Page 58 - Landinfo 2-2021 Schwerpunktthema Lernfeld Landwirtschaft
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Aus den  Landesanstalten





                                   nannten Arten äußerlich praktisch nicht unter-  in Teilen von Frankreich, Italien, Slowenien und
                                   scheiden lassen. Nur über aufwendige Untersu-  Kroatien. Er wird daher oft auch als „italieni-
                                   chungen der DNA ist eine sichere Zuordnung   scher Steinbeißer“ bezeichnet. Es wird vermu-
                                   möglich.                                 tet, dass er über den Bieler See und die ange-
                                                                            schlossene Aare aus der Schweiz in den Rhein
                                   Genau dieser Aufgabe stellte sich ein groß ange-  eingewandert ist. Wie weit sich der südliche
                                   legtes Biodiversitätsprojekt der Fischereifor-  Steinbeißer im Rheingebiet ausbreitet hat, ist
                                   schungsstelle Baden-Württemberg (Landwirt-  bisher nicht bekannt. Die bisherigen Ergebnisse
                                   schaftliches Zentrum Baden-Württemberg,   des Biodiversitätsprojekts zeigen nun jedoch,
                                   LAZBW). Das durch das „Sonderprogramm zur   dass der Neuankömmling bereits größere und
                                   Stärkung der biologischen Vielfalt“ (Ministeri-  stabile Bestände in Baden-Württemberg ausbil-
          Abb. 1: Übersicht zum Steinbei-  um für Ländlichen Raum und Verbraucher-  det. Verlässliche Aussagen zur Verbreitung der
          ßervorkommen in Baden-Würt-
          temberg. Der südliche Steinbeißer   schutz, MLR) und der Fischereiabgabe Baden-  verschiedenen Steinbeißerarten können jedoch
          wurde bisher nur im südlichen   Württemberg finanzierte Projekt untersucht   erst getroffen werden, wenn alle erhobenen Da-
          Oberrheingebiet nachgewiesen;   neben einer Reihe von weiteren Fisch-, Neun-  ten vollständig ausgewertet sind.
          Quelle LAZBW
                                   augen- und Krebsarten auch das Vorkommen
                                   des Steinbeißers in Baden-Württemberg. Ausge-
                                   wählte Bestände wurden dazu genetisch (Unter-  Durch menschliche Einflüsse bedroht
                                   suchung des Erbguts) und morphometrisch
                                   (Untersuchung der Form) unter die Lupe ge-  Allgemein zeigt die aktuelle Bestandsituation
                                   nommen.                                  beim Steinbeißer exemplarisch den Erhaltungs-
                                                                            zustand vieler Kleinfischarten in Baden-Würt-
                                                                            temberg auf. Durch Gewässerverschmutzungen,
                                     Erstnachweis des südlichen Steinbei-   Ausbaumaßnahmen und andere Beeinträchti-
                                     ßers                                   gungen kam es in der Vergangenheit zu landes-
                                                                            weiten Bestandsrückgängen. Vor allem im Do-
                                   Parallel zu den Untersuchungen im Projekt er-  naueinzugsgebiet sind heute nur noch einzelne
                                   reichte die beteiligten Wissenschaftler der Hin-  stabile Steinbeißerbestände bekannt (Abb. 1).
                                   weis aus dem Regierungspräsidium Freiburg (G.   Erfreulicherweise kann in den letzten Jahren im
          Aktueller Buchtipp:      Bartl), dass eine ungewöhnliche Form des Stein-  Rheingebiet eine leichte Erholung der Bestände
          Die Bodenseefischerei aus allen   beißers im Oberrhein gesichtet wurde. Eine ers-  festgestellt werden. Die Gründe dafür sind nicht
          Blickwinkeln „Von Fischen,
          Fischern und Forschern – Ein   te Auswertung der gewonnenen Daten bestätig-  vollständig geklärt, der Steinbeißer scheint aber
          Streifzug durch die Bodenseefi-  te diese Aussage: In mehreren Nebengewässern   von der verbesserten Wasserqualität zu profitie-
          scherei“ - zu beziehen bei   des südlichen Oberrheins (Abb. 1) konnten Fi-  ren. Welche Auswirkungen die Ausbreitung des
          http://shop.ffs-360.de.   sche identifiziert werden, welche sich äußerlich   südlichen Steinbeißers auf die im Rhein etab-
                                   klar in einem Merkmal von den bisher unter-  lierten Arten hat, müssen weitere Studien klä-
                                   suchten Steinbeißern unterschieden. Anstatt   ren.
                                   einem einzelnen schwarzen Punkt auf dem
                                   Schwanzstiel wiesen diese Tiere zwei Punkte auf   Es zeigt sich jedoch schon jetzt eindrücklich,
                                   (Bild 3).                                dass Untersuchungsprogramme, wie das aktuel-
                                                                            le Biodiversitätsprojekt, dabei helfen die sich
                                   Dieses Merkmal kann unzweideutig dem südli-  dynamisch wandelnde Umwelt besser zu verste-
          Samuel Roch              chen Steinbeißer (Cobitis bilineata) zugeordnet   hen. Und nur mit diesem Wissen können insbe-
          Tel.: 07543 / 9308 - 336  werden. Die Art kannte man bisher nur aus ei-  sondere bedrohte Fischarten, wie der Steinbei-
          samuel.roch@lazbw.bwl.   nigen Seen der Schweiz und südlich der Alpen   ßer, effektiv und nachhaltig geschützt werden.
          de                                                                Die Ergebnisse sind zudem relevant für konkre-
                                                                            te  zukünftige  Maßnahmen  zur  Stützung  und
          Dr. Jan Baer                                                      Ausweitung gefährdeter Populationen. Sie er-
          Tel.: 07543 / 9308 -  314                                         möglichen zum Beispiel die Umsiedlung von
          jan.baer@lazbw.bwl.de                                             gebietsstämmigen Wildbeständen in geeignete
                                                                            benachbarte Gewässer.  
          Dr. Alexander Brinker
          LAZBW,                                                            Weitere Informationen und aktuelle Veröffent-
          Fischereiforschungsstelle                                         lichungen zum Projekt finden sich unter:
          Tel.: 07543 / 9308 - 324   Bild 3: Der südliche Steinbeißer lässt dich durch einen
          alexander.brinker@lazbw.  zweiten schwarzen Punkt am Schwanzstiel klar von   https://lazbw.landwirtschaft-bw.de/pb/,Lde/
                                   anderen Steinbeißerarten unterscheiden.
          bwl.de                   Bild: LAZBW, Samuel Roch                 Startseite/Themen/Biodiversitaet+in+B_-W_


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