Page 64 - Landinfo Ausgabe 2-2022
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Hauswirtschaft und Ernährung
Direktvermarktung in der Tram
Ihr geplantes Projekt „Hofladentram“ stell-
ten Professor Dr. Ingo Dittrich und Jana
Neumann, Hochschule Offenburg vor. Bei
der Hofladentram handelt es sich um eine
umgebaute Straßenbahn, die auf einer defi-
nierten Strecke im Großraum Karlsruhe fährt
und an ausgesuchten Haltestellen den Kun-
den für einen Einkauf im fahrenden Hofla-
den zur Verfügung steht. Die beteiligten di-
rektvermarktenden Betriebe können an be-
stimmten Haltestellen die Bahn mit ihren
Waren bestücken. Die Kunden kaufen entwe-
der spontan oder holen ihre vorbestellten Wa-
ren an den Haltestellen ab. Das Verkaufsper-
sonal wird aktuell über einen Sponsor bezahlt.
Das Projekt startet erst, so dass bislang nicht
absehbar ist, ob es auch wirtschaftlich renta-
bel ist. Die Projektphase wird von Studieren-
Abb 2: Nachhaltigkeitspolygon (3) Pflege, den Erhalt und die Aufwertung arten- den begleitet.
Quelle: BFH-HAFL 2022 reicher, naturnaher Lebensräume und nicht
zuletzt durch die Förderung der Diversifizie-
rung der landwirtschaftlichen Betriebe. Von der Theorie in die Praxis
So macht es der Lebensmitteleinzel- Nach der Mittagspause ging es in verschie-
handel dene Workshops.
Ein Workshop befasste sich mit RISE - Me-
Der Lebensmitteleinzelhandel hat längst er- thode zur maßnahmenorientierten Nachhal-
kannt, dass zunehmend mehr Kunden eine tigkeitsbewertung. Veronika Zbinden von der
nachhaltige Wirtschaftsweise und nachhaltig Hochschule für Agrar-, Forst- und Lebens-
erzeugte Produkte wünschen. Dr. Clemens mittelwissenschaften in Bern stellte RISE vor.
Dirscherl von der Firma Kaufland, erläuterte Anhand verschiedener Indikatoren, wie z.B.
am Beispiel des Tierwohlprogramms „Wert- Bodennutzung, Tierhaltung, Energie und Kli-
schätze “ die Anforderungen von Kaufland an ma, Arbeitsbedingungen, Wirtschaftlichkeit,
die Produzenten von Schweinefleisch. Die wird im Betrieb die Ist- Situation beschrieben.
Etablierung dieses Programms ist die Ant- Visualisiert wird diese dann anhand eines Po-
wort auf die gestiegenen Anforderungen von lygons (Abb. 2). Nach der Auswertung erhal-
Kunden in Bezug auf Tierhaltung und Trans- ten die Betriebe ein Feedback und erarbeiten
parenz der Produkte. Dabei sei die Imple- Maßnahmen zu den Bereichen, die verbessert
mentierung von Tierwohl immer ein Kom- werden sollen. Danach geht es an die Umset-
promiss, da es in einigen Punkten einen Ziel- zung. Der gesamte Prozess wird begleitet,
konflikt zwischen umweltgerechtem Handeln beginnend mit einem Vorbereitungsgespräch,
und Haltung der Tiere gibt. Als Beispiel nann- der Dateneingabe und Interviews. Eine wich-
te er Tierwohl gegen Klimaschutz, z.B. bei tige Voraussetzung ist, dass die Betriebe frei-
den Themen Außenstall und Emissionen willig an RISE teilnehmen. Nur wenn die Be-
oder Bäuerliche Landwirtschaft gegen Klima- triebe den Nutzen für sich erkennen, lohnt
schutz in Bezug auf Transporteffizienz und sich der finanzielle und zeitliche Aufwand.
Erreichbarkeit. Dirschel sieht im kundigen
Verbraucher eine Chance für die Direktver- Im Workshop „Nachhaltigkeit in der Produk-
marktung, vorausgesetzt die angebotenen tion“ kamen Praktiker zu Wort. Familie Hag-
Produkte sind stimmig und transparent. Es dorn baut seit 2006 Tomaten an und bewirt-
gäbe keine Standardlösung für nachhaltiges schaftet aktuell eine Fläche von 6 ha unter
Handeln für die Betriebe, sondern jeder Be- Glas mit 70 Arbeitskräften. Sie erläuterten,
trieb müsse Prioritäten setzen und dabei auch auf was sie beim Anbau, im Verkauf und bei
Kompromisse eingehen. der Verpackung achten. Ein geschlossener
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