Page 13 - Landinfo 2-2021 Schwerpunktthema Lernfeld Landwirtschaft
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Lernfeld Landwirtschaft







         Interview mit Lena Steinbuch
         (SoLaWiS e.V.)
         Hallo Lena, vielleicht kannst du den Lesern zunächst
         einen kurzen Überblick über die SoLaWiS geben.
         Die  Solidarische  Landwirtschaft  Stuttgart  (SoLaWiS)
         wurde  2012  von  Verbraucher*innen  gegründet  und
         kooperiert mit dem Reyerhof in Stuttgart-Möhringen
         und seit 2019 auch in kleinem Umfang mit dem Hof
         am Eichenhain. Nachdem wir im April 2013 mit ca. 40
         Anteilen angefangen haben, verteilen wir dieses Jahr
         bereits 530 Anteile. Ein Anteil besteht aus verschiede-
         nen Gemüsesorten, aber auch Brot oder Getreide, ei-
         nem Ei und ggf. Apfelsaft oder Erdbeeren und wird
         wöchentlich  an  25 Verteilpunkten  in  Stuttgart  an  ca.
         1.000 Mitglieder*innen verteilt. Jedes Jahr findet un-
         sere   Vollversammlung   statt,   auf   der   alle
         Mitglieder*innen gemeinsam mit dem Hof mögliche   Bild 3: Streuobsternte beim Reyerhof in Stuttgart-Möhrin-  Bild 4: Bei gemeinsamen
         Änderungen und das Budget für das kommende Jahr   gen gemeinsam mit Mitgliedern der SoLaWiS (Bild:   Hofeinsätzen bietet sich die
         beschließen, bevor sie in einer Bieterrunde ihr Zah-  SoLaWiS)                  Möglichkeit, die Landwirtschaft
         lungsversprechen für das kommende Jahr abgeben.                                 auch aus praktischer Sicht kennen
         Organisiert wird die SoLaWiS von einem Koordinati-                              zu lernen und sich mit Anderen
         onskreis, dem neben Mitgliedern auch die Betriebslei-                           auszutauschen. (Bild: SoLaWiS)
         ter des Reyerhofs angehören. Als zentrale Anlaufstel-
         le  unserer  Solawi  entscheidet  dieser  über  wichtige
         Belange der SoLaWiS. Ich persönlich engagiere mich
         seit  2012  in  der  Koordination  und  Organisation  der   dürfnisse abgestimmt und eine Überproduktion
         SoLaWiS und werde mittlerweile auch dafür bezahlt,   vermieden werden kann. Neben einem Mehr an
         dass  ich  mich  um  die  Mitgliederverwaltung  und   Abwechslung und Gestaltungsspielraum, kann
         Emails kümmere. Der Großteil unserer Aufgaben liegt
         aber  nach  wie  vor  im  Ehrenamt  und  wird  von  ver-  das vielfältige Anbauspektrum für die
         schiedenen Mitgliedern übernommen.     Landwirt*innen auch durchaus herausfordernd
         Welche Möglichkeiten gibt es für Mitglieder sich in   werden. Eine kleine Abhilfe schaffen hier oft-
         eurer Solawi zu engagieren. Wie ist eure Erfahrung
         damit?                                 mals angebotene freiwillige Hofeinsätze, in wel-
         An  monatlich  stattfindenden  Hofeinsätzen  auf  dem   cher nach einer kurzen Instruktion einfachere,
         Reyerhof  haben  die  Mitglieder  die  Möglichkeit,  sich   aber arbeitsintensive Arbeiten (z.B. Unkrautjä-
         an der anfallenden landwirtschaftlichen Arbeit zu be-  ten, Streuobsternte) durch die Mitglieder*innen
         teiligen. Zusätzlich gibt es jeden Mittwochnachmittag
         ein sogenanntes After-Work-Farming. Corona-bedingt   zuverlässig erledigt werden können (Abb. 4). So
         musste das in den vergangenen Monaten allerdings   übernehmen die Mitglieder nicht nur mehr Ver-
         größtenteils ausfallen. Stattdessen haben wir einige   antwortung, sondern erhalten auch einen Ein-
         digitale Themen- und Infoabende organisiert, um uns
         auszutauschen  und  weiterzubilden. Wir  freuen  uns,   blick in die landwirtschaftliche Praxis. Durch
         bald wieder an Verteilpunkttreffen und Sommerfesten   den direkten Austausch zwischen Landwirt*innen
         die  solidarische  Gemeinschaft  zu  stärken. Auch  das   und Verbraucher*innen wird ein Perspektiven-
         gemeinsame Jäten, Pflanzen oder Hacken hoffen wir
         demnächst  wieder  aufgreifen  zu  können.  Das  wahr-  wechsel ermgölicht, wodurch das gegenseitige
         haftige Erleben der Lebensmittelproduktion (z.B. den   Verständnis wächst und die Wertschätzung für
         Widerstand des Ampfers zu spüren oder eine Möh-  die landwirtschaftlich erzeugten Produkte steigt.
         renernte zu verladen) kann nicht nur eine tief befriedi-
         gende Tätigkeit sein, sondern hilft auch, das Verständ-  Darüber hinaus gibt es oftmals zahlreiche weite-
         nis  von  landwirtschaftlichen  Zusammenhängen  und   re Möglichkeiten, sich in der Solawi zu vernet-
         lebendigen  Prozessen,  die  das Wort  „Lebensmittel“   zen und zu engagieren.
         ausmachen, auch zu verstehen.
         Neben dem Koordinationskreis beschäftigen sich die
         Mitglieder  der  SoLaWiS  in  verschiedenen  Arbeits-  Zurückkommend auf die Einleitung lässt sich
         gruppen  und  Arbeitskreisen  mit  diversen Themen:   festhalten, dass die Solidarische Landwirtschaft
         Zum Beispiel der Planung der Vollversammlungs, der
         Koordination der Verteilpunkte, dem Hofbudget sowie   mit ihren Prinzipien weit über eine gewöhnliche
         der aktuell anstehenden Transformation, die sich der   Direktvermarktung hinausgeht. Neben einer ge-
         Frage  widmet,  wie  wir  trotz  begrenzter  Kapazitäten   steigerten ökonomischen Resilienz für die
         auch  noch  weiteren  Menschen  im  Stuttgarter  Raum                           Axel Weselek
         die Teilnahme  an  der  Solawi  ermöglichen  kön-  Landwirt*innen kann durch Regionalität, Saiso-
         nen. Wie bei jedem Gemeinschaftsprojekt sind   nalität und Vielfalt ein aktiver Beitrag zum Um-  LTZ Emmendingen-
         die  Mitglieder  sehr  unterschiedlich  engagiert:   welt- und Artenschutz geleistet werden. Durch   Hochburg
         einige beteiligten sich regelmäßig und vielsei-  hohe Transparenz und eine aktive Kommunika-  am Kompetenzzentrum
         tig, während wiederum andere ab und an dazu   tion, wächst das gegenseitige Vertrauen und Ver-  Ökologischer Landbau
         kommen oder die Solawi vor allem durch ihre                                     Baden-Württemberg
         Finanzierungszusage  und  ihren  Wunsch,  Teil   ständnis zwischen Landwirt*innen und
         der SoLaWiS zu sein, unterstützen. Wir freuen   Verbraucher*innen.             (KÖLBW)
         uns sehr über die ausgewogene Mischung und                                      Tel: 07641 / 957890 - 20
         unsere Gemeinschaft.                   Quellen:                                 axel.weselek@ltz.bwl.de



       Landinfo 2 / 2021                                                                                     13
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