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Bildung und Beratung
Erste Erkenntnisse
Stärkeabbau
Zu Projektbeginn wurden zur Etablierung
eines Referenzprozesses verschiedene Versu-
che im Labormaßstab durchgeführt. In die-
sen wurde unter anderem der enzymatische
Stärkeabbau genauer erforscht, um eine mög-
lichst effiziente Enzymierung der Haferlö-
sung zu erreichen. Eingesetzt wurden α- und
β-Amylase in verschiedenen Konzentratio-
nen bei unterschiedlichen Temperaturen. Der
Stärkeabbau wurde mittels Rotationsviskosi-
meter erfasst. Zudem wurden nach festgeleg-
Abb. 2: Proteinlöslichkeit von Haferprotein bei unterschiedlichen pH-Werten; ten Zeitpunkten Proben entnommen und
Quelle: LAZBW
diese auf die enthaltenen Zucker analysiert.
Proteinlöslichkeit
In weiteren Laborversuchen wurde der Ein-
Prozessbeschreibung fluss des pH-Werts auf die Proteinextraktion
und -löslichkeit vor dem Separieren unter-
Zur Herstellung von Haferdrinks werden Ha- sucht. Zur Einstellung des pH-Werts wurden
fer (zum Beispiel Hafermehl) und Wasser im die Haferlösungen mit dem für Biolebensmit-
Verhältnis 1:10 gemischt und anschließend tel zugelassenen Kaliumcarbonat versetzt. Es
erhitzt. Dabei verkleistert die Stärke und es konnte gezeigt werden, dass schon eine leich-
entsteht ein dickflüssiges Gemisch. Mittels te Erhöhung des pH-Werts den Anteil des
Enzymen (Amylasen) muss die Stärke daher gelöst vorliegenden Proteins im Haferdrink
zu Zuckern abgebaut werden. Danach wer- steigert. Somit konnte die Proteinlöslichkeit
den noch unerwünschte Feststoffe (Schalen- durch Erhöhung von pH 6,4 (Referenz) auf
Jonas Körber, MSc. und Spelzenreste) abgetrennt. Am Ende wer- pH 8 mehr als verdreifacht werden und da-
LAZBW -Milchwirtschaft den in der Regel Zutaten wie Pflanzenöl ein- durch auch die Ausbeute gesteigert werden
Wangen- gemischt und das Produkt durch Erhitzung (Abb. 2). Jedoch zeigen Haferproteine gene-
jonas.koerber@lazbw. haltbar gemacht. Um einen Haferdrink mit rell eine relativ schlechte Löslichkeit. Diese
bwl.de höherem Proteingehalt zu erhalten, soll der beträgt beim Ausgangs-pH-Wert von 6,4 nur
Tel.: 07522 / 9312 - 166 Prozess um eine Ultrafiltration (UF) erweitert 10,3 %. Entsprechend liegen die Proteine in
werden (Abb. 1). Dieses Verfahren wird be- Haferdrinks zum überwiegenden Anteil sus-
reits vielfach in Molkereien eingesetzt, um pendiert und nicht gelöst vor. Dies führt in
Milch oder Molke zu konzentrieren bezie- Haferdrinks häufig zum Sedimentieren der
hungsweise zu fraktionieren. Proteine während der Lagerung.
Die Ergebnisse der Laborexperimente konn-
Bisheriger Projektverlauf ten inzwischen erfolgreich in den Pilotmaß-
stab übertragen werden. In den aktuellen Ver-
Im ersten Projektjahr wurde in der Lehr- und suchen wird die Feststoffabtrennung mittels
Versuchsmolkerei des LAZBW ein der Indus- Dekanter optimiert, da hier erhebliches Po-
trie entsprechender Prozess für Haferdrinks tenzial hinsichtlich der Proteinausbeute be-
implementiert. Hierfür wurde u. a. eine De- steht. Mit optimalen Prozessparametern
kanterzentrifuge (Pilotmaßstab) angeschafft. konnten bereits Proteingehalte von über 1 %
Die Industrie setzt ebenfalls Dekanter zum und damit höhere Gehalte im Vergleich zu
Dr. Adrian Körzendörfer Abtrennen der Feststoffe ein. Für die weiteren kommerziellen Produkten erreicht werden.
LAZBW -Milchwirtschaft Prozessschritte kann auf die bestehenden An- Nach erfolgreicher Etablierung des Referenz-
Wangen- lagen der Lehr- und Versuchsmolkerei zurück- verfahrens ist im kommenden Verlauf des
adrian.koerzendoerfer@ gegriffen werden. Inzwischen konnten bereits noch bis November 2024 laufenden Projekts
lazbw.bwl.de erfolgreich erste Produktmuster hergestellt die Konzentrierung mittels Ultrafiltration ge-
Tel.: 07522 / 9312 - 161 werden. plant.
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