Page 34 - Landinfo Heft 2/2018 Schwerpunkt 150 Jahre Weinsberg
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Pflanzen- und Tierproduktion
von der Rinderunion Baden-Württemberg
bei den Süddeutschen Fleischrindertagen (zu-
letzt am 19./20.01.2018 in Ilshofen) alle An-
gusbullen einem Gentest auf die nt821-Vari-
ante der Mutation unterzogen und nur freie
Tiere zur Auktion zugelassen (Bild 2) Eine
weitere Variante – F94L – ist bei der Rasse
Limousin verbreitet und hat dort die genann-
ten positiven Effekte der Fleischfülle, jedoch
ohne deren negativen Auswirkungen. Daher
ist eine Selektion dieser Genvariante auf
züchterischem Wege dort nicht nötig und
auch nicht möglich, da diese reinerbig mit
Foto: D. Kraft, ULB Ilshofen sehr hoher Frequenz in der Limousinpopula-
tion vorkommt.
Fleischerzeugung mit Insekten?
Den Blick über den Tellerrand der Rindflei-
scherzeugung ermöglichte Dr. Thomas Brun-
Bemuskelungssieger der Körung ten C (vergleichbar mit E nach EUROP-Klas- ner, Professor für Konsumentenverhalten an
am 19.01.2018 bei den sifizierung) – Schlachtkörper nicht wirt- der Fachhochschule Bern. Sein Thema be-
Süddeutschen Fleischrindertage schaftlicher als diejenigen mit einer H (U)- schäftigte sich mit der Einstellung des Ver-
in Ilshofen. Wie alle Angusbullen
war auch dieser doppellender-frei Einstufung. Dieser Trend kann in Deutschland brauchers in der Schweiz zum Thema Insek-
getestet. ebenfalls an den nahezu gleichen Schlacht- ten als Lebensmittel. In der Tat spricht vieles
preisen für die Fleischigkeitsklassen E und U für Insekten, sie werden bereits in größerem
beobachtet werden. Uninteressant sind die X Maße in Asien und Afrika konsumiert – zwei
(P) – Tiere, da die Menge des verwertbaren Mrd. Menschen essen regelmäßig Insekten -
Fleisches zu gering sei, so Remo Ackermann. und haben eine hohe Futterverwertungseffi-
zienz mit positiven Folgen u.a. für die
Zur Fleischigkeit, speziell zum Stichwort CO -Bilanz sowie den Flächen- und Wasse-
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„doppelte Lende“, referierte Prof. Swalve von reinsatz. Die Einstellung der Schweizer Kon-
der Universität Halle. Die doppelte Lende ist sumenten ist ambivalent: Die Bandbreite
auf eine Mutation im Myostatin-Gen zurück- reicht von Ablehnung wegen Ekels über Zu-
zuführen, was sich in einer Hyperplasie (Ver- stimmung („Etwas Verrücktes tun“), zu Neu-
mehrung der Anzahl der Muskelfasern) und gier und Genuss. Dabei spiele auch die Zube-
auch einer Hypertrophie (Vergrößerung der reitungsart eine Rolle. Ein Burger aus verar-
Muskelfasern) niederschlägt. Dies ist einer- beiteten Insekten wird mit einer geringeren
seits positiv, da diese Tiere einen geringeren Hemmschwelle konsumiert als unverarbeitete
Fettansatz, dünnere Knochen und vor allem Insekten. Nichtsdestotrotz ist auch hier ein
eine wesentlich bessere Bemuskelung haben. Trend angestoßen worden. Nach Umfragen
Ein bekanntes Beispiel ist die Rasse Weiß- der FH Bern gemäß wollen 9,3 % der Befrag-
blaue Belgier. Eine bessere Ausschlachtung ten auf jeden Fall Insekten essen oder tun
und mehr wertvolle Teilstücke sind zwar er- dies bereits. 32,5 % warten ab, und würden
wünscht, allerdings ist der Preis hoch: Dop- dann Insekten essen, wenn dies auch andere
pellender haben mehr Geburtsschwierigkei- tun. Übrigens: Die 58,2 % derjenigen Ver-
ten aufgrund des verengten Geburtskanals braucher, die Insekten als Nahrungsmittel
und der extremen Bemuskelung des Kalbes, ablehnen, mögen auch keinen Fisch, Sushi,
aber auch Fruchtbarkeitsprobleme und eine oder Meeresfrüchte – Lebensmittel, die heute
herabgesetzte Vitalität. Seiner Meinung nach schon etabliert sind.
hat diese Mutation in der Reinzucht bei Flei-
Martin Piecha schrindern nichts zu suchen. Auch die Erzeu- Weitere Themen wie EM – Effektive Mikro-
LAZBW gung von mischerbigen Tieren sei problema- organismen, Homöopathie bei Rindern, so-
Tel. 07525/ 942-315 tisch zu sehen, da nie sichergestellt werden wie der Jahresbericht von Mutterkuh Schweiz
Martin.Piecha@lazbw. kann, dass diese nicht doch in der Zucht ein- sowie Betriebspräsentationen rundeten die
bwl.de gesetzt werden. Daher werden zum Beispiel hochinteressante Veranstaltung ab.
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