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Pflanzen- und Tierproduktion
ner wird auf den LAZBW Versuchsflächen Dokumentation zum Status quo der Segetal-
zunehmend auf eine mechanische oder kom- flora zu erstellen. Diese Erfassungen bildeten
binierte Beikrautregulierung gesetzt. Die die Grundlage für die Einschätzung des flo-
Hauptkultur (Ackerbohne, Winterweizen, Si- ristischen Potentials einzelner Ackerflächen.
lomais. Sommergerste) wird in Bettenreute Darauf aufbauend werden in einem Folge-
auf Teilflächen in Weiter Reihe (25 cm Rei- schritt gezielte Maßnahmen zum Schutz und
henabstand) gesät. Diese beiden Grundvor- zur Förderung einzelner seltener und gefähr-
aussetzungen sind ideal für die potentielle deter Ackerwildkrautarten formuliert und de-
Etablierung auch wenig konkurrenzfähiger, ren Umsetzung auf Teilflächen anvisiert. Für
seltener Ackerwildkräuter. Dort wo im Sa- die Bestimmung der Arten konnte das
menvorrat (Diasporenvorrat) des Ackerbo- LAZBW den Ackerwildkrautexperten Dr.
dens noch seltenere Segetalarten (lateinisch Stefan Meyer (Georg-August-Universität
seges: die Saat = Arten, welche die Saat be- Göttingen) gewinnen. Im Rahmen seiner
gleiten; als Synonym für Ackerwildkräuter / Kartierungen erstellte dieser Gesamtartenlis-
Ackerbegleitflora) vorhanden sind, haben ten und erhob die Deckungswerte der Kultur-
diese unter den verbesserten Lichtbedingun- pflanzen sowie der spontan auflaufenden
gen die Chance aufzulaufen. Da davon auszu- Segetalflora. Insgesamt wurden 27 je 100 m²
gehen ist, dass im Samenvorrat der Versuchs- große Vegetationsaufnahmen am Feldrand
flächen in Bettenreute jedoch überwiegend (50 x 2 m) bzw. im Feldinneren (10 x 10 m)
ubiquitäre, dominante Arten vorhanden sind, durchgeführt. Tatsächlich konnten auf eini-
stellte sich die Frage, ob eine gezielte Aussaat gen Ackerschlägen in Bettenreute Nachweise
und Etablierung seltener Ackerwildkräuter von seltenen, auf der Roten-Liste bzw. Vor-
gelingen kann. Diese Fragestellung war Ge- warnliste verzeichneten Arten erbracht wer-
genstand einer Masterarbeit von Sonja Kim- den.
mel an der Universität Hohenheim.
Zusätzlich finden auf Teilflächen weitere Ackerwildkrautarten in Bettenreute
schlagintegrierte, biodiversitätsfördernde
Maßnahmen (mehrjährige Brachen, Blüh- So wurden beispielsweise das Kleinfrüchtige
streifen, „Beetle Banks“, blühende Untersaa- Acker-Labkraut (Galium spurium subsp. vaillan-
ten, etc.) statt. Dadurch soll eine Lebens- tii), das Speißblättrige Tännelkraut (Kickxia
raumvernetzung auf Landschaftsebene er- elatine) und die Ackerröte (Sherardia avensis)
möglicht werden. Floristische und faunisti- sowie die Acker-Lichtnelke (Silene noctiflora)
sche Begleituntersuchungen sollen aufzeigen, nachgewiesen. Die genannten Arten kamen
inwiefern die Maßnahmen positive Effekte vermehrt auf Teilflächen der Schläge, die
auf die Agrarbiodiversität haben. Daraus ab- kleinflächig „extremere“ Standortbedingun-
leitend werden Leitlinien zur Anlage und gen (ackerbauliche Grenzertragsstandorte)
Pflege biodiversitätsfördernder Maßnahmen aufwiesen, vor. Diese Teilflächen sind bei-
entwickelt. Diese werden im Rahmen von spielsweise durch Staunässe (grundwasserna-
Praxistagen und Workshops den unterschied- he, anmoorige Bereiche) oder durch starke
lichsten Interessens- und Zielgruppen prä- Trockenheit (flächgründige, kiesige Kuppen)
sentiert. Darunter finden sich zum Beispiel gekennzeichnet. Hier weisen die Ackerfrüch-
Beratungskräfte aus den Bereichen Pflanzen- te oft standortbedingte Fehlstellen auf, was
bau und Biodiversität, landwirtschaftliche Be- eine Etablierung kleinerer, konkurrenzschwa-
triebe oder auch Auszubildende. cher Arten ermöglicht.
Es ist zudem davon auszugehen, dass unter
Segetalflora-Monitoring diesen Bedingungen die Wirksamkeit der
Herbizide reduziert war. Dadurch wurde ein
Neben einer Erfassung bodenlebender Arth- Auflaufen und Ausreifen der noch im Dias-
ropoden (Spinnen und Laufkäfer) über Bo- porenvorrat vorhanden Ackerwildkräuter er-
denfallen wurden in diesem Jahr umfangrei- möglicht. Bettenreute ist Bestandteil der
che floristische Kartierungsarbeiten auf oberschwäbischen glazialen Jungmoränen-
Ackerflächen durchgeführt. Diese umfassten landschaft und weist damit kleinräumige
sowohl artenreiche Bestände (Mischkultu- Standortbedingungen von extrem trocken bis Bild 4: Ackerwildkrauterexper-
te Dr. Stefan Meyer, Georg-
ren), als auch konventionelle Kulturen in zu extrem feucht vor. Diese texturbedingte August Universität Göttingen;
Reinsaat. Vorrangiges Ziel war eine präzise Heterogenität der Versuchflächen ist ideale Quelle: Dr. Stefan Meyer
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