Page 65 - Landinfo_ 1_2022_Klimawandel
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Aus den Dienststellen
Wildbienen, Schwebfliegen sowie Schmetter- Tobias Bahnmüller vom RP Tübingen be-
linge an. Allerdings geht mit den vertikalen leuchtete das Thema FAKT-Blühflächen aus
Blühmodulen auch ein hoher Wasserver- pflanzenbaulicher Sicht. Für die Anlage von
brauch und Pflegeaufwand einher. Es bedarf Blühflächen oder -streifen können zum Ein-
also noch einiger Optimierung der Blühmo- stieg leicht Standorte an Waldrändern oder in
dule und somit können wir gespannt sein, ob Grenzlagen sowie ungünstig geschnittene
wir diese in Zukunft öfter an Gebäudefassa- Feldteile und Vorgewende herangezogen
den betrachten dürfen. werden. Hier hält sich der Verlust an ertrag-
reicher Produktionsfläche in Grenzen. Des
Weiteren ist bei der Flächenauswahl darauf zu
Biodiversität auf den Acker bringen achten, dass keine Wurzelunkräuter vorkom-
men. Diese sollten generell über die Frucht-
Die Vorträge unter dem Titel „Wieviel Biodi- folge hinweg reguliert werden. Es empfiehlt
versität passt auf meinen Acker? – Bienen, sich, die Saatstärke der Mischungen nicht zu
Blüten und Produktion“ waren an Landwirte, gering zu wählen. Blühmischungen hinterlas-
Berater und Verbandsvertreter gerichtet. Bio- sen eine hervorragende Bodenstruktur. Die-
diversitätsmaßnahmen werden bereits zahl- ser Vorfruchteffekt ist gut nutzbar für Getrei-
reich auf landwirtschaftlichen Flächen umge- de oder Mais als Folgekultur. Ziel bei der
setzt. Ein Zuwachs an Maßnahmen ist von Etablierung der Folgekultur ist es, diese
allen Seiten erwünscht und auch erforderlich. Struktureffekte zu erhalten. Es gilt, den Bo-
Gerade auch die Landwirtschaft ist auf ein deneingriff so flach wie möglich und so tief
gut funktionierendes Ökosystem angewiesen. wie nötig zu halten. Kann in der Folgekultur Bild 4: Im Weite-Reihe-Getreide
Für die Praxis stellt sich aber die Frage, wie der Pflanzenschutzmitteleinsatz im Idealfall mit artenreicher, blühender
Maßnahmen gerade im Ackerbau sinnvoll verringert werden, so war die Einbindung der Untersaat soll Biodiversität und
Produktion vereint werden;
umgesetzt werden können - schließlich sollen Blühfläche in die Fruchtfolge erfolgreich. Quelle: Julia Walter.
die Maßnahmen gleichzeitig eine hohe Wir-
kung für die Artenvielfalt erzielen und im An-
bausystem gut integrierbar und handhabbar
sein.
Im Einführungsvortrag stellte Conny Hüber
die positive Wirkung von FAKT-Blühmi-
schungen auf bestäubende Insekten vor. Eine
Studie von Knuff et al. 2021 („Zweite Ad
hoc-Studie zur faunistischen Bewertung von
FAKT-Blühmischungen“) zeigte, dass auf
FAKT-Blühflächen, insbesondere auf mehr-
und überjährigen Flächen, im Vergleich zu
den blühenden Ackerkulturen Raps und Le-
guminosen mehr Arten und Individuen an
Bienen, Tagfaltern und Schwebfliegen vor-
kommen. Generell gilt: Je mehr Pflanzenar-
ten, desto höhere Artenzahlen an Tieren. So
sind über- und mehrjährige FAKT-Blühflä-
chen für Insekten wertvoller als einjährige, da
die Blühmischungen mehr Pflanzenarten ent-
halten und durch die Aussaat im Vorjahr be-
reits ein Blühangebot im Frühjahr besteht.
Neben Blühflächen als wichtige Pollen- und
Nektarquelle bedarf es aber auch einer hohen
Habitatdiversität, um Insektenpopulationen
in der Agrarlandschaft zu erhalten. So benö-
tigen Bienen auch Nistmöglichkeiten,
Schwebfliegen brauchen Larvennahrung und
Tagfalter sind auf Raupenfutterpflanzen an-
gewiesen.
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