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Björn Lutsch
Erforschung von Ausbreitungsdynamiken
invasiver Insekten für die Prognose
zukünftiger Schädlinge
Spätestens seit Beginn der Containerrevolution in den 1960er Jahren und der damit einhergehenden
Vernetzung von Handelspartnern auf der gesamten Welt, kam es auch in Deutschland zu einer Zunah-
me von Einschleppungen gebietsfremder Organismen. Die meisten davon konnten sich hier nicht
durchsetzen oder blieben unscheinbar, andere wurden jedoch invasiv und verursachten zum Teil mas-
sive Schäden in der Landwirtschaft, Natur und Gesellschaft. Aus diesem Grund wurde 2018 das Ver-
bundprojekt „ProgRAMM“ mit dem Ziel ins Leben gerufen, die Etablierungswahrscheinlichkeit und
das Schadpotential von neu in Deutschland auftretenden Insekten anhand eines Computermodells
vorherzusagen. An diesem BMEL-Projekt unter der Trägerschaft des BLE waren, neben dem LTZ Au-
gustenberg, auch das Julius Kühn-Institut (JKI) und das Potsdam Institut für Klimafolgenforschung
(PIK) beteiligt.
„ProgRAMM“ – Monitoring für die Bisher werden PRAs vor allem auf Grundla- Bild 1: Larve des Baumwollkapsel-
Pflanzengesundheit ge von Literatur aus den Herkunftsländern wurms; Quelle: Zimmermann, LTZ
oder anderen neuen Befallsgebieten erstellt.
Befeuert durch den Klimawandel sind es vor Das im Zuge von „ProgRAMM“ durch das
allem klimasensitive Insekten, die von steigen- JKI entwickelte Computermodell soll dabei
den Temperaturen, milden Wintern und tro- helfen, die verfügbaren Informationen besser
ckenen, heißen Sommern profitieren und so auf die zukünftige Entwicklung in Deutsch-
zu invasiven Schädlingen werden können. Im land zu beziehen und so eine genauere Vor-
Projekt wurden daher auch die Auswirkungen hersage zu ermöglichen. Dafür wurden sechs
des prognostizierten Klimawandels und die Schadinsekten ausgewählt, die modellhaft für
Verfügbarkeit von Wirtspflanzen in der Land- unterschiedliche Ausbreitungsdynamiken ste-
wirtschaft miteinbezogen. „ProgRAMM“ hen und daher auf andere Insekten übertra-
steht für „proaktive pflanzengesundheitliche gen werden sollen. Für die ausgewählten Ar-
Risikoanalyse durch Modellierung und Moni- ten wurde durch das LTZ Augustenberg zwi-
toring“ und spielt auf den Nutzen an, den das schen 2018 und 2022 ein bundesweites, eng-
Projekt für die amtliche Pflanzengesundheit maschiges Monitoring durchgeführt, in das
haben soll. Aufgabe des Projektes ist es, für auch Bürger miteinbezogen wurden („Bür-
jedes neu auftretende, potentiell schädliche gerwissenschaften“ bzw. „Citizen Science“),
Insekt eine Risikoanalyse (PRA) durchzufüh- um die aktuelle Ausbreitung möglichst gut
ren, aus der dann wiederum weitere Maßnah- nachvollziehen zu können. Außerdem wur-
men zur Gefahrenabwehr abgeleitet werden. den Veröffentlichungen und das Internet
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