Page 9 - Landinfo Heft 5/2017 - Schwerpunkt Klimawandel
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Schwerpunktthema





       Treibhausgas-Minderungspotential von min-  nannte Tier 1-Verfahren, das den pauschalen
       destens 35% aufweisen. Dieser Wert hat sich   IPCC-Emissionsfaktor von 1,0% N O-N pro
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       für die Stromerzeugung 2017 auf mindestens   ausgebrachtem Kilogramm Dünger-N an-
       50% erhöht; diese Quote gilt ab 1. Januar   wendet, völlig ausreichend.
       2018 auch für die Kraftstoffherstellung.
                                                Die Veränderung der Corg-Vorräte im Boden
       Um diese Nettoeinsparung an Treibhausga-  ist dann interessant, wenn größere Mengen
       sen zu berechnen, wurden in den letzten Jah-  CO  aus dem Boden in die Atmosphäre ge-
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       ren verschiedene Ansätze zur THG-Bilanzie-  langen oder aus ihr entfernt werden. Das ist
       rung  entwickelt und zu Standardverfahren   bei der Nutzung von  organischen Böden der
       verdichtet. Grundlage für die meisten dieser   Fall, aber auch bei Landnutzungsänderungen,
       Bilanzierungen sind ISO-Normen wie ISO   z.B. von Grünland zu Acker oder umgekehrt.
       14040/44 für Ökobilanzen oder der Carbon   Bei landwirtschaftlich genutzten Mineralbö-
       Footprint (CO -Bilanz) als Teil der Ökobilanz   den wird bei gleichbleibender Nutzung unter-
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       nach ISO/TS 14067.                       stellt, dass die Kohlenstoffein- und -austräge
       Bei den Bilanzierungen zeichnet sich ab, dass   in die Böden langfristig gleich groß, die Syste-
       bei Energie aus Biomasse die Emissionen aus   me somit im Gleichgewicht sind (UBA 2016).
       dem Anbau der Energiepflanzen mit einem   Diese Annahme wird durch Langzeitversuche
       Anteil zwischen 55 und 60% für die Gesamt-  zur Humusentwicklung in Ackerböden unter-
       emissionen der Bioenergiekette entscheidend   stützt (KÖrsCHeNs et al. 2013,  KOLbe und
       sind, gefolgt von der Biodieselproduktion im   ZIMMer 2015). Den Fluss des Kohlenstoffs in
       Fall der Kraftstoffe, die etwa ein Drittel der   THG-Bilanzen zu dokumentieren, kann dann
       Gesamtemissionen ausmacht. Die Anbau-    sinnvoll sein, wenn Im- und Export aus Teil-
       emissionen wiederum werden ganz überwie-  betriebszweigen, der Verkauf von Stroh als
       gend durch die Feldemissionen von N O und   Einstreu oder der Export von Wirtschafts-
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       die energieintensive Mineraldüngerherstel-  düngern mit hohem Anteil an organischem
       lung bestimmt (eNgeLMANN 2015;  Oster-   Kohlenstoff dokumentiert werden sollen
       burg und stICHNOtHe 2015).               (z.B. in BEK, s.u.).



         Probleme der Vergleichbarkeit von        Ansätze zur einzelbetrieblichen
         Bilanzierungsmethoden                    THG-Bilanzierung

       Während die nationale Emissionsberichter-  Drei Ansätze zur einzelbetrieblichen THG-
       stattung und die Bilanzierung nach RED ei-  Bilanzierung sind besonders interessant:
       nem relativ stringenten Berechnungsmuster
       folgen, sind die verschiedenen THG-Bilan-  1.  Cool Farm Tool
       zierungswerkzeuge für Kulturen, Fruchtfol-  2.  ACCT: AgriClimateChangeTool
       gen oder landwirtschaftliche Betriebe kaum   3.  BEK: Berechnungsstandard  für einzelbetriebli-
       miteinander vergleichbar. Bei zwei Bilanzglie-  che Klimabilanzen in der Landwirtschaft
       dern haben unterschiedliche Annahmen oder
       Werte eine enorme Auswirkung auf das Ge-  So verschieden die Bilanzierungswerkzeuge
       samtergebnis: N O aus der Düngung und die   sein mögen, sie machen auf dieselben we-
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       Veränderung der Corg-Vorräte im Boden.   sentlichen Ursachen für THG-Emissionen
                                                aus dem landwirtschaftlichen Betrieb auf-
       Bei Lachgas ist es wegen seiner hohen Treib-  merksam:
       hausgaswirkung keineswegs trivial, welcher
       Umrechnungsfaktor von N O zu CO -Äqui-   •  Die Verdauung der Wiederkäuer, allen vor-
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       valenten angesetzt wird. Derzeit wird weithin   an der Rinder, die Methan freisetzt
       der Faktor 298 verwendet. Auch zur Berech-  •  die Stickstoffdüngung, besonders die Ver-
       nung von N O-Emissionen aus dem Boden      wendung von Mineraldünger
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       gibt es verschiedene Verfahren, die sich im   •  die organische Substanz in Böden
       Komplexitätsgrad und damit verbunden in
       ihrer Zielsetzung unterscheiden. Für die   Während bei der Freisetzung von NH , N O
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       meisten Bilanzierungszwecke ist das so ge-  und CH  aus dem Wirtschaftsdüngermanage-
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