Page 69 - Landinfo 5_2021 Akademie für Landbau und Hauswirtschaft Kupferzell
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Aus den Landesanstalten








          Michael Asse ist seit 1. Oktober 2020 Leiter des Landwirtschaftlichen Zentrums Baden-Württemberg (LAZBW).
          Zeit, eine erste Bilanz zu ziehen.  ….
          Was waren die größten Herausforderungen in Ihrem ersten Jahr?
             Die größte Herausforderung in den ersten 12 Monaten bestand mit Sicherheit darin das gesamte Zentrum samt Strukturen und
             den über 200 Mitarbeiter*innen an den drei Standorten Aulendorf, Wangen und Langenargen kennenzulernen. Eine wesentli-
             che Grundlage für ein vertrauensvolles Miteinander ist, dass die Kolleg*innen mich kennen, was gerade in meiner Funktion
             sehr wichtig ist. In einer von Einschränkungen geprägten Zeit (Corona-Pandemie) ohne Betriebsversammlungen, Weihnachts-
             feiern oder Ähnlichem war dies eine besondere Herausforderung. Im Übrigen ist das Kennenlernen, vor allem vieler Abläufe,
             noch nicht beendet. Die angesprochene Corona-Pandemie und die damit verbundenen Einschränkungen und vor allem Heraus-
             forderungen fielen genau in meine ersten 12 Monate. Dies war für das gesamte Zentrum eine enorme Herausforderung, die
             glücklicherweise durch sehr motivierte Mitarbeiter*innen gemeistert wurde bzw. aktuell gemeistert wird.
             Eine weitere Herausforderung nicht nur für mich sondern für die gesamte Einrichtung waren die Personalwechsel der letzten 12
             Monate, vor allem im Bereich der Fachbereichs- und Referatsleitungen. Bei einer Einrichtung wie dem LAZBW und der dazuge-
             hörigen Personalstärke zählen Personalwechsel zum Tagesgeschäft. In den vergangenen 12 Monaten war dies m.E. jedoch
             schon außergewöhnlich und ein regelrechter Generationswechsel in den Fachbereichen 1 „Bildung und angewandte Forschung,
             Rinderhaltung“ und 3 „Grünlandwirtschaft, Futterbau“. Mit den Verabschiedungen unter anderem von Herrn Prof. Dr. Elsäßer,
             Herrn Dr. Jilg und Frau Dr. Herre haben langjährige Kompetenzen die Anstalt verlassen. Die Stellen konnten glücklicherweise
             alle sehr schnell mit hochmotivierten und fachlich kompetenten Kolleg*innen besetzt werden.

          Was sind die Besonderheiten des LAZBW?
             Das Besondere am LAZBW ist mit Sicherheit die fachliche Breite mit welcher sich die über 200 Mitarbeiter*innen an den drei
             Standorten beschäftigen. Die wenigsten der Menschen, die ich in den vergangenen 12 Monaten außerhalb des LAZBW kennen-
             gelernt habe, vermuten hinter einer Bezeichnung wie dem „Landwirtschaftlichen Zentrum“ eine Landesanstalt, die sich neben
             der Landwirtschaft mit Themenbereichen der Milchverarbeitung oder Molkereiwirtschaft, der Fischereiforschung oder der Wild-
             forschung beschäftigt. In all diesen Themenfeldern eine hohe fachliche Kompetenz vorzuhalten ist schon eine Besonderheit.
          Wo sehen Sie die besondere Stärke des LAZBW?
             Die eine besondere Stärke gibt es am LAZBW nicht, vielmehr existieren eine Vielzahl an Stärken, die das Zentrum auch ein Stück
             weit einzigartig machen.
             Nach dem Brand am Standort Aulendorf im Jahr 2018 laufen aktuell die Baumaßnahmen zum Wiederaufbau bzw. zur strategi-
             schen Weiterentwicklung. Mit den neuen und vor allem modernen Strukturen werden wir herausragende Möglichkeiten haben,
             die sowohl im Bereich des Wissenstransfers (Aus-, Fort- und Weiterbildung) als auch den praxisorientierten Forschungstätigkei-
             ten genutzt werden. Doch schon heute sehe ich eine besondere Stärke darin, dass am LAZBW der Wissenstransfer in nahezu
             allen Bereichen aus einer Kombination aus Theorie und Praxis stattfindet. Sowohl am Standort Aulendorf wie auch in Wangen
             arbeiten wir mit Lehrwerkstätten bzw. einer Lehrmolkerei um die theoretischen Kenntnisse in der Praxis umzusetzen. In Aulen-
             dorf wird investiert und gebaut, am Standort Wangen hat man jüngst in die Räumlichkeiten der Fachschule investiert bzw. wird
             die Bauarbeiten im kommenden Frühjahr abschließen.
             Eine wichtige Grundlage und gleichzeitig Stärke für unseren Wissenstransfer ist die eigene angewandte, praxisorientierte und
             wissenschaftlich begleitete Projekttätigkeit, in dessen Rahmen zahlreiche Themenbereiche bearbeitet werden. Dies gilt für alle
             Fachbereiche am LAZBW. So stehen am Standort Aulendorf aktuell viele Themen in Bearbeitung, unter anderem die Digitalisie-
             rung, die Biodiversitätsförderung, das Tierwohl und die Anpassungen an den Klimawandel.
             Ein Stück weit als Alleinstellungsmerkmal und weitere Stärke der Anstalt sehe ich die vorhandene fachliche Kompetenz der
             gesamten Wertschöpfungskette Milch. Wenn ich das LAZBW vorstelle sage ich immer voller Stolz, dass „am LAZBW die Fach-
             kompetenz vom Grashalm bis zum fertigen Käse“ vorgehalten wird. Dies beinhaltet auch das KnowHow im Bereich der milch-
             wirtschaftlichen Chemie und Mikrobiologie (Laborbereich) inkl. des Qualitätsmanagements. Ich persönlich bin der Meinung,
             dass auch in der Milcherzeugung die Betrachtung und damit Bedeutung der gesamten Wertschöpfungskette (food chain) noch
             mehr an Bedeutung gewinnen wird. Das LAZBW steht schon heute den landwirtschaftlichen Betrieben, Zuchtorganisationen,
             den Molkereien und Verarbeitern aber auch Vermarktern in diesem Bereich als kompetenter Partner zur Seite.
             Diese fachliche Kompetenz hält das LAZBW jedoch auch im Bereich der Fischerei und Wildforschung vor. Allein schon die Be-
             zeichnungen  Fischereiforschungsstelle  des  Landes  Baden-Württemberg  (FFS)  und Wildforschungsstelle  des  Landes  Baden-
             Württemberg (WFS) drücken die Einzigartigkeit und damit die große Stärke aus.

          Welchen Beitrag kann das LAZBW für die Zukunft der Tierhaltung (Rinderhaltung und Fischereiwirtschaft) in BaWü leisten?
             Ich glaube einen beachtlichen, denn die Kolleg*innen in den jeweiligen Fachbereichen beschäftigen sich damit, unter welchen
             Rahmenbedingungen die Tierhaltung in Zukunft überhaupt noch betrieben werden kann bzw. im Fall der Fische diese in natür-
             lichen Lebensräumen überleben können.
             Exemplarisch möchte ich für die Fischerei die zahlreichen Monitoringprogramme der FFS nennen, die uns im Land als Grund-
             lage dienen, um die Biodiversität beurteilen zu können. Hieraus lassen sich Empfehlungen ableiten, was getan werden muss,
             um die Biodiversitäten zu erhalten bzw. zu fördern. Dazu zählt die Bewertung von Lebensräumen, bspw. im Rahmen der Um-
             setzung gemäß der EG-Wasserrahmenrichtlinie. Aber auch Themen der gewerbsmäßigen Fischzucht werden aufgegriffen und







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