Page 15 - Landinfo Heft 1/2018 Schwerpunkt Markt
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Schwerpunktthema
statistischen Bundesamtes nur etwas mehr
596.000 t. Hinzu kommen bedeutende Ver-
luste im Streuobstsektor. Dort wurden in den
vergangenen drei Jahren durchschnittlich
650.000 t Äpfel geerntet, in diesem Jahr belie-
fen sich die Schätzungen nur noch auf
250.000 t.
Steiler Preisanstieg zu beobachten
Die europaweite Angebotslücke zog in der
neuen Saison eine regelrechte Preisrallye bei
den Notierungen für Tafel- und Industrieäp-
fel nach sich. Kaum waren die Vorräte aus der
Vorjahresernte aufgebraucht, kletterten ins-
besondere die Preise für Mostäpfel in bislang
unbekannte Höhen. Mitte Dezember liegen
sie stabil bei 26 €/dt, dreimal so viel wie vor
einem Jahr. Gerade im Bereich der Direktsaf- Lagern räumen, vier Monate früher als sonst. Abbildung 2
terzeugung zeigt sich der Mangel an Äpfeln in Schon jetzt kann etwa der Großmarkt Mün- Die geringe Menge an heimischer
Süddeutschland, Österreich und der Schweiz chen nur knapp ausreichend mit süddeutscher Ware hat die Preise explodieren
lassen.
sehr deutlich. Ein Transport von Mostäpfeln Ware versorgt werden. Händler kaufen ver-
aus anderen Anbauregionen über längere stärkt an der Niederelbe, in Südtirol und
Strecken lohnt sich meist kaum, der geringe Frankreich Ware hinzu. Selbst polnische Äp-
Kilopreis für Mostäpfel würde mit steigender fel werden vermehrt nach Deutschland im-
Entfernung sehr schnell unverhältnismäßig portiert. Eine ungewohnte Situation, wenn
zunehmen. Entsprechend sind die Verarbei- man bedenkt, dass Baden-Württemberg an-
tungsbetriebe eher bereit, den Erzeugern sonsten über einen Selbstversorgungsgrad bei
preislich entgegenzukommen, um ihre Anla- Äpfeln von rund 150% verfügt. Normaler-
gen auszulasten. weise wird Ware beispielsweise nach England,
Österreich und Südosteuropa exportiert,
Tafeläpfel verteuerten sich ebenfalls signifi- nicht so in diesem Jahr. Bei einem Verbrauch
kant. So kostete erstklassige Ware vom Bo- von rund 150.000 t Tafeläpfeln jährlich muss
densee zuletzt 95 €/dt und damit 73% mehr nun ein Versorgungsdefizit von 50.000 t aus-
als im Vorjahr. Die sonst für den Herbst üb- geglichen oder auf andere Obstarten ausge-
lichen Werbeaktionen mit Preisnachlässen wichen werden.
werden für heimische Äpfel kaum noch
durchgeführt. Dennoch reagierten die Ver- In der zweiten Saisonhälfte wird sich die Ver-
braucher in Deutschland bislang nicht mit sorgungslage mit heimischen Äpfeln noch
Kaufzurückhaltung. Zu Saisonbeginn fiel die einmal verschlechtern. Das zeigt sich daran,
Nachfrage sogar etwas höher aus als gewöhn- dass bei den aktuell vorherrschenden Sorten
lich, da Besitzer von Hausgärten im Frühjahr Elstar, Braeburn und Gala bundesweit gegen-
vom Frost mindestens ebenso getroffen wur- über dem Vorjahr „nur“ 35% der Mengen
den und dann im Herbst, früher als sonst, als fehlen. Der Ausfall bei lange haltbaren Lager-
Käufer auftraten. sorten wie Jonagold summiert sich allerdings
auf 50 % und wird sich umso stärker bemerk- Dennis Hezel
bar machen. Ob dies noch einmal zu steigen- ehemals LEL Schwäbisch
Mehr Äpfel müssen importiert den Preisen führen wird, ist noch unsicher. Gmünd
werden Das wird zum einen von der Preisakzeptanz
der Verbraucher abhängen, die im Zweifels-
Die Apfelbestände am Bodensee von fall auf andere Obstarten ausweichen werden Ulrike Ockert
30.000 t werden bis maximal April ausreichen und zum anderen von den Liefermengen aus LEL Schwäbisch Gmünd
um den Markt zu versorgen. Die Vorräte an der südlichen Hemisphäre. Oberbettringer Str. 162
Elstar, Deutschlands beliebteste Apfelsorte, Tel. 07171/ 917-206
werden im Süden bereits im Januar aus den www.agrarmaerkte-bw.de ulrike.ockert@lel.bwl.de
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