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Klimawandel
ren Bodenschichten noch Wasserreserven
erschließen können. Wegwarte und Luzerne
sind hier als Beispiele zu nennen, jedoch kön-
nen auch tiefwurzelnde unerwünschte Arten
(z.B. Stumpfblättriger Ampfer, Distelarten
und Schafgarbe, Löwenzahn, Jakobskreuz-
kraut, Bild 3) durch langanhaltende trockene
Bedingungen profitieren und anschließend
oftmals deutlich stärker im Bestand auftreten
als zuvor. Ein Effekt, der einerseits darauf
beruht, dass diese Pflanzen sich besser halten,
andererseits auch, weil die wünschenswerten
Pflanzen sich mehr und mehr aus dem Be-
stand verabschieden und kaum noch eine gu-
te Konkurrenzkraft aufweisen.
Generell ist hier zu erwähnen, dass Grünland-
bestände mit einer hohen Vielfalt an Arten
und funktionellen Gruppen (z.B. Tiefwurzler,
Stickstoffbinder, Frühblüher etc.) eine ver-
gleichsweise große Resilienz gegen Umwelt-
einflüsse besitzen. Das funktioniert nach dem Bild 3: Disteln nach der Trockenphase; Quelle: LAZBW, Prof. Dr. M. Elsäßer
Motto: „wenn eine Art im Bestand leidet,
kann vielleicht eine andere Art diese Lücke
schließen“. Da sich verschiedene Arten aus
den funktionellen Gruppen in Ihren Eigen-
schaften (z.B. Zeitpunkt und Tiefe der Was- Stress für die Bestände reduzieren
ser- und Nährstoffaufnahme) unterscheiden
und ergänzen, sorgt diese für eine größere Abgesehen von der Artenwahl sollte in der
Resilienz gegenüber Trockenphasen. Unver- Bewirtschaftung auf eine Reduktion des
zichtbar in der Grünlandwirtschaft ist vor nicht-klimatischen Stresses geachtet werden.
allem das Deutsche Weidelgras. Weidelgrasar- So sollten Stressfaktoren, wie Güllebede-
ten sind allerdings sehr wasserbedürftig, ckung des Bestandes, Striegeln während Tro-
flachwurzelnd und wenig trockenheitstole- ckenphasen (v.a. im Extensivgrünland), Bo-
rant. denverdichtung und ähnliches vermieden
werden. Da bekannt ist, dass Pflanzen unter
Es hat sich jedoch gezeigt, dass sich Deut- Trockenstress vermehrt Reserven in den
sches Weidelgras nach Trockenphasen wieder Stoppeln bilden, ist auf eine entsprechend
sehr gut erholt. Da die Resilienz des Deut- hohe Schnitthöhe (> 7cm) beziehungsweise
schen Weidelgras jedoch stark sortenabhän- Weidenutzung zu achten.
gig ist, muss dies bei der Auswahl des Saatgu-
tes unbedingt beachtet werden. Es konnte
außerdem festgestellt werden, dass stickstoff- Fazit
fixierende Leguminosen, wie Luzerne und
Rotklee, eine hohe Trockenheitstoleranz auf- Die globale Erwärmung stellt eine sehr große
weisen und somit zur Ertragssicherung wäh- Herausforderung für den Futterbau dar und
rend ausgeprägter Trockenphasen beitragen diverse Anpassungen sind nötig um eine si-
können (Bild 2: Rotklee in Trockenphase). Es chere Futterversorgung zu gewährleisten. Ei-
ist daher darauf zu achten, dass bei Grün- ne angepasste Bewirtschaftung kann sowohl
landverbesserungsmaßnahmen, wie z.B. der zu einer vergleichsweise guten Ertragsstabili-
Nachsaat, vor allem auf besonders gefährde- tät und Futterqualität als auch zu einer Reduk-
ten Standorten entsprechend trocken- tion der Umweltauswirkungen beitragen. Der
heitstolerante Arten und Sorten ausgewählt Erhalt von Dauergrünland und die damit ver- Dr. Marcus Schlingmann
werden. Hier fehlen allerdings teilweise noch bundene Nutzung durch Wiederkäuer bleibt LAZBW Aulendorf
konkrete Ergebnisse aus den Sortenversu- in diesem Zusammenhang jedenfalls essenti- Tel.: 07525 / 942 - 507
chen. ell, um eine nachhaltige Versorgung mit hoch- marcus.schlingmann@
wertigen Lebensmitteln sicherzustellen. lazbw.bwl.de
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