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Pflanzen- und Tierproduktion
































          Dr. Kerstin Grant, Annette Jilg, Jörg Messner, Prof. Dr. Martin Elsäßer

          Wird nach Mulchen von Herbstzeitlosen der


          Folgeaufwuchs mit Colchizin kontaminiert?

          Ergebnisse eines Freilandversuches des Landwirtschaftlichen Zentrums für Rinderhaltung,
          Grünlandwirtschaft, Milchwirtschaft, Wild und Fischerei Baden-Württemberg (LAZBW)



          In Baden-Württemberg ist der Besatz von Herbstzeitlosen (Colchicum autumnale L.) in extensiv ge-
          nutzten Grünlandflächen ein großes Problem (HÖLL, 2018). Zahlreiche Landwirte befürchten die totale
          Wertlosigkeit ihrer Aufwüchse, denn in der Regel wird der Grünlandaufwuchs als Heu konserviert und
          an Pferde und Rinder verfüttert. Die Herbstzeitlose enthält über 20 Alkaloide, darunter das für Mensch
          und Tier sehr giftige Colchizin (JUNG et al., 2011). Im Versuch wurde untersucht, ob das Colchizin einer
          sich zersetzenden Herbstzeitlosen-haltigen Mulchschicht an die darunter wachsenden Pflanzen weiter-
          gegeben wird und so das Futter im Folgeaufwuchs kontaminieren könnte.


          Bild 1: Blüten der Herbstzeitlosen   olchizin ist in allen Teilen der Pflanze, vor   kann, nicht verfüttert oder in Verkehr ge-
          erscheinen nur im Spätsommer/  Callem aber im Samen enthalten. Erst nach   bracht werden (LFGB 2019). Damit ist nicht
          Herbst (Quelle: Sylvia Engel)
                                   einer stunden- oder sogar tagelangen Latenz-  nur die landwirtschaftliche Verwendung des
                                   zeit treten Vergiftungserscheinungen auf. Das   Schnittgutes wesentlich eingeschränkt, son-
                                   Gift Colchizin wird auch durch Konservie-  dern auch die aus Sicht des Naturschutzes
                                   rung (Heu oder Silage) nicht oder nur in sehr   gewünschte Offenhaltung der Landschaft ge-
                                   geringen Mengen abgebaut, und behält noch   fährdet. Zu einer Regulierung der Herbstzeit-
                                   nach mehreren Wochen und Monaten seine   losen  auf  landwirtschaftlich  genutztem
                                   Wirksamkeit (JUNG et al., 2011). Es wurde   Grünland wird daher geraten. Die momenta-
                                   beobachtet, dass erfahrene Rinder und Pferde   ne Empfehlung zur Reduktion der Herbst-
                                   die Pflanze nicht nur auf der Weide, sondern   zeitlosen ist ein frühes Mulchen bzw. ein frü-
                                   auch im Futtertrog meiden, wenn die Mög-  her Schnitt mit Abfuhr Anfang-Mitte Mai,
                                   lichkeit zur Selektion besteht, d. h., wenn ge-  wenn die Herbstzeitlose (HZL) bereits ihre
                                   nug Futter verfügbar und dieses nicht zerstü-  Kapsel  geschoben  hat  und  mehr  als  zwei
                                   ckelt  oder  zerbröckelt  ist.  Rechtlich  darf   Pflanzen pro m² im Pflanzenbestand vorzu-
                                   Schnittgut, das Herbstzeitlose enthält und   finden sind (SEITHER et al., 2014).
                                   damit  die  Tiergesundheit  beeinträchtigen



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