Page 13 - Landinfo Biodiversität
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Schwerpunktthema






         René Greiner, Anne Wischemann

         Rebhuhn – Quo vadis?




         Um die Arten der offenen Agrarlandschaft ist es derzeit schlecht bestellt. Das Erschreckende: Es
         betrifft nicht nur zahlreiche Insektenarten, sondern auch ehemalige Allerweltsarten, allen voran das
         Rebhuhn.  In  der  Roten  Liste  Baden-Württemberg  wird  das  Rebhuhn  in  der  Kategorie  1  (vom
         Aussterben bedroht) geführt und steht somit symptomatisch für den Verlust der Biodiversität in der
         Agrarlandschaft. Der Bestand des Rebhuhns ist europaweit seit 1980 um 94 Prozent zurückgegangen,
         Baden-Württemberg ist von dieser negativen Entwicklung nicht ausgenommen.












                                                                                                   Foto: privat/LJV



           och woran liegt es? Den Finger nur gegen die   ser Einflussfaktoren wird deutlich, dass andere
       DLandwirtschaft zu erheben wäre deutlich zu   zusätzliche Faktoren das Fass oftmals zum Über-
       kurz gegriffen und würde nicht die Komplexität   laufen bringen, da die Bestände diese nicht kom-
       des Problems wiederspiegeln. Natürlich hat sich   pensieren können. Durch Witterungsextreme, vor
       die Landbewirtschaftung in den letzten Jahrzehn-  allem zur Brut- und Setzzeit, oder permanente
       ten stark verändert und damit auch die Lebens-  Störung in den wenigen Rückzugsbereichen ist
       raumqualität für Wildtiere im Offenland. Doch   den Offenlandarten eine erfolgreiche Reprodukti-
       neben der Landwirtschaft gibt es noch eine ganze   on oft nicht in ausreichendem Maße möglich.
       Reihe anderer Faktoren, die berücksichtigt werden
       müssen. Der Flächenverbrauch durch Siedlungs-
       und Gewerbebau sowie Infrastrukturmaßnahmen   Das Projekt
       findet nach wie vor statt. Zwar ist der Trend der-
       zeit rückläufig, aber es wird dennoch jeden Tag im   Um dieser komplexen Problemlage etwas entge-
       Land Fläche verbraucht, was den Druck auf die   genzusetzen, wurde im Jahr 2016 das Kooperati-
       verbliebenen Freiflächen verschärft. Zumal die   onsprojekt „Allianz für Niederwild“ der Wildfor-
       Landwirtschaft in der Regel zweimal Fläche ver-  schungsstelle des Landes Baden-Württemberg am
       liert – durch den Eingriff selbst und die damit   LAZBW und des Landesjagdverbandes Baden-
       verbundenen Ausgleichsmaßnahmen, mit denen   Württemberg gestartet, das durch das Ministerium   Rotationsbrache:
       Offenlandarten wie das Rebhuhn nur allzu oft   für Ländlichen Raum und Verbraucherschutz aus   „Eines wird bei der neuen
       nicht wirklich etwas anfangen können. Hinzu   Mitteln der Jagdabgabe und dem Sonderpro-  FAKT-Maßnahme schnell deutlich:
                                                                                         Die Strukturvielfalt wird auf
       kommt, dass Beutegreifer wie der Rotfuchs in den   gramm Biologische Vielfalt gefördert wird. Wol-  Schlagebene erhöht, da in den
       letzten Jahren im Bestand stark zugenommen ha-  len Lösungen für die beschriebenen Probleme   Folgejahren im Wechsel nur die
       ben. In den 70er- und 80er-Jahren wurde durch die   gefunden werden, braucht es ein breites Bündnis   Hälfte neu angelegt wird.“
       landesweite Tollwut-Immunisierung ein natürli-  aller Akteure in der Agrarlandschaft, eine „Allianz
       ches Regulativ beim Rotfuchs ausgeschaltet.   für Niederwild“. Sie ist ein breites Bündnis von
       Kombiniert mit seiner Anpassungsfähigkeit an   Jägern, Naturschützern, Kommunen, Landwirten,
       unsere heutige Kulturlandschaft und neue Le-  Grundeigentümern, Behörden und Forschungs-
       bensräume verschärft er, gemeinsam mit anderen   einrichtungen im Land. In einem Leitbild haben
       Beutegreifern, die Situation der Offenlandarten   sich die verschiedenen Akteure auf eine gemein-
       zusätzlich. Vor allem bodenbrütende Vogelarten   same Position zum Rückgang der Artenvielfalt im
       sind hiervon betroffen. Vor dem Hintergrund die   Agrarraum und zu den übergeordneten Zielen des



       Landinfo 3 | 2019                                                                                     13
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