auf der
Abb. 1: Grafik für Lernorte der
Berufsbildung (Quelle: ALH zelnen Auszubildenden „über“ ihren Betrieb Grundlage des Modells der vollständigen
Kupferzell, abgewandelt nach hinweg an speziell ausgestatteten ÜBS in Handlung.
https://www.hauswirtschaft-zh.ch/ Übungsgruppen zusammengefasst und quali- 2. Sicherung der Breite (durch Ergänzungs-
berufsbildung/ueberbetriebliche-
kurse/, 2020) fiziert werden.. und Zusatzqualifikationen) und den Er-
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