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Gartenbau und Sonderkulturen





       Dr. René Fuchs, Patricia Bohnert, Noemi Meßmer und Juliane Fuchs


       Grauburgunder Virus in deutschen Weinbaugebieten

       nachgewiesen



       Anders als der Name zunächst vermuten lässt, befällt das Grauburgunder Virus nicht nur die Rebsorte
       Grauburgunder, sondern wurde bereits in 28 unterschiedlichen Sorten, wie beispielsweise Cabernet
       Sauvignon, Chardonnay, Merlot, Riesling oder Spätburgunder, nachgewiesen. Das Grauburgunder
       Virus, oder kurz GPGV genannt (englisch für Grapevine Pinot gris virus), gehört zu den Trichoviren.
       Tricho leitet sich von dem griechischen Wort für Haar ab. Diese haarförmigen Pflanzenviren haben
       eine Länge von weniger als 0,001 mm bei einem Durchmesser von ungefähr 0,00001 mm und besitzen
       als  genetische  Information  ein  einzelsträngiges  RNA-Molekül.  Nachgewiesen  wurde  GPGV  zum
       ersten Mal 2012 in Italien in auffälligen Grauburgunder-Reben, wovon die Namensgebung abgeleitet
       wurde.



           ufgetreten sind die ersten Symptome der   Symptome schwer erkennbar           Abbildung 1
                                                                                          Typisch für das Grauburgunder
       AKrankheit an Reben in Trentino bereits                                           Virus sind die verkürzten
       im Jahr 2003. Jedoch erfolgte der Nachweis   Zu den Symptomen, die mit dem Graubur-  Internodien sowie die
       des bis dahin unbekannten Virus erst neun   gunder Virus in Verbindung gebracht wer-  chlorotischen Marmorierungen
                                                                                         und Deformationen der Blätter.
       Jahre später, als Fortschritte im Bereich mo-  den, gehören in erster Linie chlorotische Mar-
       derner Nachweismethoden dies zuließen.   morierungen und Deformationen der Blätter
       Mittlerweile wurde das Auftreten der Krank-  sowie ein gestauchtes Triebwachstum auf-
       heit nicht nur in Italien bestätigt, sondern   grund verkürzter Internodien (siehe Abb. 1).
       auch in sehr vielen anderen weinbaubetrei-  Diese Symptome treten besonders verstärkt
       benden Ländern  der  Welt (z.B.  Spanien,   im Frühjahr auf, können jedoch teilweise oder
       Frankreich, China, USA, Australien oder Bra-  sogar komplett  im Verlauf der Vegetations-
       silien). In Deutschland wurde das Virus erst-  periode wieder rauswachsen. Darüber hinaus
       mals 2015 nachgewiesen. Das Staatliche   ist die Entwicklung der Gescheine und Bee-
       Weinbauinstitut (WBI) in Freiburg konnte   ren gestört, was zu Reifeverzögerungen und
       das Grauburgunder Virus in Kooperation mit   Ertragsverlusten führen kann. Die Ausprä-
       der virologischen Abteilung des Leibnitz-In-  gung der Symptome kann nach jetzigem
       stituts Deutsche Sammlung von Mikroorga-  Kenntnisstand je nach Rebsorte unterschied-
       nismen und Zellkulturen (DSMZ) zunächst   lich ausfallen. So wiesen beispielsweise bei
       nur in einzelnen Riesling-Reben in Baden   Untersuchungen in deutschen Weinbaugebie-
       identifizieren. Inzwischen wurde das Virus in   ten positiv getestete Riesling- und Kerner-
       weiteren Weinreben unterschiedlicher Sorten   Reben keine Blattsymptome, sondern nur
       und  Anbaugebieten  in Deutschland gefun-  stark verkürzte Internodien mit einem Zick-
       den.                                     Zack-artigen Wuchs auf (siehe Abb. 2). Im
                                                Gegensatz dazu konnten in den Sorten Do-
       Wie hoch die tatsächliche Verbreitung des   mina, Gewürztraminer oder Weißburgunder
       Grauburgunder Virus in deutschen oder an-  die typischen  Symptome an  Blättern  und
       deren Gebieten weltweit ist, ist bislang nicht   Trieben verzeichnet werden. Gegenwärtig
       bekannt. Eine Abschätzung der Verbreitung   wird diskutiert, ob neben der Sortenabhän-
       des Virus aufgrund der Symptomatik ist aller-  gigkeit möglicherweise auch genetische Vari-
       dings schwierig, da GPGV neben erkrankten   anten des Virus für die Unterschiede in der
       Reben auch in symptomfreien Pflanzen nach-  Symptomausprägung verantwortlich sein
       gewiesen werden kann. Unter welchen Um-  können. Insbesondere bei symptomfreien
       ständen es zur Symptomausprägung an infi-  Reben, die mit GPGV infiziert sind, vermutet
       zierten Reben kommt und welche Faktoren   man das Vorhandensein eines weniger viru-
       dabei eine Rolle spielen, ist ebenfalls unklar.   lenten Isolats. Inwieweit sich die in den ver-



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